Noch vor wenigen Wochen beschwor der Radolfzeller Gemeinderat seine Einheit. In Sachen Krankenhaus-Nachnutzung, medizinischer Versorgung der Bevölkerung, Krankenhaus-Neubau und der Haltung gegenüber dem GLKN wolle man mit einer Stimme sprechen, als Einheit auftreten. Nun, diese Einheit wurde während einer Sondersitzung des Stiftungsrates auf eine harte Probe gestellt.
Freie Wähler wollen das Krankenhaus zurück – kostenlos
Die Sondersitzung wurde einberufen, um den Antrag der Freien Wähler und der FDP ausführlich diskutieren zu können. In diesem Antrag wollten die beiden Fraktionen maßgeblich die Position des Radolfzeller Spitalfonds gegenüber dem Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) vorgeben. Und zwar zum einen, dass der Spitalfond zum 1. Januar 2024 das Gebäude des ehemaligen Krankenhauses kosten- und lastenfrei zurück erhalten soll. Zum anderen, dass in Radolfzell ein Medizinisches Versorgungszentrum – mit Unterstützung des GLKN – gegründet werden soll.
Dass diese Forderungen weitaus komplizierter sind, als anfänglich erhofft, das ist auch den Antragsstellern bewusst. So wurde in der Sondersitzung schon erste Einschränkungen kommuniziert: Das Krankenhaus solle nur zurückgenommen werden, wenn für den Spitalfond keine erheblichen finanziellen oder steuerrechtlichen Nachteile entstünden.
Nicht über den Inhalt, sondern den Antrag wird diskutiert
Doch zur inhaltlichen Debatte dieser Punkte kam es während der Sondersitzung gar nicht. Denn ein Gegenantrag der Freien Grünen Liste bremste den Antrag der Freien Wähler/FDP jäh aus. Dieser lehnte die Forderungen in allen Punkten ab und plädierte dafür, erst die finanziellen, bilanziellen und steuerlichen Voraussetzungen zu prüfen. Das weitere Vorgehen wolle man erst nach der Sommerpause in der Sitzung vom Dienstag, 26. September, besprechen. Die Fraktionen der FGL, CDU und SPD folgten diesem Vorschlag und überstimmten die Freien Wähler und die FDP.

In der Diskussion taten sich zwei Lager auf, die im Kern das selbe Ziel verfolgen, nur eben auf unterschiedlichem Weg. Dietmar Baumgartner, Fraktionssprecher der Freien Wähler, sah sich als Sprecher der Bevölkerung. Die Freien Wähler hätten viele Stimmen von Radolfzellerinnen und Radolfzeller eingeholt, eine eigene Veranstaltung zum MVZ abgehalten und so Wünsche herausgehört. Der Auftrag aus der Bürgerschaft laute, das Krankenhaus-Gebäude zurück in den Besitz des Spitalfonds zu holen und ein MVZ einzurichten. Das sei es, was den Menschen wichtig sei, dafür setze er sich ein. Fraktionskollege Gabriel Deufel sah in diesem Antrag auch ein Signal in Richtung des GLKN. „Wir können uns da nicht immer so unterbuttern lassen“, so Deufel.
Baumgartner fordert Transparenz
Auch geht es Baumgartner um Transparenz. Etwas, was Radolfzeller Bürger in der Causa Krankenhaus schmerzlich vermisst haben. „Diese Sitzung war erst nicht-öffentlich geplant, das können wir so nicht machen“, so der Fraktionssprecher der Freien Wähler. Radolfzeller hätten ein Recht zu erfahren, wie es mit dem Krankenhaus weitergehe. Und deswegen habe er auf eine öffentliche Sitzung bestanden.
Auf der anderen Seite stand Siegfried Lehmann, Fraktionssprecher der FGL. Er erinnerte an die weitreichenden Verflechtungen des GLKN mit den anderen Kommunen und dass erst zu klären sei, wer was eingebracht habe und wo noch welche Kosten offen seien. Sich jetzt schon auf solche Forderungen zu versteifen, würde die Verhandlungsposition des Spitalfonds gegenüber des GLKN schwächen.

Denn das eigentliche Ziel sei es schließlich, das Zentralkrankenhaus auf Radolfzeller Gemarkung bauen zu lassen und so langfristig wieder für eine ortsnahe medizinische Versorgung zu sorgen. „Dieser Antrag ist fahrlässig, er streut Bürgern Sand in die Augen“, attestierte Lehmann.
Ein MVZ wird das Krankenhaus nicht ersetzen
Und auch der Wunsch nach einem MVZ kam bei Lehmann nicht gut an. „Ein MVZ ist kein kleines Krankenhaus, dieses Bild sollten wir nicht zeichnen“, so Lehmann. Eine Notfallversorgung am Abend oder am Wochenende könnte auch ein MVZ nicht abdecken. Das Problem sei, dass die Ambulanzen in Konstanz und Singen überlastet seien, doch daran könne auch ein MVZ nichts ändern.
Außerdem seien Medizinische Versorgungszentren in der Regel an ein Krankenhaus angegliedert, es diene als Portal zum Krankenhaus. Ein MVZ ohne Krankenhaus mache wirtschaftlich auch für die Ärzte wenig Sinn.
Norbert Lumbe (SPD), wie so oft der Mediator bei schlechter Stimmung im Ratssaal, beschwor die einst versprochene Einheit in dieser Sache. „Ich verlange von jedem, dass wir uns zuhören“, mahnte Lumbe seine Ratskollegen. Im Grunde habe man doch das selbe Ziel. Und das sei eine gute medizinische Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger von Radolfzell. Die nächste Debatte dazu wird in der Sitzung am 26. September stattfinden. Auch steht noch die finale Entscheidung aus, wo das neue Zentralkrankenhaus gebaut werden soll.
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