Betörende Sirenen, fantastische Außerirdische und eine große Schar von Frauen, die mit närrischem Humor und beißendem Spott die Männerwelt aufmischten – im Milchwerk eröffneten die Weibsbilder der Narrizella mit einer äußerst gelungen Bühnenshow die Fasnachtsaison.
„Klimawandel“ mit doppelter Bedeutung
In einem Glanzlicht der Weiberfasnet ließen Julia Bierbach und Lilith Steinhilb am Ende der Veranstaltung eine modepolitische Bombe platzen. Als Modedesigner entwarfen sie eine Häs-Kollektion, die nicht nur dem künftigen Klimawandel Rechnung trägt, sondern Frauen in Kostümen von ausschließlich von Männern dominierten Abteilungen der Narrizella zeigten. Das Motto der Modenschau „Klimawandel“ bekam mit diesem äußerst gelungenen Streich eine doppelte Bedeutung.
Der Laufsteg wurde von Sicherheitsfachkräften umrahmt, um die Models in ihren Hotpants vor männlichen Übergriffen zu schützen. Die Weiberfasnet 2019 war vor allem eines: Eine humorvolle und äußerst geistreiche Abrechnung mit den Männern, dem Alltag und der heimischen Politik.
„Was für ein Arsch“
Nichts ahnend, was ihnen blühen wird, zerrten die Fasnet-Wissenschaftler Julia Bierbach und Carmen Aschinger zwei Radolfzeller Prachtexemplare des Homo Sapiens auf die Bühne. Homologisch betrachtet gab es bei Martin Schäuble und Karin Vögele zwar systematische Übereinstimmungen im Knochenaufbau und Gemeinsamkeiten in biologisch-physiologischen Prozessen. Doch was die Weibsbilder-Wissenschaftlerinnen interessierte war eher die neurologische Differenz in den Denkweisen von Mann und Frau. Der größte Unterschied zeigte sich dabei in der kognitiven Bedeutungszumessung des Satzes: „Was für ein Arsch!“
Das Internet sei dem weiblichen Gehirn in der Fähigkeit zur Vernetzung nachempfunden, so die Ergebnisse der Forschung: Innert Millisekunden könnten Frauen gleichzeitig Kochen, Bügeln, Waschen und gut aussehen. Multitasking-Fähigkeiten seien auch dem Mann zu Eigen: Im gleichzeitigen Verursachen mehrerer Probleme. Das Gehirn der Frau ähnelt dem WLAN und verbindet sich nur mit dem stärksten Gerät. Wohingehend das Männergehirn nach Bluetooth-Systemen funktioniere: „Suche nach anderen Geräten, wenn Du fort bist.“
Strom aus Schnarch-Energie
In einem brillant gespielten und mit Lachtränen quittierten Sketch leiteten vier Weibsbilder in der heimlichen Umwelthauptstadt Radolfzell die wohl effizienteste Energiewende mit einer bahnbrechenden Erfindung ein: In einem Schlaflabor testete Professor Schulz-Ampere (Jutta Graf) die Umwandlung von Schnarch-Energie in elektrischen Strom für die Radolfzeller Energieversorgung unter Mithilfe lokaler politischer Schnarchnasen.

Aus dem Nähkästchen plauderte Lilith Steinhilber in ihrer kleinen Flirtschule. Geboren in Berlin und aufgewachsen im Hinterland des Stockacher Nirgendwo fühlte die Tänzerin dem Machogehabe der Männer während der Fasnacht auf den Zahn, die sich zur fortgeschrittenen Stunde trunken paarungsbereit zeigen. Die Flirtstunde gab Instruktionen zum besseren Erfolg oftmals plumper Annäherungsversuche. Die heißesten Tipps: Sagt bloß nicht was ihr denkt und sorgt für bessere Angebote als das Ambiente versiffter Toiletten.
Frauen lieben schöne Männer
Deutlich gab sie zu verstehen, dass es ein Mythos selbstkritikloser Männer sei, das Reife, Erfahrung und innere Werte wichtig seien und äußere Erscheinung nicht zwingend die Meinung der Frauen präge. Weit gefehlt: Bei ganz banalen Trieben stehen Frauen nicht auf Alter und Bauch. Frauen lieben schöne Männer, innere Werte seien ein Gerücht. Und war die Begegnung nicht schön, so war sie zumindest schön anzusehn.
Elsa Santinho-Reiser nahm Leonard Cohens Halleluja zum Anlass, mit ihrer volumenreichen Gesangstimme ihre himmlischen Erfahrungen mit Männern zwischen dreckigen Socken, Baumarkt und vermeintlichem Strippenziehen zu intonieren.
Marlies Reining zog in der Bütt mit ihren Alltagsproblemen die Lacher im Milchwerk auf sich – von Schlafproblemen hin zum komatösen Wachleben im Bad und auf den Straßen sowie sadomasochistischen Kämpfen mit Staubsaugern. Humorvoll berichtete sie über entlaufe Staubsauger-Roboter und schikanösen Frisörbesuche. Die Zeller Mädle Carmen Aschinger und Ulrika Ruf hatten in ihrer musikalischen G‘schichte vum Johr viel zum Verzähle und rechneten narrenspiegelartig mit den gesellschaftspolitischen Themen ab.
Das Programm
Als drei Damen vom Grill moderierten Sandra Hain, Marina Aigeldinger und Sabine Pfau die Auftaktveranstaltung der Weiberbilder-Fasnacht der Narrizella. Die Narrenmusik und der Fanfarenzug der Narrizella unterhielten die Gäste musikalisch im Rahmenprogramm.

Als Avatare geschminkt beeindruckten die Mögginger Fasnachtsvereinigung Elements mit einer Tanzshow. Mit einer Mischung aus Bauchtanz und Derwisch-Pirouetten begeisterten die Sirenas mit ihren Tänzen. Die Narrizella Ratoldi ehrte Hansjörg Blender für sein 40 Jahre andauerndes Engagement in der Zunft mit dem Titel des Ehrennarrenrats.