Es gibt sie wieder – die beliebte Sommerakademie, die im letzten Jahr wegen der Pandemie pausieren musste. „Sie hatte jährlich 3000 Besucher und ist ein Höhepunkt des Kulturlebens unserer Stadt“, wie OB Martin Staab in seinem Grußwort sagte.

Aus 13 verschiedenen Nationen stammen die 23 Studenten, die in zehn Tagen am Bodensee wichtige Impulse für ihre musikalische Entwicklung erhalten und sich in Abendkonzerten einem Publikum präsentieren können.

Doch erst einmal waren die drei Dozenten Anke Dill (Violine), Gustav Rivinius (Violoncello) und Carmen Piazzini (Klavier) selbst gefordert. Denn sie durften beim Eröffnungskonzert den Zuhörern im gut besuchten Milchwerk Kostproben ihres Könnens geben.

Dank mit Blumen für ein gelungenes Eröffnungskonzert an (v.l.): Anke Dill (Violine), Gustav Rivinius (Cello) und Carmen Piazzini (Klavier)
Dank mit Blumen für ein gelungenes Eröffnungskonzert an (v.l.): Anke Dill (Violine), Gustav Rivinius (Cello) und Carmen Piazzini (Klavier) | Bild: Pantel, Veronika

Das sollte anlässlich der Heimattage einen Bezug zu Radolfzell herstellen, was nicht so leicht war. Immerhin ist die Tante des Komponisten Jörg Widmann, dessen Werke gespielt wurden, Radolfzellerin. Sie war am Abend auch anwesend.

Das Programm hatte es in sich: Neben zwei Beethoven-Werken waren mit Wolfgang Rihms Fremde Szenen III von 1983/84 und den Duos für Violine und Cello (2008) von dessen Schüler Jörg Widmann markante Beispiele Neuer Musik am Start.

Musik für alle Sinne

Rihm nennt seine Fremde Szenen „Versuche für Klaviertrio“ und Dozent Rivinius erläuterte, man dürfe sich durchaus einen Lagerraum mit alten Möbeln vorstellen, in dem es spuke, denn ständig passiere Überraschendes.

Tatsächlich schaffen hohe Flageoletts, Klagecluster, lange und schrille Zitterpassagen und wüste Hammerschläge eine ebenso mystisch aufgeladene wie bedrohliche Atmosphäre. Eruptiven Ausbrüchen sind im ersten Teil immer wieder die Zügel angelegt, als traue man der Wucht der Emotionen nicht – sie dürfen sich erst später kraftvoll ausleben.

Sehnsucht nach der Heimat spürbar

Jörg Widmanns „Duos für Violine und Violoncello“ hat er in Dubai komponiert und die Sehnsucht nach der Heimat höre man heraus, wie Gustav Rivinius erklärte.

Von den 24 Duos hatten die Dozenten elf ausgewählt und präsentierten die Miniaturen mit Hingabe, sichtlichem Spaß und im perfekten Zusammenspiel. Mal versonnen, offen und unaufgelöst, mal schroff und aggressiv, dann verstimmt klagend oder ängstlich- zitternd tauchen die Duos ins Wechselbad der Gefühle.

Anklänge an einen bayrischen Walzer schrieb Widmann mit einem Augenzwinkern und eine englische kleine Toccata beschließt den köstlichen Reigen.

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Beethovens Es-Dur Klaviertrio, op. 70,2 kommt ganz leichtgewichtig daher, ohne simpel zu wirken. Musik zum Entspannen und Ausatmen ist das, von den Dozenten schwungvoll dynamisch gestaltet. Die häufigen Wiederholungen bergen Ohrwurmqualitäten, sodass das Publikum gut gelaunt in den Abend ging.

Die Sommerakademie

Ab dem 6. August gibt es die täglichen Abendkonzerte der Studierenden jeweils um 19.15 Uhr im Großen Saal des Milchwerks. Die Open-Air-Konzerte auf dem Gerberplatz oder am Mettnausteg entfallen in diesem Jahr, auch wegen der unsicheren Wetterprognosen.

Am 11. August folgt das Abschlusskonzert mit ausgewählten Teilnehmern der Meisterkurse. Geldpreise für überragende künstlerische Leistungen werden an diesem Abend vergeben.