Diesen Spätnachmittag im Hochsommer wird Verena Amann so schnell nicht vergessen. Die Golferin ist mit Freunden unterwegs, nach der Partie wollen sie im Kargegg, dem Restaurant, das dem Golf-Club Konstanz angeschlossen ist, noch etwas trinken. Am 2. Juli 2024 läuft dort ein EM-Spiel. Michael Regen, Partner der Pächterin des Kargegg, baut gerade den Beamer auf, so berichtet es Amann.

„Nachher spielen ja noch die Dreckskanaken“, habe Regen gesagt. Amann darauf irritiert: „Wen meinst du damit? Die Türken?“ Regen habe das bestätigt: „Ja. Die dreckigen Kanaken. Alle Türken sind Kanaken.“

Verena Amanns Vater stammt aus der Türkei, rassistische Beleidigungen duldet sie nicht – schon gar nicht in ihrem Golf-Club. Bodo Hiss, ein Sportkollege Amanns, und ihr Lebensgefährte Thomas Dekorsy bestätigen die Äußerungen Regens. Am nächsten Tag geht Amann zu Oskar Broziat, dem Club-Präsidenten, und berichtet von dem Vorfall.

Das Gelände des Golf-Clubs Konstanz bei Allensbach: Vereinsmitglieder kritisieren das Verhalten des Partners der Pächterin des Hofguts ...
Das Gelände des Golf-Clubs Konstanz bei Allensbach: Vereinsmitglieder kritisieren das Verhalten des Partners der Pächterin des Hofguts Kargegg, das vom Club verpachtet und als Vereinsheim genutzt wird. | Bild: Wagner, Claudia

Schon zuvor kommt es zu Vorfällen

Es ist nicht das erste Mal, dass Broziat von solchem Ärger erfährt. Offiziell wird das Restaurant, das vom Club verpachtet wird, von Regens Lebensgefährtin betrieben, als Wirte treten beide auf. Jetzt aber reicht es dem Präsidenten: „Ich schätze jede Nation und wir sind im Golf-Club international aufgestellt. Mir geht die Abwertung einer Nation gegen den Strich.“ Er mahnt den Gastronomen ab und kündigt dem Pächterpaar fristlos.

Schon zuvor habe es Vorfälle gegeben, nach denen sich Golfclubmitglieder an den Vorsitzenden wandten. Häufig ging es dabei um rüdes Verhalten gegenüber Frauen. So habe Regen eine Frau, die sich einen Platz auf der Terrasse aussuchen wollte, ohne Grund des Tisches verwiesen und sie aufgefordert, zu verschwinden.

Das könnte Sie auch interessieren

Hier hakt Michael Regen ein. Seine Schilderung fällt so aus: Eine Frau sei bei Regenwetter in heller Sportkleidung auf die Terrasse gekommen. Er habe Plätze abgetrocknet und ihr diese angeboten. Er wolle nicht die Rechnung für die Reinigung zahlen, habe er gesagt.

Sie habe geantwortet: Sie sei Mitglied im Verein und dürfe sitzen, wo sie wolle. „Sie könne auch gleich gehen, sagte ich ihr“, berichtet Regen. Darauf habe sie gekontert, dass sie unverschämt behandelt werde. „Ich antwortete: ‚Jetzt reicht es mir. Am besten gehen Sie sofort‘“, so stellt er die Situation dar.

Wirte sehen das Problem an anderer Stelle

Für Michael Regen und seine Lebensgefährtin Regine Bach liegt der Kern des Konflikts ohnehin anderswo. Aus ihrer Sicht kollidieren verschiedene Vorstellungen vom Betrieb des Kargegg. Das Restaurant sei an Regine Bach als Gaststätte verpachtet worden, nicht als Vereinsheim. Auch gebe es keinerlei Nachlässe bei der Pacht, betont Bach. Deshalb könne es für Golfer dort auch keine Privilegien geben.

Zudem fühlt sich das Pächterpaar getäuscht. So sei ihnen dargestellt worden, der Verein habe 800 Mitglieder. „Es fänden drei bis vier Turniere pro Woche statt“, sagt Bach. „Diese Zahlen erreicht der Club aber bei Weitem nicht.“ Als Gastronomen müssten sie wirtschaftlich überleben.

Das könnte Sie auch interessieren

Oskar Broziat sieht das völlig anders. Das Paar habe die Gastwirtschaft in erster Linie als Clubheim verpachtet bekommen, in dem auch Nicht-Golfer herzlich willkommen seien. Somit sei es öffentliche Gaststätte, aber nicht ausschließlich. Das gehe aus dem Pachtvertrag hervor.

Der Vorfall mit der rassistischen Äußerung gegenüber Türken ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Der Kargegg-Wirt streitet ab, sich wie beschrieben geäußert zu haben. Es sei ihm um seine persönliche Ablehnung der Gruppierung der „Grauen Wölfe“ gegangen. Dieser habe er Ausdruck verliehen.

Das könnte Sie auch interessieren

Seither herrscht Funkstille zwischen Club und dem Gastronomen. Der Aufforderung, das Kargegg zu räumen, sind Michael Regen und seine Lebensgefährtin bislang nicht nachgekommen. Auch die Werkswohnung bewohnen sie noch. Eine Mediation, die durch den Anwalt Regens vermittelt wurde, verlief ergebnislos.

„Wir sind in Zeitdruck“, sagt Broziat und verweist auf die 60-Jahr-Feier im Jahr 2025. Zu diesem Zeitpunkt möchte der Golf-Club einen reibungslosen Ablauf im Restaurant Kargegg garantieren können. Interessierte Pächter gebe es schon. Wegen der Dimension des Konflikts ist der Verein nun mit einer Räumungsklage vors Landgericht gezogen.

Ein Treffpunkt der AfD nahe Konstanz?

Auch in sozialen Netzwerken teilt Michael Regen seine politischen Überzeugungen. „Wer aktuell gegen die AfD auf die Straße zum Demonstrieren geht, ist FÜR den Verbleib von Straftätern in D“, schreibt er auf seinem Facebook-Account im Januar 2024, als deutschlandweit Millionen Menschen gegen die AfD protestierten.

Das könnte Sie auch interessieren

Gastfreundlicher als gegenüber den Golfern hat sich der Kargegg-Gastronom offenbar gegenüber seinen Parteifreunden erwiesen. Mehrfach soll ein AfD-Stammtisch im Kargegg getagt haben, heißt es aus AfD-nahen Kreisen. Bei einem Treffen soll geplant gewesen sein, einen Konstanzer Ortsverband der AfD zu gründen, letztlich kam es jedoch offenbar noch nicht dazu.

Michael Regen bestätigt, dass er Mitglied in der AfD ist, unter anderem „wegen der Windkraft“. Dass sich AfD-Mitglieder mehrfach im Kargegg getroffen hätten, um politisch zu beraten, dementiert er. „Höchstens einmal, da ging es um Windkraft“, sagt er.

Wirtepaar bleibt – auch gegen den Willen des Vereins

Das Hofgut Kargegg verlassen will das Gastronomen-Paar allem Anschein nach nicht – zumindest noch nicht. Auf der Homepage des Restaurants wurde im Dezember die Silvesterparty beworben. Vor Kurzem verkündet das Pächterpaar über Instagram, die Silvesterparty sei abgesagt. Der Vorstand des Golf-Clubs mache Probleme durch „Drohungen und Nötigungen“. Der Graf von Bodman, Eigentümer des Geländes, hatte untersagt, dass um das Kargegg ein Feuerwerk veranstaltet wird – aus Gründen des Natur- und des Denkmalschutzes.

Die Gastronomen geben zudem via Instagram kurz vor Heiligabend bekannt, dass ihr Pachtvertrag zum 31. Dezember 2025 enden würde – zur fristlosen Kündigung ihres Vertrags fällt aber kein Wort. Club-Präsident Oskar Broziat wird deutlich: „Wir haben fristlos gekündigt und werden dies gerichtlich durchsetzen.“

Die Zukunft des Vereinsheims bereitet Broziat große Sorgen. Im Moment bleibt ihm, abzuwarten und auf das Verfahren zu hoffen. Dieses ist, wie Mirja Poenig, Sprecherin des Landgerichts, auf Nachfrage berichtet, beim Landgericht Konstanz anhängig. Einen Termin für die Verhandlung gebe es noch nicht, werde aber vermutlich für Anfang 2025 anberaumt.

Mit einer einstweiligen Verfügung ist der Verein gescheitert. Damit wollte er erwirken, dass die Pächter keine Veranstaltungen für angemeldete Gäste mehr organisieren dürfen. Doch das Gericht habe angeordnet, dass alle Fragen in der Hauptverhandlung geklärt würden.

Das könnte Sie auch interessieren