Wer an Trüffel denkt, denkt an Italien oder Frankreich, doch seit einigen Jahren wachsen die Knollen auch am Bodensee. Der Wahlwieser Christoph Nübel erntet seit 2023 Sommer- und Burgundertrüffel in Top-Qualität, wie ihm die abnehmenden regionalen Gastronomen bestätigen.
Deutsche Trüffel seien nicht schlechter als italienische, in der Blindverkostung merke man keinen Unterschied, sagen Ludger Sproll und Ulrich Stobbe, Inhaber des Unternehmens Deutsche Trüffelbäume, die mit Nübel zusammenarbeiten. Die Qualität, die sich vor allem durch Frische und Reife definiere, brauche sich überhaupt nicht zu verstecken, urteilen sie.
Keine Trüffel im Wald sammeln
Der Trüffel galt schon immer als Luxusgut – wie alles, was selten ist. Eine Zeit lang war es nur dem Adel erlaubt, Trüffeln zu suchen und zuzubereiten. Im 18. und 19. Jahrhundert sei auch in besser situierten Familien mehr mit Trüffeln gekocht worden, so Ulrich Stobbe. Er erzählt: „Auch vor 100 Jahren waren die Wälder voll davon, aber keiner hat sie geholt. Jetzt sind sie geschützt und dürfen nicht mehr entnommen werden.“
So entstand die Idee, Trüffelbäume zu züchten. 25.000 Bäume werden in Bodman jährlich aus Samen vorgezogen und mit Trüffelsporen beimpft. Vier bis fünf Monate dauere es, bis sich die Mykorrhiza, die Symbiose des Pilzes mit dem Feinwurzelsystem der Pflanze, entwickelt habe. Nach ein bis zwei Jahren können die jungen Bäume ausgepflanzt werden.
Langer Atem bis zur Ernte
Bis zum ersten Ertrag dauert es im Schnitt sieben Jahre. Ulrich Stobbe sagt jedoch: „Eine Trüffelanlage, die Ertrag bringt, ist deutlich rentabler als klassische Landwirtschaft.“ Sommertrüffel kosten übrigens etwa 60 Euro pro 100 Gramm, die im Herbst wachsenden Burgundertrüffel sind teurer.

Die extensive Bewirtschaftung der Fläche sei sehr wertvoll für die Natur, wie Stobbe aufzählt: „Bodenleben darf wieder existieren oder kehrt zurück, Insekten kommen, Singvögel brüten in den Haselsträuchern. Es gibt einen Humusaufbau mit Würmern und allem Drum und Dran und man staunt, wie schnell sich der Boden regeneriert.“
Ludger Sproll,bezeichnet eine Trüffelpflanzung als Insel in der Kulturlandschaft, auf der sich die Natur frei entfalten könne. „Es ist ein Rückzugsort für Tiere und rentabler als der Maisacker nebenan.“
Vorkommen und Anbau
Sommer- beziehungsweise Burgundertrüffel wachsen eher in einer geschlossenen, beschatteten Lage, die den Boden feucht hält. Der weiße Albatrüffel kann dagegen nicht gezüchtet werden. Er stammt hauptsächlich aus der Region Piemont in Italien, wächst wild und relativ begrenzt an ganz speziellen Standorten und ist der teuerste aller Trüffel. Der Perigord-Trüffel, auch Schwarzer Trüffel genannt, stammt aus Südeuropa und mag eine junge, offene Vegetation. Manche Exemplare wachsen wild, über 90 Prozent stammen aus Pflanzungen.
Bei Christoph Nübel beginnt die Ernte im April mit sehr kleinen Mengen des sogenannten Sommertrüffels mit beige-weißer Marmorierung. Bis etwa Mitte Juli steige der Ertrag auf mehrere Kilogramm pro Woche, dann sinke er langsam. Etwa ab September bis Mitte November wachse der geschmacksintensivere Herbsttrüffel mit braun-weißer Marmorierung.
Trüffelschwein oder Trüffelhund?
Früher setzte man für die Suche weißer Trüffel in Italien Schweine ein, doch seit dem 17. Jahrhundert übernehmen Hunde diesen Job. Prinzipiell könne jeder Hund trüffeln lernen, aber die Art und Weise der Trüffelsuche mache den Unterschied, erklärt die erfahrene Schweizer Lagotto-Züchterin Jacqueline Egger.
Sie sagt: „Ein Lagotto Romagnolo eignet sich besonders für die Trüffelsuche, weil er sich sehr lange gut konzentrieren kann, Spaß bei der Arbeit hat und alles, was Nasenarbeit ist, besonders liebt.“ Er sei auch ein ausgezeichneter Familienhund, ergänzt Christoph Nübel. In Wahlwies sind wöchentlich Trüffelteams im Einsatz.
Der Duft verrät die Reife
Länger zu warten und auf größere Trüffel zu hoffen, bringe nichts, sagt Nübel lachend. „Es ist leider nicht möglich, den Fruchtkörper durch längeres Warten zu vergrößern. Das ist wie bei einer kleinen roten Erdbeere: Wird sie nicht geerntet, wächst sie auch nicht weiter, sondern wird überreif und dann schlecht.“
Ein Trüffel reift heran und beginnt zu duften. Dann – und nur dann – findet ihn der Hund. Würde man den Trüffel dann nicht ernten, würde er überreif. Dann wäre die Konsistenz nicht mehr hart, sondern schwammig und nicht mehr schmackhaft.“
Mit der Verarbeitung nicht zu lange warten
Da Nübel die Trüffel sofort ausliefert, nicht versendet und auch keinen Online-Handel betreibt, hat er besonders bei der Frische einen logistischen Vorteil. Die Trüffel werden unter fließendem kaltem Wasser gewaschen und bei Raumtemperatur zwei Stunden getrocknet, in ein sauberes Baumwolltuch oder ein Papier-Küchentuch eingeschlagen und im Kühlschrank gelagert. Beide verhindern, dass Kondenswasser die Trüffel wieder nass macht. Sie sollten möglichst schnell verarbeitet werden.
Rezept für Trüffelbutter
Wer selbst mit dieser regionalen Spezialität kochen möchte, findet sie im Hofladen des Obsthofs Senger in Espasingen. Christoph Nübel hat gleich eine Idee parat: Trüffelbutter, die ähnlich zubereitet werde wie Kräuterbutter.
Er zerkleinere dafür 30 Gramm Trüffel im Mixer ganz fein, vermenge das Pulver mit 100 Gramm Butter, zwei bis drei Tropfen Zitronensaft und etwas Salz. Die Trüffelbutter schmecke besonders gut auf Baguette oder über Spaghetti.