Der Bebauungsplan Bruderhof in Öhningen bereitet Probleme, denn das Gebiet hat sich seit den 1960er-Jahren anders entwickelt, als eigentlich vorgesehen. Denn ein reines Wohngebiet war es dank der Schule nie, außerdem gibt es drei landwirtschaftliche Betriebe. Schon in der Vergangenheit war das Thema in Öhningen hochgekocht, unter anderem gab es Diskussionen um das im Gebiet liegende Mostbesen-Lokal. Nun sprach der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung über mögliche Änderungen im Bebauungsplanentwurf.

Der Entwurf der Verwaltung sieht vor, den Teil mit Schule und Landwirtschaft aus dem reinen Wohngebiet herauszunehmen und diesen zu einem unbeplanten Gebiet zu verändern. Als Grund für die Änderung wird von der Verwaltung die abweichende Entwicklung des Teilgebiets genannt.

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Ohne konkrete Namensnennung kritisierten Andrea Dix und Stefan Singer (je Netzwerk) die Bebauungsplanänderung als „von Einzelinteressen“ geleitet. Dies würde das Rechtsempfinden der Bürger ins Wanken bringen, warf Stefan Singer der Verwaltung und dem Gemeinderat vor. Bürgermeister Andreas Schmid erachtet den Bebauungsplan Bruderhof in seiner aktuellen Fassung hingegen als funktionslos und zeigte die Gefahr auf, dass dieser der Gemeinde um die Ohren fliegen könnte. Schmid verwies dabei auch auf das korrekte Verfahren durch die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit inklusive einer erneuten Darlegung in Schienen.

28 private Stellungnahmen eingegangen

Bereits im Oktober 2022 stellte die Verwaltung dem Gemeinderat einen Änderungsentwurf samt Ergebnissen der öffentlichen Beteiligung vor. Der Gemeinderat sollte damals über die Abwägungsentscheidung befinden, beauftragte jedoch die Planer, weitere Vorschläge auszuarbeiten. Diese wurden im März in einer öffentlichen Veranstaltung in Schienen vorgestellt. Danach gingen 21 private Stellungnahmen im Rathaus ein. Sie erhöhten die Anzahl auf 28. Der Gemeinderat befasste sich zuerst mit den 17 Stellungnahmen der Behörden und von Trägern öffentlicher Belange – wobei drei Anregungen im Entwurf berücksichtigt wurden.

Die 28 privaten Stellungnahmen ließen sich grob in zwei Richtungen einteilen: 18 befürworteten den Planentwurf und sieben sprachen sich dagegen aus. Eine zusätzliche Stellungnahme empfahl die Ausweisung zu einem Mischgebiet und zwei weitere Stellungnahmen bezogen sich direkt auf eine scheinbar fehlende Toleranz und fehlende Achtung gegenüber den im Dorf lebenden Bedenkenträgern.

Die Bedenkenträger des Entwurfs befürchten die Entstehung eines Gewerbegebiets im Plangebiet und eine starke Zunahme der Lärmentwicklung für die betroffenen Anwohner durch potenziell entstehende Gastronomie. Außerdem fürchten sie, dass in dem Gebiet weitere Gewerbe entstehen könnten, die eine noch größere Belästigung für die Anwohner mit sich bringen könnten, und dass bereits jetzt die Nachtruhe durch eine ansässige Besenwirtschaft empfindlich gestört sei.

Weil die Schule im Plangebiet nicht mehr existiere, plädierte ein Anwohner auf die Beibehaltung als ein reines Wohngebiet. Beim Kauf seiner Immobilie sei der Anwohner von einem reinen Wohngebiet ausgegangen. Ein weiterer befürchtete durch die Änderung einen Wertverlust seiner Immobilie.

Das sagt der Rechtsanwalt

Der Rechtsanwalt der Gemeinde verwies bei jeder Abwägung der Stellungnahmen auf den Plan der Gemeinde, das Gebiet lediglich herausnehmen zu wollen. Es solle kein ausgewiesenes Gewerbegebiet entstehen. Durch die Planung solle auch nichts genehmigt werden. Und es gehe weder um ein zu deklarierendes Gewerbegebiet noch um eine Besenwirtschaft.

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Die Ziele des alten Bebauungsplans seien nicht nur nicht erreicht worden. Denn es seien in diesem Bereich Bauten entstanden, für die früher keine Bebauungsmöglichkeiten vorgesehen waren. Auch der landwirtschaftliche Betrieb sei – anders als vor 60 Jahren angenommen – weiterhin existent. Theoretisch könnte der landwirtschaftliche Betrieb jetzt in jedem Umfang aufgenommen werden.

Rechtssicherheit durch Herausnahme

Auch die Sorge um die Immobilienwerte wurde als gering eingeschätzt, da in dem Planungsgebiet kein Gewerbegebiet ausgewiesen werden soll. Mit der Aufhebung des Bebauungsplans im Teilgebiet könne man die Situation der bereits jetzt bestehenden Lärmbelästigung nicht verschlimmern. Diese könnten aber von Genehmigungsbehörden verfolgt werden.

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Bei drei Gegenstimmen (Andrea Dix und Stefan Singer vom Netzwerk sowie von Eva Straub vom OBF) und einer Enthaltung (Vera Flötemeyer-Löbe, Netzwerk) folgte die deutliche Mehrheit der Verwaltung. Sie sah keine Änderung des Entwurfs vor. Gerade mit der Herausnahme des Gebiets solle wieder Rechtssicherheit in strittigen Bereichen entstehen.

Die Anregungen, ein Mischgebiet oder ein allgemeines Wohngebiet entstehen zu lassen, wurde vom Gemeinderat bei einer Enthaltung abgelehnt, da es eine konkrete Mischung aus Gewerbe und Wohnen im Plangebiet bedurft hätte und ein allgemeines Wohngebiet durch den Status quo nicht erreicht werden könnte.