Herr Gröger, wir hätten uns mit Ihnen gerne am Krankenhaus getroffen. Das wollten Sie aber nicht. Wie geht es Ihnen denn, wenn Sie das Krankenhausgebäude sehen?

Es ist schmerzvoll. Wie sich die gesamte Krankenhauslage entwickelt hat, hat uns Radolfzeller verletzt und im Herzen getroffen. Das Krankenhaus hatte sich über Jahre hervorragend entwickelt und war auf vielen Gebieten führend in der Region. Nach unserer ersten Enttäuschung, dass das Krankenhaus schließen soll, hat sich der Gemeinderat klar positioniert und wollte einer Weiterentwicklung des GLKN im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger nicht im Wege stehen. Unsere Forderung war klar, dass das Radolfzeller Krankenhaus so lange geöffnet bleibt, bis der Neubau steht.

Das hat leider nicht so gut funktioniert…

Nein, das hat nicht funktioniert. Nach der ersten Enttäuschung kam schon die nächste, dass das Klinikum so schnell schließen muss. Wir hatten vor Kurzem eine Besichtigung mit den Mitgliedern des Gemeinderates und Vertretern des GLKN, um uns selbst ein Bild vom Gebäudezustand zu machen. Da gab es aus meiner Sicht zwei klare Aussagen: Das Gebäude ist nicht so schlecht, wie manch einer darüber spricht. Aber wir haben es mit einem Gebäude zu tun, welches für eine bestimmte Nutzung konzipiert wurde: nämlich eine Krankenhaus-Nutzung. Und somit ist klar, wenn wir es in irgendeiner Form anderweitig nutzen möchten, braucht es ein umfangreiches Eingreifen in die Bausubstanz und dies zieht auch entsprechend hohe Kosten nach sich.

Sommergespräch mit OB Simon Gröger (mitte) und der SÜDKURIER-Redakteurin Laura Marinovic (links) und Redaktionsleiterin Anna-Maria ...
Sommergespräch mit OB Simon Gröger (mitte) und der SÜDKURIER-Redakteurin Laura Marinovic (links) und Redaktionsleiterin Anna-Maria Schneider. | Bild: Jarausch, Gerald

Die Freien Wähler möchten mit ihrem Einwohnerantrag eine neue Diskussion erzwingen. Haben Sie denn Verständnis für dieses Vorgehen?

Für mich ist es sehr nachvollziehbar, dass die Bürgerinnen und Bürger nach der Schließung des Krankenhauses die Sorge haben, dass die medizinische Versorgung in Radolfzell gefährdet ist. Grundsätzlich benötigen wir alle eine umfassende, gesicherte gesundheitliche Versorgung. Die Freien Wähler greifen mit dem Antrag diese Emotion auf und machen damit klar, dass die Bevölkerung mit dieser Entwicklung nicht zufrieden ist. Aber es gehört auch zur transparenten Kommunikation mit der Bevölkerung, klar zu benennen, dass leider jede andere Nutzung dieses Gebäudes mit umfangreichen Investitionen verbunden ist. Wir können das Gebäude nicht mal eben in eine andere Nutzung bringen. Wenn man in der Vergangenheit deutlich mehr investiert hätte, wäre das Gebäude in einem deutlich besseren Zustand als heute.

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Haben Sie da schon eine Hausnummer, was eine Umnutzung kosten würde?

Nein, ich habe noch keine Kostenberechnung. Aber eins wird gerne vergessen: Das Grundstück gehört dem Spitalfonds Radolfzell, das Gebäude der Fördergesellschaft HBK GmbH. Nach zwanzig Jahren, in denen offensichtlich so wenig Investitionen in das Gebäude geflossen sind, dass der GLKN sich gezwungen sah, das Krankenhaus so schnell zu schließen, müssen die Verantwortlichen die Konsequenz für dieses Handeln annehmen. Ich sehe die Fördergesellschaft Hegau Bodensee Klinikum (HBK), bzw. den GLKN in der Pflicht, sich an den Kosten zu beteiligen, die nun entstehen werden. Wir müssen gegenüber dem GLKN klar unsere Forderungen formulieren. Wir brauchen aber zunächst einen Überblick über den Gebäudezustand und über die Möglichkeiten der Nachnutzung. Ich habe bereits erste Gespräche mit Landrat Zeno Danner gehabt und wir werden auch einen gemeinsamen Termin beim Regierungspräsidium machen.

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Für wie realistisch halten Sie denn, dass das neue Zentralkrankenhaus auf Radolfzeller Gemarkung gebaut wird?

Die Kriterien, die sowohl im Lohfert-Gutachten als auch vom Landrat definiert wurden – Zentralität, Größe, Erweiterbarkeit, gute Anbindung – erfüllen beide Radolfzeller Grundstücksvorschläge in hervorragender Weise. Es hätte mir Sorge bereitet, wenn die Grundstücksfrage einfach in einer Kreistagssitzung geklärt worden wäre. Ich finde den Weg mit einer ordentlichen Grundstückskommission, wie Zeno Danner es in die Wege geleitet hat, richtig und gut. Nun werden die unterschiedlichen Standorte von einem externen Büro geprüft.

Das Radolfzeller Krankenhaus (hier die Nordansicht vom neuen Pflegeheim aus gesehen) auf der Mettnau.
Das Radolfzeller Krankenhaus (hier die Nordansicht vom neuen Pflegeheim aus gesehen) auf der Mettnau. | Bild: Jarausch, Gerald

Ein MVZ, wie es sich die Freien Wähler wünschen, scheint dennoch nicht realisierbar. Es fehlt allein an Kassensitzen für Fachärzte. Was wären denn Ihre Ideen, Vorstellungen oder Wünsche für die Entwicklung in der medizinischen Versorgung für Radolfzell?

Ich erlebe eine starke Dynamik im Gesundheitsbereich in der Region. Wir haben mit dem Beitritt in den GLKN die medizinische Versorgung vor Ort in die Hände des Gesundheitsverbundes gegeben. Wie es sich entwickelt hat, sorgt jetzt für Frustration. Aber wir sollten der Bevölkerung kein Phantom-Projekt definieren, welches nicht zur Umsetzung kommt. Auch ein MVZ wird eine 24/7-Versorgung leider nicht gewährleisten können. Ein MVZ schließt zu den normalen Geschäftszeiten und hat abends, nachts, an den Wochenend- und Feiertagen nicht geöffnet. Ich sehe hierbei den GLKN in der Pflicht, für eine entsprechende Versorgung zu sorgen, und da sollten wir die Position von Radolfzell weiterhin energisch vertreten.

Obwohl das Krankenhaus-Thema so groß ist, wollten Sie sich lieber am Kindergarten in Möggingen treffen. Warum ist das aus Ihrer Sicht der bessere Treffpunkt?

Das hat einen ganz einfachen Grund: Leider gehört uns das Krankenhausgebäude nicht mehr. Sobald wir aber eine Perspektive für das Krankenhaus haben und es wieder im Einflussbereich der Stadt oder des Spitalfonds Radolfzell liegt, lade ich Sie gerne ins Krankenhaus ein.

Das werden wir uns merken!

Sie haben es ja jetzt auch aufgenommen.

Teil 2 des Interviews folgt am Mittwoch, 27. September. Darin spricht OB Gröger über die kommende Haushaltberatung, die Personalplanung der Stadt und wie er sich in Markelfingen eingelebt hat.