In Markelfingen staut ein Biber einen Bachlauf neben dem Sportheim des SV Markelfingen, in Böhringen setzt eines der Tiere einen Maisacker unter Wasser und bei Bodman-Ludwigshafen musste ein Fußweg im Naturschutzgebiet wegen Hochwasser durch Biberdämme gesperrt werden. Beim Blick auf die jüngsten Nachrichten drängt sich der Eindruck auf, die Nager seien derzeit besonders aktiv in der Region. Aber ist das tatsächlich so? Gibt es derzeit besonders viele Biber, die sich die Region rund um Radolfzell ausgesucht haben, um dort ihre Bauten zu errichten?

Besiedelung über die Radolfzeller Aach

Laut der Biologin Bettina Sättele vom Fachbüro für Biberfragen, die seit 2003 die intensive Ausbreitung der Biber in den Landkreisen des Regierungsbezirks Freiburg beobachtet und lange vom Regierungspräsidium als Biberbeauftragte eingesetzt wurde, sei der Biberbestand in der Region tatsächlich angewachsen. Dass derzeit aber scheinbar so viele Auswirkungen zu bemerken sind, dafür vermutet sie vor allem einen Grund: die Ausbreitung der Nager in der Region.

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Die aktuellen Biberbestände im Raum Radolfzell gebe es schon seit längerer Zeit. Etwa im Jahr 2000 habe eine Besiedelung über die Radolfzeller Aach stattgefunden. Mittlerweile seien die Tiere entlang des Bodensees und an den seitlichen Zuläufen – also etwa der Radolfzeller Aach und dem Böhringer Mühlbach – zu finden. „Und über den Böhringer Mühlbach kommen sie auch bis in die Stadt hinein. Es gab immer wieder Vorstöße.“ Auch am Bahngraben bei Markelfingen leben laut Sättele Biber. Und gerade über die Nebengewässer breiten sich die Tiere schnell aus, so die Expertin. Biber machen große Wanderleistungen – in ihrem zweiten Lebensjahr verlassen sie ihre Familien und ziehen weiter. „Dadurch entsteht optisch für viele der Eindruck, dass die Tiere aktiver sind“, glaubt Bettina Sättele. Zudem hätten frühere Einzeltiere mittlerweile womöglich auch Familien gegründet, „die fallen auch mehr auf und brauchen auch mehr Holzvorrat.“

In Markelfingen hat ein Biber einen Bach gestaut und eine Wiese überflutet.
In Markelfingen hat ein Biber einen Bach gestaut und eine Wiese überflutet. | Bild: Jarausch, Gerald

Biber halten andere Biber fern

Dennoch versichert die Expertin, niemand müsse befürchten, von Bibern regelrecht überrannt zu werden. „Biber führen starke Revierkämpfe.“ Dadurch reguliere sich die Population selbst. „Wenn ein Biber sich irgendwo festgesetzt hat, dann wird er nicht zulassen, dass sich ein anderer Biber da ansiedelt“, erklärt Bettina Sättele. Und: „Sobald ein Biber angesiedelt ist, hält der auch andere Biber fern“, so die Expertin.

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Auch aus diesem Grund könne es sich für den Mensch lohnen, Bibern Orte zur Verfügung zu stellen, an denen sie ungestört leben können. Um Probleme, etwa Überflutungen, zu vermeiden und Biber von Orten fernzuhalten, an denen es zu Schwierigkeiten kommen kann, sei eine schnelle Reaktion wichtig – durch Experten, nicht durch Privatleute (siehe Kasten). Denn verstreiche erst einmal eine gewisse Zeit, dann habe der Biber sich bereits fest an einem Ort angesiedelt und einen großen Bau angelegt, dann sei es schon zu spät, so die Expertin.

Nicht lange Zeit verstreichen lassen

Zum einen werde der Biber erst recht aktiv, wenn bereits bestehende Dämme abgebaut werden. Zum anderen habe es auch für umliegende Lebewesen negative Folgen, wenn Dammdrainagen gelegt oder Biberdämme einfach abgerissen werden. „Jedes Mal, wenn man etwas an dem Damm macht, löst man für alle im Fluss darunter befindlichen Lebewesen eine Flutwelle aus“, erklärt Bettina Sättele. Zum Beispiel könnten Fischeier, die klares Wasser brauchen, durch Eingriffe zugeschwemmt werden. „Das ist wirklich die letzte Lösung“, sagt die Biologin deshalb. Außerdem seien Dammdrainagen sehr aufwändig, weil die Rohre, die das Wasser abführen, dauerhaft gewartet werden müssen. Ohnehin greife sie, wenn möglich, am liebsten überhaupt nicht in Biberbauten ein, sondern lege zum Beispiel Mulden an, damit das Wasser rechtzeitig seitlich abfließen kann.

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Besser sei es aber, einzugreifen, bevor der Biber sich überhaupt richtig angesiedelt an und Probleme, etwa Überflutungen, entstehen. „Man muss sofort schauen, wo können Probleme abgewendet werden“, so Sättele. Denn sei es wichtig, dem Biber einen geeigneten Gewässerabschnitt zu überlassen, an dem er bleiben und ökologisch wirken könne.