Der Blick auf die Entwicklung der Amphibienzahlen, die der BUND Vordere Höri mit Helfern jährlich am Krötenzaun an der Kreisstraße zwischen Weiler und Gaienhofen gerettet hat, ist ernüchternd. Zumindest teilweise: Während sich die Population der Kröten auf einem hohen Niveau befindet, hat die Zahl der Frösche in der jüngsten Vergangenheit enorm abgenommen – 37 von ihnen wurden im Frühjahr 2022 noch gezählt. 2019 waren es noch 809.

Es trifft vor allem die Grasfrösche

Betroffen sind meistens Grasfrösche, berichtet Michael Bauer, der bis vor Kurzem noch das Amt des Vorsitzenden beim BUND Vordere Höri innehatte. Er kennt auch die Gründe für den Schwund: „Das ist ein Dürreproblem.“ Regnet es zu wenig, sind die notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben, die insbesondere die Grasfrösche zum Überleben brauchen.

Im Frühjahr etwa braucht es Wasser, damit die Frösche ihren Laich ablegen können. Das Wasser ist auch wichtig, damit sich aus dem Laich erst Kaulquappen und später junge Frösche entwickeln können. Dabei nutzen Grasfrösche nicht einfach irgendein Gewässer als Kinderstube. „Frösche legen ihre Eier nur in Flachwasser“, berichtet Michael Bauer. „Da reicht eine Pfütze.“ Das Problem: „Die trocknen zuallererst aus.“

Starkregen hilft nur kurzzeitig

Zwischen der Mooswaldstraße und dem Wertstoffhof Moos habe der BUND Vordere Höri 2015 im Auenwald noch 130 Laichballen gefunden – und jeder Laichballen besteht etwa aus 300 bis 1000 einzelnen Eiern, so Bauer. In den vergangenen Jahren seien diese Flächen aber trocken gewesen, ideale Bedingungen für Grasfrösche gebe es dort nicht mehr. Als Grund nennt Michael Bauer unter anderem eine Absenkung des Wasserspiegels im Dorfbach seitens der Gemeinde. „Da ist alles tot“, bilanziert er.

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Aber nicht nur für die Laichablage müssen die Bedingungen stimmen. Auch danach brauchen Grasfrösche Feuchtigkeit, um zu überleben: „Sie brauchen feuchte Wiesen“, erklärt Michael Bauer. Starkregenfälle, wie es sie etwa im Sommer 2021 gab, würden dabei nur bedingt helfen. „Das hilft nur temporär“, sagt Bauer. Denn ein Großteil des Wassers fließe oberflächlich ab, ohne in die Erde einzudringen. Anders sehe es bei Dauerregen aus.

Insektenschwund als zusätzliche Belastung

Und noch auf eine weitere Art und Weise belastet Trockenheit die Amphibien. Denn auch Insekten fehlt es zum Teil an Wasser, um ihre Eier abzulegen und sich fortzupflanzen. Ebenso machen Pestizide den Insekten zu schaffen. Und nehmen die Insekten-Populationen ab, fehlt es den Fröschen an Nahrung.

Weil Michael Bauer davon ausgeht, dass es in Zukunft sogar noch trockener und wärmer werden wird, sieht er die Grasfrösche dauerhaft bedroht. Schon jetzt führe die Trockenheit zu einer Artenverschiebung – während Grasfrösche weniger werden, würden Springfrösche aus der Region Gottmadingen vorrücken. Diese Art würde besser mit der Trockenheit klarkommen. „Zurzeit gibt es die Springfrösche bei uns noch nicht“, sagt er zwar – aber in Bohlingen seien die Tiere schon angekommen. „Wir bekommen eine Amphibienwanderung“, sagt Michael Bauer. Zwar würden die Springfrösche die Grasfrösche in Waldgebieten erst einmal nicht verdrängen, denn da sei es meist noch feucht genug. „Aber im Umfeld schon.“

Aus 288 wurden 1403: Es gibt mehr Kröten

Weniger stark machen sich die Auswirkungen von Dürre zumindest in Moos und Gaienhofen bei Kröten bemerkbar. Zwar schwankte die Zahl der geretteten Tiere – 2019 wurden 1405 Kröten an der Kreisstraße gezählt, 2021 noch 1262. Aber in diesem Frühjahr war es mit 1403 Kröten wieder eine große Menge. Michael Bauer glaubt sogar, dass damit ein Höhepunkt erreicht wurde, der vermutlich nicht weiter überschritten werden kann. Denn die Kapazität des Lebensraums der Kröten sei in dem Gebiet um die Kreisstraße erschöpft.

Diese Babykröte ist kaum so groß wie ein Fingernagel. Die Krötenpopulation auf der Höri ist 2022 auf einem Höchststand.
Diese Babykröte ist kaum so groß wie ein Fingernagel. Die Krötenpopulation auf der Höri ist 2022 auf einem Höchststand. | Bild: Jäckle, Reiner

Grund für die weiterhin große Population ist laut Bauer, dass Kröten im Wald leben und dort noch ideale Lebensbedingungen vorfinden. Außerdem laichen sie in tieferen Gewässern, vor allem im Naturschutzgebiet Segete, die nicht so schnell austrocknen.

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In jedem Fall ist es dem BUND Vordere Höri gelungen, die Krötenpopulation in den vergangenen Jahren stark anwachsen zu lassen. 2014 habe man erstmals den Krötenschutzzaun zwischen Weiler und Gaienhofen aufgestellt, damals wurden erst 288 Kröten gezählt. Weil nun aber jedes Jahr so viele Kröten vor einem Tod durch Überfahren gerettet werden, seien es immer mehr geworden.

Wie man Grasfröschen helfen kann

Nicht überall lassen sich solche Entwicklungen beobachten. Wie die Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg, Heike Spannagel, auf Nachfrage berichtet, haben nach ersten Erkenntnissen „landesweit alle Amphibienarten in den vergangenen Jahren Populationsrückgänge erleiden müssen“. Als Hauptgrund führt sie die Trockenjahre 2018 bis 2020 an, die sehr wahrscheinlich viele Bestände hätten zurückgehen lassen.

„Was den akuten landesweiten Rückgang ehemals häufiger Arten wie Erdkröte und Grasfrosch betrifft, liegen dem Umweltministerium für dieses Jahr noch keine belastbare Zahlen vor. Erfahrungsberichte deuten jedoch darauf hin, dass offenbar auch im Jahr 2022 nur vergleichbar wenige Amphibien zu ihren Laichgewässern gewandert sind“, berichtet Spannagel weiter. Geholfen werden könne den Grasfröschen durch die Neuanlage von Wasserflächen, der Pflege von Laichgewässern sowie der Aufwertung der Sommerlebensräume, so die Pressesprecherin.

BUND-Mitglied Eberhard Koch fischt in der Segete nach Krötenlaich, der dann in einen Ersatzteich bei Weiler gebracht werden soll.
BUND-Mitglied Eberhard Koch fischt in der Segete nach Krötenlaich, der dann in einen Ersatzteich bei Weiler gebracht werden soll. | Bild: BUND Vordere Höri

Froschlaich wird in Ersatzteich getragen

Bei Weiler hat das Landratsamt 2020 einen neuen Teich für Kröten angelegt, damit diese dort laichen können und nicht mehr die Kreisstraße überqueren müssen. In Zukunft soll der Krötenzaun an der Straße dann nicht mehr erforderlich sein. Doch da Kröten zum Laichen in das Gewässer ziehen, in dem sie selbst geboren wurden, ist das gar nicht so einfach. Der BUND sammelt deshalb Laichschnüre in der Segete und bringt diese in den neuen Ersatzteich. Wie erfolgreich diese Methode sein wird, muss sich jedoch erst noch herausstellen.

Ein erster Erfolg stellte sich schon ein: Statt Kröten haben in diseem Jahr Grasfrösche 50 Laichballen abgelegt. Allerdings nicht im Teich, sondern in Pfützen daneben, denn der Teich selbst verfügt über keine von den Fröschen benötigte Flachwasserzone.