Der Grundsatzbeschluss zum Bau einer neuen Seetorquerung unter den Bahngleisen hindurch ist längst gefasst, doch die Gegner im Gemeinderat Radolfzell lassen keine Möglichkeit aus, das Projekt zu Fall zu bringen. So auch bei der Vergabe der Entwurfsplanung der einzelnen Gewerke für das Millionenprojekt. Mit knapper Mehrheit hat sich der Gemeinderat entschlossen, die Planung für Tragwerk, Tunnel, Freianlagen, Elektro, Sanitär, Geotechnik und Empfangsgebäude zu vergeben. Die Auftragssumme beläuft sich insgesamt auf 525.000 Euro.

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Wie meist, meldete sich Projektgegner Siegfried Lehmann von der Freien Grünen Liste als erster zu Wort. Wenn schon jetzt mittelfristig Gesamtkosten von 26 Millionen Euro für die Seetorquerung zu erwarten seien, wäre es falsch, jetzt eine Entscheidung zu treffen: „Wir möchten uns dafür einsetzen, das Projekt jetzt zu beenden.“ Lehmann spielte die Wahlkampfkarte: „Wir sollten den Mut haben und den neuen Gemeinderat entscheiden lassen.“

Diehl fordert mehr Verantwortung

Dieses Argument quittierte Bernhard Diehl von der CDU mit einem Lächeln. Er wisse nicht, warum man den Punkt vertagen sollte: „Fast alle hier drin haben sich wieder aufstellen lassen, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in zwei Monaten die selben Köpfe wieder hier sitzen.“ Zudem gilt für Diehl: „Wir haben die Verantwortung, die müssen wir auch wahrnehmen.“ Walter Hiller (Freie Wähler) kritisierte die Verzögerungstaktik der Projektgegner: „Ich habe kein Verständnis für eine Minderheit, die jede Möglichkeit sucht, diese Seetorquerung zu verhindern.“

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Richard Atkinson (FDP) führte aus, dass es genügend demokratische Gründe gebe, nicht auf die Wahl am 26. Mai zu warten: „Es gibt eine mehrheitliche Entscheidung des Gemeinderats für diese Seetorquerung, das muss man dann halt auch mittragen.“ Er selbst sei früher ein Gegner des Projekts gewesen, „aber jetzt müssen wir es durchziehen“. Aber an diesem Punkt gibt es eine geteilte Meinung im Gemeinderat: Susann Göhler-Krekosch und Derya Yildirim (beide SPD) haben sich von ihrer früheren Zustimmung für das Projekt abgesetzt. „Kosten und Zeit laufen uns davon“, begründete Susann Göhler-Krekosch ihren Stimmungswechsel.

Lumbe will Magnet im Süden

Seine Prinzipientreue erläuterte ein weiteres Mal Norbert Lumbe (SPD). Er erinnerte daran, dass die Einnahmen aus dem Verkauf von Stadtwerkeanteilen an die Thüga in Millionenhöhe für diesen Zweck zurückgelegt worden sei: „Wir haben versprochen, mit diesem Geld die Querung zu fördern.“ Mit dem Bau des Seemaxx habe der Gemeinderat zudem der Innenstadt versprochen: „Wir werden dafür sorgen, im Süden ebenso einen Magneten zu schaffen, dieser Magnet hätte die Seetorquerung sein sollen“, erinnerte Lumbe an die Geschichte des Projekts. Er mahnte seine Kollegen: „Wenn wir heute aussteigen, brechen wir unser Versprechen.“

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Der OB bleibt bei seiner Enthaltung

  • Die Abstimmung: Der Beschluss die einzelnen Gewerke der Seetorquerung zu vergeben, fiel in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates knapp aus: 13 Stadträte stimmten dafür, elf dagegen. Hinzukam eine Enthaltung. Zu den Befürwortern zählten: Bernhard Diehl, Helmut Villinger, Hermann Leiz, Lorenz Thum, Stefan Neumaier (alle CDU), Walter Hiller, Martin Aichem, Josef Klett (alle Freie Wähler), Norbert Lumbe, Reinhard Rabanser (beide SPD) und Jürgen Keck, Manfred Brunner sowie Richard Atkinson (alle FDP). Dagegen sprachen sich Christof Stadler, Martina Gleich (beide CDU), Gisela Kögel-Hensen, Waltraut Fuchs, Beate Giesinger, Thilo Sindlinger, Nina Breimaier, Siegfried Lehmann (alle Freie Grüne Liste), Susann Göhler-Krekosch, Derya Yildirim (beide SPD) und Dietmar Baumgartner (Freie Wähler) aus.
  • So stimmte der OB: Oberbürgermeister Martin Staab zögerte mit seinem Zeichen. Erst nach Aufforderung von Christof Stadler (CDU) hob er bei den Enthaltungen seine Hand. Staab hält damit konsequent an seiner Linie fest, beim Radolfzeller Großprojekt die Entscheidung dem Gemeinderat in die Hand zu legen.
  • Die Sorge: Gisela Kögel-Hensen von der Freien Grünen Liste hegt die Befürchtung, dass der zentrale Seezugang, in welcher Form er auch kommen mag, in einer Sackgasse steckt. Das hängt ihrer Meinung nach auch mit der Neutralität von OB Staab zusammen. „Wie geht es weiter, wenn der Oberbürgermeister nicht mehr hinter den Planungen steht?“, fragte sie. Ohnehin sei sie der Ansicht, dass kein Tourist zusätzlich nach Radolfzell kommen werde, nur aufgrund einer 30 Millionen teuren Unterführung.
  • Die Beerdigung: Der weitreichendste Vorschlag kam von Dietmar Baumgartner, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler: Er wollte die Seetorquerung komplett beerdigen. „Das Projekt ist vom Regierungspräsidium aus Kostengründen nicht mehr zu genehmigen“, sagte er. Sein Gegenvorschlag folgte auf dem Fuße: Die bestehende Unterführung zu sanieren. Baumgartner rechnet hierfür mit Kosten von rund einer Millionen Euro. Oberbürgermeister Martin Staab schob diesem Vorschlag allerdings schnell einen Riegel vor. „Eine Beerdigung des Seezuganges ist nicht möglich, da es beim Beschluss lediglich um die Vergabe geht“, so der Radolfzeller Verwaltungschef.
Matthias Güntert