Sonntag, 15. November, um 16.30 Uhr in der Redaktion: Das ungute Bauchgefühl meldet sich beim Betrachten des Bildes vom Abfüllen der Schlachtplatten-Portionen durch die Helfer der Narrizella Ratoldi. Nicht alle haben einen Mund-Nasen-Schutz an, ein Abstand von 1,50 Meter scheint fraglich. Das kann aber auf einem Foto perspektivisch täuschen. Der Fehler: Der Redakteur – also ich – entscheidet, das Bild zu veröffentlichen. Weil aus den Fragen und Antworten der Landesregierung zur Corona-Verordnung auf die Schnelle nicht ersichtlich ist, ob das Nichttragen einer Maske in diesem Fall einen Verstoß darstellt.
Die Leser sind sauer
Montag, 16. November, vor 12 Uhr auf dem Bildschirm: Das E-Mail-Postfach der Redaktion quillt über. Das Bild stößt bei vielen Lesern sauer auf. Eine Zuschrift lautet: „Das Portionieren von Schlachtplatten ohne Mund-Nasen-Schutz: Ist das Gleichgültigkeit oder schon Dummheit? Für die Veröffentlichung des Fotos gilt das ebenso.“ Da hat der Leser recht, meine Entscheidung war dumm, das Foto vermittelt eine vielleicht fahrlässige Einstellung zur fehlenden Maske. Denn auch das steht in den Fragen und Antworten der Landesregierung: „Grundsätzlich ist das Tragen einer Alltagsmaske sinnvoll, wenn damit gerechnet werden muss, dass in der Öffentlichkeit der Mindestabstand von 1,5 Meter nicht durchgehend eingehalten werden kann.“ Auch ohne abschließende rechtliche Bewertung sagt die Vernunft: Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes wäre empfehlenswert gewesen, die Veröffentlichung des fröhlichen Leberwurst- und Blutwurst-Verteilen-Fotos war es nicht. Kopf an Bauch: „Du hast mit Deinem unguten Gefühl recht gehabt.“
Dienstag, 17. November, kurz vor 14 Uhr am Telefon: Narrizella-Präsident Martin Schäuble erläutert, was die Zunft alles unternommen habe, um nach den Corona-Regeln die 300 Schlachtplatten auszuliefern. Kartoffelbrei und Kraut seien in der Großküche der Mettnaukur hergestellt worden, die Wurstwaren in in der Wurstküche des Gasthauses Hirschen. „Beides mit Fachpersonal und unter den geltenden Hygienevorschriften.“ Die Anrichtfläche beim Portionieren sei auf das Maximum vergrößert worden, in den Pausen sei der Raum gelüftet worden. „Alle, die geholfen haben, mussten zehn Tage ohne Symptome sein.“ Die Hände habe man immer wieder desinfiziert. „Nach unseren Informationen war eine Maskenpflicht nicht zwingend notwendig.“ Schäuble räumt ein, dass dies etwas unbedarft sein mag: „Vieles haben wir vorher mit den Behörden abgesprochen, diesen Punkt haben wir unterschätzt.“ Bauch an Kopf: „Vielleicht hörst Du das nächste Mal wieder auf mich.“