Es ist ein idyllisches Bild, das sich auf den Wiesen hinter Markelfingen bietet: Blühender Löwenzahn sorgt für bunte Flecken inmitten des Grüns, die Birnbäume stehen in voller Blüte und im Hintergrund spiegelt sich die Sonne in Untersee, Markelfinger See und dem Litzelsee, der erstmals seit einigen Jahren wieder viel Wasser aufweist. Inmitten dieser Idylle stehen die Schafe von Peter Blum und grasen, darunter auch ein paar Lämmer, die erst kürzlich das Licht der Welt erblickt haben.

Zwölf Lämmer hat der Schäfer derzeit insgesamt, halb so viele wie im Dezember zur Welt kamen. Dass er Herbst für Herbst einige Böcke in seine Herde bringt und damit für Nachwuchs sorgt, geschehe hauptsächlich, damit andere Menschen die Lämmer und so auch die Landwirtschaft erleben können, erzählt er. Nicht wegen der Fleisch- oder Wollproduktion. Denn der Beruf des Schäfers wandele sich. Neu ist auch die Sorge vor dem Wolf.

Viele Kosten rund um die Schlachtung

Die Aufzucht der Lämmer für die Fleischproduktion rentiere sich für Schäfer mit vergleichsweise wenig Tieren nicht mehr, erklärt Peter Blum. Denn bei einer Schlachtung würden einige Kosten anfallen: „Alleine die Gebühren sind so groß, dass sich das nicht mehr rechnet.“ Geschlachtet werden dürfe nur in zertifizierten Schlachthäusern, dabei müssten etwa der Transport, eine Schlachttieruntersuchung, Schlachthausgebühr und Kühlmöglichkeiten bezahlt werden. Dabei wiege ein Lamm nur etwa 15 bis 18 Kilogramm – allzu viel Fleisch kann also pro Tier nicht verkauft werden.

Inmitten von viel Grün und viel Wasser dürfen Peter Blums Schafe weiden. Im Vordergrund ist der Litzelsee zu sehen, dahinter der ...
Inmitten von viel Grün und viel Wasser dürfen Peter Blums Schafe weiden. Im Vordergrund ist der Litzelsee zu sehen, dahinter der Markelfinger See und der Untersee. | Bild: Marinovic, Laura

Auch der Wollverkauf rentiere sich nicht mehr, Rohwolle habe mittlerweile keinen Wert mehr, sagt Peter Blum. Er spricht von einem Nullgeschäft. Werfe er die Wolle stattdessen weg, müsse sie sogar als Sondermüll entsorgt werden. Früher habe er als Schäfer den Impfstoff für seine Schafe von dem Verkauf der Wolle finanzieren können, heute sei das nicht mehr möglich. Immerhin habe er aber in diesem Jahr das Glück gehabt, dass einige Menschen ihm Wolle abgenommen hätten, um sie in Hochbeeten als Wasserspeicher einzusetzen.

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Michael Thonnet, Schäfer der Hohentwiel-Domäne in Singen, bestätigt auf Nachfrage, dass die Wollpreise eingebrochen sind. Vor einigen Jahren habe er noch 1 Euro pro Kilo Wolle seiner Merino-Schafe bekommen, im vergangenen Jahr aber nur noch 30 Cent. In diesem Jahr sei die Wolle sogar gar nichts mehr wert. Zudem verweist er auf die hohen Kosten, die bei Schäfern entstehen, wenn sie Lämmer für die Fleischproduktion aufziehen.

Zwar sei die Nachfrage nach Lammfleisch da, doch Lämmer bräuchten spezielles, teures Futter. Zum anderen koste ein Mutterschaf das ganze Jahr über Geld, bekomme aber nicht ständig Lämmer – manche Rassen bekommen einmal pro Jahr Nachwuchs, bei seinen Merino-Schafen komme er auf etwa fünf Lämmer innerhalb von zwei Jahren.

Bedroht der Wolf seinen Arbeitsalltag?

Bisher keine Gedanken machen musste sich Peter Blum um den Wolf machen – zumindest bis ein solches Tier kürzlich im Landkreis Konstanz unterwegs war. Der einzelne Wolf bereite ihm keine Sorgen, auch wenn er seine Schafe in dieser Zeit zur Sicherheit in den Stall gestellt habe. Aber sollte sich einmal ein Rudel in der Region gründen, so rechnet Peter Blum mit Problemen – nicht nur für seine Schafe, sondern auch für seine Schäferhündin Rexy, einen schnellen Border Collie, der einem Wolf nichts entgegensetzen könne.

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Vor drei Jahren habe er in Brandenburg selbst erlebt, wie ein Wolfsrudel zahlreiche Tiere aus einer Herde gerissen habe. „So ein schlechter Eindruck prägt“, sagt Peter Blum. Ein Fuchs hole höchstens mal ein schwaches Lamm und auch von einem Luchs, der in der Region ebenfalls gesichtet wurde, erwartet Peter Blum höchstens ein totes Tier.

Mehr Wölfe bedeuten nicht unbedingt mehr Gefahr

Felix Böcker von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg äußert sich auf Nachfrage zu einem von Peter Blum befürchteten Blutrausch eines Wolfes. Er erklärt: Werde ein Reh etwa von einem Wolf, Fuchs oder Hund gejagt, dann entkommen die meisten anderen anwesenden Rehe. Das sei bei eingezäunten Schafen anders: Dort reizen die übrigen Schafe den Jagdtrieb eines Wolfes oder Hundes weiter an.

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Allerdings sei die Zahl von Wölfen in einem Gebiet nicht unbedingt ausschlaggebend für das Risiko von Angriffen auf Nutztiere: „Ein einzelner Wolf, der gelernt hat, dass es effizient sein kann, Nutztiere zu erbeuten, kann unter Umständen deutlich größere Risszahlen verursachen, als ein Wolfsrudel, das überhaupt keine Nutztiere erbeutet“, erklärt Böcker.

Für Landschaftspflege gibt es Fördergelder

Statt auf die Fleisch- und Wollproduktion konzentriert sich Peter Blum mittlerweile mit seinen Schafen auf die Landschaftspflege. Sie dienen also als natürliche Rasenmäher, treten auch noch die Grasnarbe fest und halten dadurch Mäuse im Zaum. Dafür gibt es Fördergelder, pro Schaf erhalte er 35 Euro. Allerdings müssen die weidenden Tiere dafür genau gemeldet werden – wenn eines stirbt zum Beispiel, schließlich ist es dann nicht mehr in der Landschaftspflege im Einsatz. „Der bürokratische Aufwand ist enorm“, findet Peter Blum.

Zwölf Lämmer hat Peter Blum in diesem Frühjahr.
Zwölf Lämmer hat Peter Blum in diesem Frühjahr. | Bild: Marinovic, Laura

Die Einnahmen durch die Landschaftspflege sei ein Grundstock, so Peter Blum. Allerdings brauche es auch noch andere Standbeine. Das sei auch früher so gewesen. Seine Familie habe zum Beispiel auch Geld durch Milchkühe, Schweine und Gänse sowie durch eine Schnapsbrennerei verdient, die Peter Blum noch heute betreibt.

Jedoch hat ein Schäfer schon mit seinen Tieren alle Hände voll zu tun. „365 Tage im Jahr muss man nach den Schafen gucken“, sagt Blum. Zweimal am Tag kontrolliere er, ob es den Tieren gut geht, ob die Zäune Löcher haben und ob die Schafe genug Wasser haben. Hinzu kam jetzt im Frühjahr auch die Schur, die Peter Blum selbst erledigt.

Nur für‘s Geld funktioniert es nicht

Dass Peter Blum trotz des Aufwandes und der gesunkenen Einnahmen nach wie vor als Schäfer arbeitet, erklärt er mit seiner Leidenschaft für den Beruf, den schon seit Vater ausübte und mit dem er daher in seiner Kindheit in Berührung kam. „Wenn man das für das Geld macht, funktioniert das nicht“, betont Peter Blum.

Viel Arbeit: Im Frühling muss Peter Blum seine Schafe scheren. Aufgrund des frühen Frühlings geschah das in diesem Jahr früher als sonst.
Viel Arbeit: Im Frühling muss Peter Blum seine Schafe scheren. Aufgrund des frühen Frühlings geschah das in diesem Jahr früher als sonst. | Bild: Marinovic, Laura

Zudem will der Markelfinger Schäfer in der Bevölkerung für mehr Verständnis für die Landwirtschaft sorgen – und dafür die Lämmer nutzen. Für sie erhält er keine Fördergelder, die meisten von ihnen bleiben aber auch nicht lange. Peter Blum sucht lediglich aus, welche von ihnen er zur Nachzucht braucht, die restlichen werden im Herbst verkauft.

Allerdings kommen zum Beispiel Kinder aus dem Ort zu Besuch, um die Lämmer zu streicheln, erzählt Peter Blum – und so schon früh mit dem Thema Landwirtschaft in Berührung zu kommen. Allein dafür werde es auch künftig junge Schafe in Markelfingen geben.