Warum klappt es mit den Bussen einfach nicht? Diese Frage stand im Kern einer hitzigen Diskussion um die Linie 400, die im Gemeinderat von Orsingen-Nenzingen aufkam. Ratsmitglieder und Eltern meldeten sich zu Wort, als Antonie Schäuble (FWV) das Thema ansprach.

Eltern als Verkehrslotsen

Antonie Schäuble, die selbst Mutter ist, hat sich die Situation morgens an der Bushaltestelle beim Kindergarten in Orsingen angeschaut. Ihr Fazit: „Es war unterirdisch.“ Es klappe nur einigermaßen, weil die Eltern Eigeninitiative zeigten und selbst versuchten, das Chaos zu regeln, indem sie mit Warnwesten ausgestattet die Kinder in die richtigen Busse lotsen, sagte sie. Fahrzeuge seien überfüllt oder die Kinder wissen nicht, in welchen sie einsteigen müssen.

Die Probleme sind vielfältig: Busse kommen zu spät, sind voll oder die Fahrer können auf Rückfragen der Schüler nicht sagen, wo sie ...
Die Probleme sind vielfältig: Busse kommen zu spät, sind voll oder die Fahrer können auf Rückfragen der Schüler nicht sagen, wo sie eigentlich halten. | Bild: Löffler, Ramona

Und manche Busse würden in Nenzingen nicht zur Schule fahren. „Es ist schon normal, dass die Schüler zehn Minuten zu spät zum Unterricht kommen“, so Schäuble. Ein Effekt sei, dass die Elterntaxis nun wieder zunähmen.

Gespräche mit dem Landratsamt

„Wir reden laufend mit dem Landratsamt„, sagte Bürgermeister Bernhard Volk. Ein Problem sei, dass die Busse bereits sehr voll in Orsingen ankämen. Laut Fahrplan sollte eigentlich ein Bus direkt in Orsingen starten, erklärte Volk weiter. Das wolle die Gemeinde beim Landratsamt ansprechen, er könne aber auch nicht versprechen, dass die Gespräche fruchten.

Was Eltern und Räte ärgert

Auch andere Gemeinderäte machten ihrem Unmut Luft. „Die ersten beiden Busse sind voll und mit dem dritten kommen die Schüler zu spät“, sagte Stefan Stemmer (CDU). Roland Riegger (CDU) kritisierte, wie alles überhaupt bei der Ausschreibung und Vergabe durch den Landkreis so zustande kommen konnte. Volk erwiderte darauf, dass alles nach rechtlichen Vorgaben ausgeschrieben worden sei. Roman Roth (FWV) regte sich ebenfalls auf: „Es ist eine ziemliche Sauerei, wie es abläuft. Die Fahrer verstehen teilweise kein Deutsch.“ Antonie Schäuble ergänzte: „Es sind ständig andere Busfahrer. Wenn wenigstens mal einer eine Woche lang fahren würde.“

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Außerdem stellte Roth die Frage in den Raum, wie der Busverkehr funktionieren sollte, wenn es zu wenig Busse und Fahrer gebe. In seiner Kindheit sei ein Bus allein dafür da gewesen, Grundschüler aus Orsingen zur Schule nach Nenzingen zu bringen. Außerdem verwies er auf das Beispiel Allensbach – dort organisiert die Gemeinde nun selbst etwas für die Schüler. „Man darf es nicht zu sehr dramatisieren, aber so schlecht war es noch nie“, lautete sein Fazit. Volk schloss sich an.

Was eine Mutter erzählt

Die zweifache Mutter Nadine Tenoth, die unter den Zuhörern saß, sprach das Thema in der Einwohnerfragestunde nochmal an. Auch sie betonte nochmals: „Die Kinder kommen zu spät.“ Sie kritisierte auch, dass teilweise ausrangierte Busse wieder im Einsatz seien, deren Türen innen so aufgehen, dass Taschen eingeklemmt werden könnten, die Kinder um den Hals tragen. Sie erzählte von ihren Kontakten mit dem Landratsamt und was dieses zum Busunternehmen Klink gesagt habe, das die betroffene Linie 400 betreibt (siehe auch Text unten).

So sah die Situation am Mittwoch aus

Am Mittwoch standen zwischen 6.55 und 7.40 Uhr rund 50 Schüler an der Bushaltestelle beim Orsinger Kindergarten. Es war ein Morgen ohne Eltern als Lotsen und mit verwirrten Schülern. Ein Bus der Linie 400 hätte um 6.58 Uhr fahren sollen – er kam kurz nach 7 Uhr. Schülerinnen an der Haltestelle erzählten, dass sie ihren Anschlusszug in Richtung Radolfzell so nicht erreichen könnten. Ihre Notlösung: Eine Whatsapp-Nachricht an Mitschüler, damit die den Lehrern sagen, dass sie wegen dem Bus wieder zu spät kommen.

Die Probleme sind vielfältig: Busse kommen zu spät, sind voll oder die Fahrer können auf Rückfragen der Schüler nicht sagen, wo sie ...
Die Probleme sind vielfältig: Busse kommen zu spät, sind voll oder die Fahrer können auf Rückfragen der Schüler nicht sagen, wo sie eigentlich halten. | Bild: Löffler, Ramona

Die nächsten beiden Busse sollten um 7.25 und 7.27 Uhr fahren, doch kamen jeweils mehr als fünf Minuten zu spät. Einer trug die Aufschrift „Orsingen-Nenzingen/Stockach„, der andere „Sonderfahrt“. Aber wohin? Auf die Fragen der unsicheren Schüler beim Busfahrer, ob der Bus „Orsingen-Nenzingen/Stockach„ in Nenzingen an der Schule hält, gab es keine richtige Antwort. Manche stiegen ein, andere nahmen lieber den zweiten. Der dritte Bus soll laut Fahrplan an der Haltestelle um 7.32 Uhr fahren. Auch er kommt später, aber es ist ein Gelenkbus. Seine Aufschrift: „Stockach Schulzentrum“. Am Ende war die Bushaltestelle leer.

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Reaktion des Busunternehmers

Linie 400 ist die einzige im Raum Stockach, die die Stadtbus Tuttlingen Klink GmbH betreibt. Rainer Klink versprach am Mittwoch auf SÜDKURIER-Nachfrage hin, dass er direkt auf Donnerstagmorgen einen Mitarbeiter schickt, der an der Bushaltestelle alles koordinieren solle. Er erklärte auch, dass es derzeit wegen Lieferschwierigkeiten 14 Busse ohne Zielschilder gebe. Deshalb seien nun auf den Schulbuslinien die Busse eingesetzt, bei denen die Anzeigen funktionieren. Klink räumte auch ein, dass die Fahrzeiten „teils etwas knapp“ bemessen seien, weil aus das Ein- und Aussteigen daure.

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Das sagen Schulen und Landratsamt

  • Schüler kommen zu spät: Auf SÜDKURIER-Nachfrage sagte Jeannette Spiekermann, Leiterin der Grundschule Orsingen-Nenzingen, dass der einzige der Busse, der morgens an der Schule in Nenzingen halte, entsprechend gekennzeichnet werden müsste. Außerdem wünscht sie sich, dass um 12 Uhr wieder ein Bus direkt an der Schule abfährt. „Wir haben extra eine Busaufsicht eingerichtet, die die Kinder zur Haltestelle bringt“, sagt sie. Ihr Wunsch ist, dass hier nachgesteuert wird. Holger Seitz, Schulleiter des Nellenburg-Gymnasiums, nennt die Orsinger Buslinie 400 eine Katastrophe. „Um 7.50 Uhr ist Schulbeginn, aber die Schüler sind frühstens um 8 Uhr da.“ Es vergehe kein Tag ohne Verspätung. „Eine echte Zumutung“, sagt er. Es gebe auch viele Rückmeldungen von Eltern. „Die 20 Minuten, die im Berufsverkehr von Orsingen hierher eingeplant sind, sind eine unrealistische Zeitspanne.“ Für ältere Schüler gebe es auch die Linie, die über die Kreisgrenze geführt hatte, nicht mehr. Es habe sich alles massivst verschlechtert, fasst er zusammen. Beate Clot, Schulleiterin des Schulverbunds Nellenburg macht ihrem Ärger ebenfalls Luft: „Die aktuelle Situation ist ein Desaster und ein unhaltbarer Zustand. Die Busse sind überfüllt, die Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet.“ Unterrichtsstörungen durch Verspätungen seien auf Dauer nicht tragbar, sagt sie.
  • Abmahnung vom Landratsamt: Das Landratsamt Konstanz hat eine Abmahnung an die Firma Stadtbus Klink GmbH geschickt. Denn das Verkehrsunternehmen ist einigen seiner vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. „Einige Busse sind nicht gefahren, wo sie hätten fahren sollen“, sagt Ordnungsdezernet Boris-Alexej Neugebauer vom Landratsamt Konstanz. „Aber“, gibt Neugebauer zu bedenken, „die Firma Klink ist ja auch einiges nachweislich gefahren. Hierfür bekommt das Unternehmen Geld“. Eine Abrechnung über die tatsächlich gefahrenen Kilometer habe die Stadtbus Tuttlingen Klink GmbH aber noch nicht gestellt. Deshalb könne man über die Höhe des Betrags noch keine Aussage machen. Am Freitagabend hat das Landratsamt E-Mails verschickt, mit dem Inhalt, dass etwaige Ersatzansprüche bei dem entsprechenden Busunternehmen einzufordern sind. (löf/kst)