Das Lächeln fällt ihm mittlerweile manchmal schwer, wenn Simon Gröger ins Rathaus kommt. Die vierte Welle der Corona-Pandemie mit Rekord-Infektionszahlen, der Krieg in der Ukraine, das vernichtende Krankenhausgutachten – und das alles in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit als neuer Oberbürgermeister von Radolfzell. Kein einfacher Start für den 36-Jährigen.

„Ich bin sehr stolz auf das Team im Rathaus, zusammen können wir das alles meistern“, sagt er optimistisch. Viel hatte er sich im Wahlkampf vorgenommen und stößt jetzt doch etwas an die Grenzen des Machbaren. „Es sind so viele Themen, Termine und Aufgaben, ich lerne jeden Tag dazu“, beschreibt er seinen Alltag. Doch sei er noch voll positiver Energie: „Ich freue mich auf die Zukunft in Radolfzell.“

Ins Rathaus trudeln wieder Bewerbungen ein

Neben der neuen Verwaltungsphilosophie und Rathausstruktur hat er sein bereits angekündigtes Klimaschutzkonzept in Arbeit. Das Konzept soll erstmals in der nächsten Gemeinderatssitzung besprochen werden. Aktuell wird ein Leiter für das Dezernat 3 mit dem klingenden Namen nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität gesucht. Es seien einige vielversprechende Bewerbungen aus ganz Deutschland eingegangen, verrät Gröger. Sein Ziel, das Radolfzeller Rathaus zu einem begehrten Arbeitsplatz zu entwickeln, scheint er näher gekommen zu sein.

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Der ehemalige Wirtschaftsförderer der Stadt Tuttlingen hat sich auch in Radolfzell das Thema Wirtschaftsförderung auf die Fahne geschrieben und erste Gespräche im Landeswirtschaftsministerium geführt. Ziel sei es, die Unternehmen vor Ort zu unterstützen, die Infrastruktur für die Wirtschaft zu verbessern und neue Unternehmen anzusiedeln. „Eine höhere Gewerbesteuer wird auch die Haushaltslage der Stadt auf Dauer stabilisieren“, sagt Gröger. Die bereits angesiedelten Firmen höher zu besteuern, lehnt der OB ab.

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Stabstelle Krisenmanagement trifft sich täglich

Doch im Moment diktiert die aktuelle Nachrichtenlage das Arbeiten im Rathaus. Die Stabstelle Corona und Krisenmanagement tage mittlerweile täglich, um die Änderungen bei den Corona-Maßnahmen vorzubereiten und um die Hilfe für die Geflüchteten aus der Ukraine zu koordinieren. Die bereits angekommenen Menschen seien in Privatwohnungen und im Naturfreundehaus untergebracht, berichtet Gröger. Mit dem Landratsamt stehe man im guten Austausch, doch sei von dort klar kommuniziert worden, dass die Erstaufnahmestelle des Landkreises vermutlich schnell voll sein würde.

Doch Simon Gröger ist es wichtig, dass die Stadt sich trotz aller Krisen weiterentwickelt. Auch wolle er seine Wahlkampfversprechen auch nach den ersten hundert Tagen im Blick behalten. Eines möchte er bald einlösen und bei der Haushaltsberatung in den Ortschaftsräten persönlich anwesend sein. Ihm sei wichtig, die Wünsche und Bedürfnisse der Ortsteile aus erster Hand zu hören und auch emotionales Stimmungsbild mitzunehmen, erklärt Gröger. Ein Innenstadtkonzept sei ebenfalls aktuell in Arbeit und werde gerade von Nina Hanstein, Geschäftsführerin der Tourismus- und Stadtmarketing GmbH, erstellt. Um die Schulen bei der Digitalisierung zu unterstützen, sei eine neue Stelle geschaffen worden.

Krankenhaus erhitzt die Gemüter

Und dann ist da noch die Sache mit dem drohenden Aus für das Radolfzeller Krankenhaus. Da habe es bereits eine nicht-öffentliche Gemeinderatssitzung gegeben. „Auch im Gemeinderat herrscht große Enttäuschung über die Erkenntnisse des Gutachtens und die deutlichen Aussagen, die in der Pressekonferenz des Gesundheitsverbunds getätigt wurden“, fasst Gröger die Stimmung zusammen. Radolfzell wolle sich aktiv in die Suche nach einem geeigneten Standort für eine neue Klinik mit einem passenden Grundstück einbringen und das Krankenhaus vor Ort so lange wie möglich erhalten.

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Was den OB am meisten belastet, ist die Pendelei. Noch immer sucht Familie Gröger eine geeignete Wohnung oder Haus in Radolfzell. Bis das gefunden ist, verbringt der OB täglich zwei Stunden von Wurmlingen nach Radolfzell und zurück im Auto. Das knapst viel an Zeit ab, die er gerne für seine Familie hätte: „Die letzten 100 Tagen waren wie ein Marathon, ich hätte gerne mehr geschafft, aber es ist so viel zu tun.“