Gerald Jarausch

Mit der offiziellen Abkehr des Radolfzeller Gemeinderates von der Seetorquerung in den Haushaltsberatungen wird auch das Thema des barrierefreien Zugangs der Bahnsteige neu gedacht. Das hat jetzt eine Begehung mit einem Bahn-Vertreter ergeben, dem Leiter des Regionalbezirks Südwest und Verantwortlichen für die Bahnhöfe, Michael Grohe.

Dieser war zusammen mit den Landtagsabgeordneten der Grünen, Nese Erikli, Andrea Bogner-Unden sowie die dem bahnpolitischen Sprecher der Fraktion, Matthias Gastel, auf den Bahnhof gekommen, um die Pläne der Bahn AG zur Sanierung zu erläutern. Dabei wurde deutlich: Mit einem Umbau der Zugänge ist wohl erst in einigen Jahren zu rechnen.

Planung und Genehmigung dauern Jahre

Als Zeitplan stellte Michael Grohe eine rund einjährige Vorentwurfsplanung in Aussicht, die eventuell auch etwas kürzer ausfallen könnte. Anschließend rechnet er mit einer zweijährigen Genehmigungsplanung und ein weiteres Jahr für die Bauvorbereitung.

Da die konkreten Arbeiten im laufenden Betrieb stattfinden müssen, werden voraussichtlich noch einmal 1,5 Jahre ins Land ziehen. „Das wären dann fünf bis sechs Jahre“, konstatierte der Regionalbereichsleiter.

„Wir werden Vollgas geben“, verspricht Grohe

Immerhin stellte er in Aussicht, dass auch die Bahn selbst ein Interesse daran hat, dass der Bahnhof in Radolfzell schnell in einem besseren Zustand kommt. „Wir werden Vollgas geben“, ließ Grohe für sein Unternehmen wissen.

Die Sorge des OB Martin Staab, dass Radolfzell in der Prioritätenliste mit der Abkehr von der Seetorquerung wieder nach hinten gerutscht sei, versuchte Grohe zu zerstreuen: „Das ist definitiv nicht der Fall, Sie stehen ganz vorne“, sagte er. Dabei gedenke sein Unternehmen nicht nur die Bahnsteige zu verbessern, sondern auch das gesamte Umfeld, wie er sagte. Ein neues Bahnhofsgebäude wird es allerdings nicht geben. Das bestehende werde lediglich modernisiert, sagte Grohe.

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Die Wunschliste der Bahnnutzer und Verantwortlichen in Radolfzell ist darüber hinaus dennoch lang. So werden auch mehr Radabstellplätze gefordert, ein leichterer Zugang im Gebäudebereich und ein modernes Ambiente.

100 Meter lange Rampen?

Auf Nachfrage eines Bahnnutzers schloss Grohe übrigens nicht aus, dass es Rampen geben wird. Allerdings gab er zu bedenken, dass diese aufgrund des höchstzulässigen Gefälles von maximal sechs Prozent im Fall von Radolfzell etwa auf eine Länge von einhundert Metern kommen würden. Man darf also gespannt sein, wie sich der Bahnhof Radolfzell in einigen Jahren präsentiert.

Dass viele Dinge noch längst nicht voll umfänglich durchdacht sind, offenbarte eine Antwort Grohes auf die Frage, wie man eine bessere Anbindung an andere Verkehrsformen, wie etwa Fahrräder, schaffen will: „Fahrräder stellen uns vor ein grundsätzliches Problem. Darauf haben wir keine richtig gute Antwort“, erklärte der Regionalverantwortliche Station und Service.

Der politische Druck auf die Bahn dürfte nicht weniger werden

Der Druck von Politik und Bahnreisenden dürfte nicht abnehmen. Spätestens mit der im Januar unterzeichneten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bahn und Bund steht das Unternehmen in der Pflicht.

Bis 2030 fließen 86 Milliarden Euro in Erhalt und Modernisierung des Schienennetzes. Davon trägt der Bund 62 Milliarden Euro, die DB 24 Milliarden. Pro Jahr stehen damit durchschnittlich 8,6 Milliarden Euro für Ersatzinvestitionen und Instandhaltung zur Verfügung.