In der Ortschaft Wangen kursiert ein Spruch: Es sei ein Alleinstellungsmerkmal, dass das Dorf kein ausgebautes Mobilfunknetz habe. Ob der Satz ernst oder ironisch gemeint ist, bleibt dem Zuhörer selbst überlassen. Eindeutig ist hingegen, dass Öhningen und die Deutsche Telekom das Dorf an den 4G-Mobilfunkstandard anschließen möchten. Dafür wurden seit April 2021 sowohl im Gemeinderat wie auch im Ortschaftsrat verschiedene Standorte für eine Sendemastanlage diskutiert.

Anlage rückt immer weiter aus dem Dorf raus

Doch je länger die Diskussionen ob eines geeigneten Standorts andauern, desto weiter wandert die potentielle Anlage – geografisch gesehen – aus dem Dorf hinaus: von der Höri-Strandhalle über den Friedhof bis zur Wangener Bucht. Aber auch an diesem Standort regt sich nun Widerstand.

Kritik kommt direkt aus der Bürgerschaft. Sie formierte sich zu einer Initiative gegen einen Standort in der Nähe zum UNESCO-Kulturerbe und sammelte über 600 Unterschriften. Gehe es nach der Initiative, so soll das Problem außerhalb des Dorfes oder auf Schweizer Boden gelöst werden.

Von sachlich bis emotional – im Ortschaftsrat ringen Bürger in einer Diskussion um den Standort eines Sendemastes für den ...
Von sachlich bis emotional – im Ortschaftsrat ringen Bürger in einer Diskussion um den Standort eines Sendemastes für den 4G-Mobilfunkstandard. | Bild: Georg Lange

Das größte Problem soll die Optik sein

Im Wangener Ortschaftsrat setzte Bruno Bohner die Standortfrage in der Sitzung im Ortschaftsrat erneut auf die Tagungsordnung. Der Ortsvorsteher kommentierte dies so: Man könne die Einsprüche nicht einfach unter den Tisch fallen lassen und müsse sie den Ortschafträten zukommen lassen. Ein Schreiben der „Initiative Wangen-Hinterhorn und Welterbe Pfahlbauten“ erläuterte die Unterschriftenaktion zum Standort so.

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Unterstützer der Aktion befürchten einen 30 bis 40 Meter hohen Sendemast, dessen optische Dominanz alle Dimensionen sprengen würde. Der Standort liege an einem sensiblen, landschaftlich einzigartigen Ort in unmittelbarer Nähe des UNESCO-Weltkulturerbes Pfahlbauten. Technische Einrichtungen könnten auch das Gelände erheblich beeinträchtigen.

Knapp ein Viertel aller Wangener ist gegen den Sendemast

Die Aktion habe ein unglaubliches Echo ausgelöst, so die Initiatorin Hannelore Kunz im Ortschaftsrat. Zum Zeitpunkt der Sitzung konnten 620 Unterschriften gesammelt werden. Von Bürgern der Gemarkung Öhningen seien 395, davon allein aus Wangen 227 Unterschriften eingereicht worden. Wangen selbst hat knapp 1000 Einwohner, somit ist fast ein Viertel aller Wangener gegen den Mast.

Die Unterschriften außerhalb der Gemeinde kämen aus den Höri-Gemeinden oder von Menschen, die ihr Elternhaus in Wangen hätten sowie von oft wiederkehrenden Touristen, sagt Hannelore Kunz. Die Initiative ersuche bei den Räten einen Standort in weiter Entfernung des Dorfs, beispielsweise im Umfeld des Blanhofs.

Simulierter Standort soll Klarheit bringen

Laut Ortschaftsrat Bruno Bohner habe es sich das Wangener Gremium nicht leicht gemacht, einen geeigneten Standort zu finden. Derweil hätten zwei Hubanlagen die Höhen an den Standorten bei der Höri-Strandhalle und am Friedhof simuliert.

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Mit einem Patt der Stimmen habe der Ortschaftsrat keine Zustimmung eines Standorts bei den Pfahlbauten erteilen können. Somit beschloss der Öhninger Gemeinderat in seiner Sitzung im Juni dieses Jahres, den Standort Blanhof von der Telekom überprüfen zu lassen sowie für die Darstellung eines Standorts in der Wangener Bucht die Deutsche Funkturm GmbH zu einer Gemeinderatssitzung einzuladen. Erst im Anschluss daran soll vom Rat eine Entscheidung getroffen werden.

Unterschriften können nicht ignoriert werden

Ortschaftsrat Tom Leonhardt (Freie Wähler) begrüßte wegen der Pattsituation die Initiative aus der Bürgerschaft. Die mehrere Hundert Unterschriften könne man nicht mehr ignorieren. Ortsvorsteher Bruno Bohner sprach hingegen von unlauterem Wettbewerb, da der Gemeinderat nur von einem 25 bis 30 Meter hohen Mast ausgehe.

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Otto Hangarter (Unabhängige Ortschaftsratsliste) zog einen Vergleich mit den Diskussionen zu den Windkraftanlagen: Man bräuchte sie zwar, aber nicht vor Ort. Der Mast solle soweit wie möglich von Wohngebieten weg liegen, fasste er die Reaktionen zusammen. Doch dies gehe in diesem Fall nicht, weil Sendeleistungen beschränkt seien. Sabine Bohner kritisierte den Standort des Sendemasts an einem Naherholungsgebiet und befürchtet einen Wertverlust.

Bürger bringen diverse Aspekte ein

Während der Sitzung kamen auch die Bürger zu Wort. Sie thematisierten den Schutz der Gesundheit vor der Strahlung (Justus Wolf), den Wasserschutz durch das große Fundament eines hohen und schweren Mastes in Seenähe (Hannelore Kunz) wie eine salomonische Lösung mit mehreren im Dorf verteilten kleinen Masten als Ansatz für die Schlichtung (Marietta Schürholz) und – angesichts der hohen Beteiligung der Bürger mit ihren Unterschriften – den Auftrag an und die Pflicht für den Ortschaftsrat, die Diskussion neu aufzurollen (Klaus Würtenberger).