Niemand zu Leid und allen zur Freud ist ein alter närrischer Leitspruch, der in Mühlhausen-Ehingen sogar in der Walpurgisnacht gelingt – zumindest an einer Stelle. Denn während im Ortskern Mehl und Rasierschaum auf Autos für Ärger sorgten, haben die Unbekannten direkt am Rathaus ein wahres Kunstwerk geschaffen. Und das bleibt mehrere Tage stehen, damit sich der Aufwand auch lohnt. Der war offenkundig groß, schließlich fährt sogar eine eigens gebaute Seilbahn.
Streiche haben in der Nacht auf den 1. Mai insbesondere bei Kindern und Jugendlichen eine gewisse Tradition. Typisch ist zum Beispiel, Gartenmöbel umzustellen oder Autos mit Toilettenpapier einzuwickeln. Doch in Mühlhausen-Ehingen werden Maistreiche auf ein anderes Level gebracht – und das von Erwachsenen. Denn dort ist eine Gruppe, die sich die Unbekannten nennt, alle zwei Jahre unterwegs. Still und leise stellen sie dann ihre Installation vor dem Mühlhauser Rathaus auf.
Ob der langjährige Alt-Bürgermeister Hans-Peter Lehmann, der einem in Übergröße beim Vorbeilaufen oder -fahren zuwinkt, oder ein neu installierter Brunnen der Narrenzunft Käfersieder: Die Gruppe lässt sich stets etwas Neues einfallen, um die Gemeinde zu erfreuen.
Aufwändige Installation steht mehrere Tage
Dieses Jahr haben die Unbekannten das alte Basaltwerk mit Seilbahn vor dem Hohenstoffeln nachgebaut – einen sogenannten Lost Place, also verlassenen Ort. Das Original befindet sich auf dem Grundstück der ZG Raiffeisen am Ortsausgang in Mühlhausen, der Nachbau im Kleinformat nun direkt vor dem Rathaus.
Wie viel Herzblut die Unbekannten in diese Projekte stecken, zeigt sich dieses Mal an der aufwendigen Konstruktion: Die Seilbahn läuft von morgens bis abends alle 15 Minuten rauf und runter. An Schautafeln kann die Geschichte des Steinbruchs am Hohenstoffeln sowie des Brecherwerks in Mühlhausen nachgelesen werden.
Das dokumentiert auch ein Video, das die Unbekannten der SÜDKURIER-Redaktion geschickt haben – damit sind sie nicht mehr ganz unbekannt, aber es sei ihnen gedankt. Wer sich ein eigenes Bild davon machen möchte, hat die Tage noch Gelegenheit dazu, denn das Kunstwerk kann mindestens gute zwei Wochen bestaunt werden.
Und dann ist die Installation wie durch Zauberhand über Nacht plötzlich weg. Schade, dass der Spaß dann vorbei ist und der Ernst des Lebens weitergeht. Und schade, dass wir dann wieder zwei Jahre auf den nächsten Streich warten müssen. Mal sehen, was dann allen zur Freud geschaffen wird.