Die Zeitung am Morgen lesen, das ist für viele Menschen ein Teil ihrer täglichen Routine. Ob die neuesten politischen Entwicklungen in der Welt, Aktienkurse oder die Ergebnisse des Sports – an Neuigkeiten mangelt es in der Zeitung nicht. Was aber, wenn die bedruckten Seiten mehr als nur eine Quelle der Information sind?
Die Zeitung gleicht einem nützlichen Lehrmittel für das ganze Leben. Das ist die Auffassung von Werner Groffmann. Er leitet an der Volkshochschule in Radolfzell Orientierungskurse für Geflüchtete aus aller Welt. Zu seinen Lehrmaterialien gehören Bücher, Arbeitshefte und seit Neustem auch der SÜDKURIER.
Kurs setzt auf Themenvielfalt
„Der Orientierungskurs befasst sich damit, dass die Schüler in die Lage versetzt werden können, Deutsche zu werden“, beschreibt Groffmann das Konzept seines Kurses. Er setzt sich unter anderem aus Themen wie deutsche Geschichte, Politik, Wirtschaft, Kultur und Soziales zusammen.
„Im Detail geht es auch um Staatswesen, Verfassungsorgane und gesellschaftliche Sektoren wie Erziehung und Bildung“, führt Groffmann aus. „Und da kam mir die Idee, diese Themen mit meinen Schülern im SÜDKURIER aktuell mitzuverfolgen.“ So kontaktierte Groffmann das Konstanzer Medienhaus, das ihm anschließend für vier Wochen lang täglich und kostenlos die Zeitungs-Ausgaben zur Verfügung stellte. Mit großem Erfolg für die Schüler.
Was ihn besonders freut: „Die Schüler fangen an, in unsere Region hineinzuwachsen. Sie wissen, welche Vereine oder Institutionen es hier gibt. Wann welche Veranstaltungen stattfinden. Das ist ja wichtig für sie. Und da hat ihnen der SÜDKURIER sehr geholfen.“
Denn auch wenn Groffmann sagt, dass die Schüler mithilfe des SÜDKURIER ihren Wortschatz deutlich verbessert haben, stehe Sprachförderung nicht im Vordergrund des Kurses. „Wir nutzen den SÜDKURIER vielmehr als Mittel für Informationssuche und Recherchearbeit. Viele Einwanderer haben noch gar keinen richtigen Zugang zu deutschen Medien“, erklärt Groffmann. „Durch den SÜDKURIER bekommen sie mit, was in unserer Region und in ganz Deutschland überhaupt aktuell geschieht.“
Den Schülern hilft die Tageszeitung sehr
Das sehen auch die Schüler selbst so: „Ich finde es sehr interessant, den SÜDKURIER zu lesen. Es hilft mir sehr, auch bei Themen wie Job- und Wohnungssuche“ – so beschreibt die junge Ukrainerin Hanna Michkovska ihre Erfahrungen im Kurs und hält dabei eine Seite der lokalen Tageszeitung mit Immobilieninseraten hoch.
Doch wie genau integriert Groffmann die Zeitung in seinen Kurs? Ihm ist es wichtig, die vielfältigen Themen nicht nur theoretisch, sondern vor allem praktisch einbeziehen.
Regionale Verbundenheit aufbauen
Dazu stellt er Fragen wie „Wie wird das Wetter morgen?“, „Was wurde neulich im Bundestag beschlossen?“, „Welcher Film läuft morgen im ZDF?“. Die Schüler blättern danach durch die Zeitung und suchen nach der Antwort. „Daraus entstehen im Plenum interessante Gespräche, durch die alle etwas lernen können“, so Groffmann.
„Auch über die Region um Radolfzell lerne ich durch den SÜDKURIER viel“, sagt Alina Chupina, ebenfalls aus der Ukraine. „Dazu lerne ich immer neue Wörter kennen. Manche sind lang und kompliziert, aber dafür haben wir den Onkel Doktor.“ Onkel Doktor? Das klingt so, als ob auch ein Arzt am Kurs teilnehmen würde. Groffmann und die Schüler lachen. „Der Onkel Doktor ist in dem Fall kein Mensch, sondern viel mehr eine Lernstrategie“, so der Lehrer.

„Statt jedoch Patienten zu untersuchen, machen wir das mit Wörtern. Lange Vokabeln teilen wir in einzelne Abschnitte auf und sortieren diese nach Wortarten“, erklärt der Kursleiter.
Vier Wochen lang nutzte Groffmann die lokale Tageszeitung als Hilfsmittel für seine Schüler, die so bestens vorbereitet den Einbürgerungstest absolvieren können. Seine Bilanz ist mehr als positiv: „Das ist eine tolle Bereicherung gewesen. Es war eine ganz andere Art zu lernen, die über den Spracherwerb hinausgeht“, sagt Groffmann.