Die Tagesordnungen, die im Gemeinderat behandelt werden, sind umfangreich. Muss jeder Punkt endlos lange debattiert werden? Die Gemeinderatsfraktionen der CDU und der Freien Bürgerliste (FBL) waren in der jüngsten Sitzung der Meinung, dass man durch eine Beschränkung der Redezeit genauso zielgerichtet arbeiten könne und legten deshalb einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung vor. Anlass dieses Antrag war eine Debatte zu einer Bauvoranfrage, die auf der Gemeinderatssitzung im April mehr als eine Stunde dauerte und das eindeutige Abstimmungsergebnis schon im Vorfeld zu erahnen war.
Antrag auf kürzere Debatten
Bruno Schnur (CDU) stellte den Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung vor. Man habe sich bei diesem Antrag an den Geschäftsordnungen des Kreistages und anderer Gemeinden orientiert. Durch diesen Antrag wolle man einen Weg finden, dass die Gemeinderatssitzungen mit öffentlichem und nicht-öffentlichem Teil nicht länger als 23 Uhr dauern.
Für Gemeinderäte, die sich ihre beruflichen Arbeitszeiten nicht frei einteilen könnten, seien diese zum Teil bis um Mitternacht andauernden Sitzungen kaum zu bewältigen. Im Hinblick auf die vorliegende und 16 Punkte umfassende Tagesordnung mit 166 Seiten als Tischvorlage gebe es für ihn sonst nur die Möglichkeit, die Anzahl der Sitzungen zu erhöhen.
Mehr und kürzere Sitzungen nicht möglich
Bürgermeister Andreas Schmid schilderte: „Die Vorbereitungen der Verwaltung für diese Sitzungen sind so umfangreich, dass ich nicht weiß, wie man hier den Abstand der einzelnen Tagungen von bisher drei Wochen auf zwei Wochen verkürzen kann.“ Hinzu komme die Nacharbeitung der Sitzungen, wie das Schreiben des Protokolls und das Einarbeiten der Abstimmungsergebnisse für eine weiterführende Debatte, erklärte der dem Gremium.
Debatten und Rednerlisten
Stefan Singer (Netzwerk) entgegnete zum vorliegenden Antrag, es käme nicht darauf an, schnelle Entscheidungen zu treffen. Für ihn stehe das Wohl der Gemeinde im Vordergrund und damit eine Entscheidungsfindung, die alle Aspekte berücksichtige. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit für jedes Gemeinderatsmitglied in der Sitzung einen Antrag zur Geschäftsordnung zu stellen und die Rednerliste schließen zu lassen.
Alexander Dietrich (FBL) wehrte sich nicht gegen Entscheidungsfindungsprozesse. Trotzdem dauerten seiner Meinung nach die Sitzungen zu lange. „Warum soll man nach einem zehn bis zwölfstündigem Arbeitstag und nachfolgender Gemeinderatssitzung abends um 23 Uhr eine bessere Entscheidung treffen können als eine Stunde früher?“
Mahnung zur Disziplin
Gerhard Wiedenbach (CDU) mahnte zu mehr Selbstdisziplin. Man möge sich in den einzelnen Beiträgen kürzer fassen und sachlicher bleiben. Er richtete aber diese Kritik nicht nur an seine Ratskollegen, sondern auch an den Bürgermeister. Schmid sei der Leiter der Gemeinderatssitzungen und es läge an ihm, bei auswuchernden Diskussionen hier einzuschreiten.
Doch damit stellte sich auch die Frage, was eine auswuchernde Diskussion ist. Darauf schien es keine Antwort zu geben. Bruno Schnur zog daher den Antrag zurück. Er appellierte an die Selbstdisziplin seiner Ratsmitglieder und behielt sich vor, diesen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung ein zweites Mal zu stellen.
Doch damit scheint die Angelegenheit noch nicht vom Tisch zu sein. Denn auch diese Ratssitzung dauerte allein im öffentlichen Teil bis 23.15 Uhr. Danach begaben sich die Ratsmitglieder noch in die nicht-öffentliche Sitzung. Ironisch kommentierte Bruno Bohner, Ortsvorsteher in Wangen, dazu: „Das mit der Selbstdisziplin scheint ja prima zu funktionieren.“ Dabei hatte er auch bedacht, dass interessierte Bürger nicht das Durchhaltevermögen besaßen, dieser Sitzung bis zum Ende zu folgen.