Stefan Traber sitzt im Vereinsheim des SV Gallmannsweil. Hinter ihm an der Wand prangt das Wappen des Vereins, schräg gegenüber hängt eine Vitrine mit etlichen Pokalen. Vor ihm auf dem Tisch liegt eine Urkunde. Die Verleihungsurkunde der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg, eine Auszeichnung für Trabers 35-jähriges Engagement im Vorstand des Fußballvereins. Doch die ist ihm gar nicht so wichtig, es geht ihm um etwas anderes: Wie wichtig Vereine sind.
Für den 57-Jährigen ist das Gespräch spürbar emotional, immer wieder stockt er. Denn Traber gibt sehr tiefe Einblicke in sein Leben, das in der Vergangenheit von zahlreichen familiären Schicksalsschlägen überschattet war. Er erzählt von seinen zwei schwierigsten Momenten: Einem schweren Unfall von zwei seiner drei Söhne vor acht Jahren, und dem Tod seiner Frau Elisabeth vor zwei Jahren.

Seine Botschaft: In beiden Momenten war der Verein für ihn da, das Vereinsleben ist ihm wichtig. „Ohne die Mitglieder hätte ich das alles damals nicht geschafft. Man kann die Vereinsarbeit nicht hoch genug schätzen“, sagt Traber, der in diesem Moment des Gesprächs mit den Erinnerungen an diese Zeit und seiner Fassung ringt
Darum ist Vereinsarbeit so wichtig
Stefan Traber ist ein Beispiel dafür, was Vereinsarbeit ausmacht: Jahrzehntelanges, teils mühsames Engagement – einerseits. Andererseits aber auch Unterstützung durch Mitmenschen in schwierigen, einsamen Momenten. Traber kennt das alles seit Kindesbeinen. Er verbrachte sein ganzes Leben in Mühlingen, wuchs in Hecheln auf dem elterlichen Bauernhof auf, den er heute selbst bewirtschaftet.
Mit neun Jahren trat er in den SV Gallmannsweil ein, spielte in der Jugend und später in der ersten Mannschaft. Seit 1988 ist er in verschiedenen Funktionen im Vorstand aktiv.
Verein und Auszeichnung
Im Mittelpunkt stand er dabei nie gerne. Denn Traber ist ein Mann, der lieber anpackt. „Große Reden halten, die Show drum herum oder der Papierkram waren nie meins“, sagt er. Er kümmert sich lieber um das Vereinsheim und den Platz, organisiert Spiele, Turniere und Feste. Den Rest erledigen zwei Vorstandskollegen innerhalb eines Dreierteams an der Vereinsspitze. „Genau das macht das Vereinsleben aus. Ohne die Unterstützung der anderen Mitglieder hätte ich das alles niemals so lange durchgehalten“, sagt er. Vor allem nicht ohne seine Frau Elisabeth. „Sie war meine rechte Hand als Vorsitzender“, erzählt er.
Auszeichnung war eine Überraschung
Die Ehrung durch Bürgermeister Thorsten Scigliano mit der Landesehrennadel, eine der höchsten Auszeichnungen fürs Ehrenamt, bei der Jahreshauptversammlung des SV Gallmannsweil sei daher besonders emotional für ihn gewesen. „Ich wusste davor nicht, dass unsere ehemaligen Vorstandsmitglieder Klaus und Manfred Schilling mich dafür vorgeschlagen hatte. Ich war total überrascht und auf emotionaler Ebene überschlugen sich meine Gedanken“, erzählt er über seine Gefühle bei der Überreichung der Urkunde.
Doch es waren gemischte Gefühle. Denn einerseits habe er sich über die Anerkennung für seine Arbeit gefreut – besonders von Leuten außerhalb des Vereins wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann und dem Landtagsabgeordneten Hans-Peter Storz, die Glückwunschschreiben mitschickten.
„Aber in dem Moment kamen auch die Gedanken an Elisabeth hoch. Sie hat im Verein auch sehr viel gemacht, die Ehrung gehört genauso sehr ihr wie mir. Dass sie das nicht mehr erleben konnte, hat mich sehr berührt. Meine Stimme brach beim Dank für die Ehrung und die Tränen waren mein äußerliches Zeichen für ihren Anteil, die ich nicht verbergen konnte und wollte“, erzählt er.
Unfall der Söhne und Tod seiner Frau
Zwei Jahre zuvor, bei ihrem Tod, habe der Verein ihn aufgefangen – emotional und mit praktischer Hilfe. Ebenso sechs Jahre zuvor, als zwei seiner drei Söhne bei einer Verpuffung, ähnlich einer Explosion, schwere Verbrennungen erlitten und für lange Zeit ins Krankenhaus mussten. „Wenn man sich in einem Verein einbringt, stehen die Menschen immer hinter einem. Das habe ich damals gespürt. Da habe ich alles zurückbekommen, was ich dem Verein zuvor gegeben habe. Es war eine unglaubliche Hilfe“, erinnert er sich.
Mitglieder und Menschen aus der Gemeinde unterstützen ihn mit Fahrdiensten ins Krankenhaus, sammelten Spenden und halfen auf dem Hof aus, den Traber zeitweise nicht alleine bewirtschaften konnte. „Das war das Größte in all den Jahren“, sagt er.
Traber hofft auf mehr Mitglieder
Der Grund dafür warum Traber so offen über das alles spricht? „Viele Vereine leiden darunter, dass immer weniger junge Menschen aktiv sind. Ich möchte zeigen, wie wertvoll das Vereinsleben ist. Man wird für alles entschädigt, was man reinsteckt. Und die Erinnerungen an gemeinsame Abend nach Spielen bleiben für immer“, erklärt er.
Der 57-Jährige möchte daher auch selbst weiter machen. „Natürlich wäre es schön, wenn mich irgendwann ein Jüngerer ablöst. Aber im Moment passt es so für mich“, sagt er. Sein Appell: Das Vereinsleben dürfe nicht sterben. „Ich möchte in einigen Jahren noch auf diesen Sportplatz gehen und meinen Enkeln hier beim Fußballspielen zusehen können“, erklärt er.