Seit Januar greift in Deutschland die neue Wohngeldreform. Das bedeutet: Mehr Berechtigte, und mehr Geld – bis zu 370 Euro zusätzlich. Doch kommt das überhaupt bei den Betroffenen an? Die „Tagessschau“ berichtete vor Kurzem, dass sich in vielen Kommunen, die für die Bearbeitung zuständig sind, die Anträge stauen. Denn in Zeiten gestiegener Energiekosten und hoher Inflation seien immer mehr Menschen auf die Unterstützung angewiesen. Die Bundesregierung kalkuliere mit dreimal so vielen Berechtigten wie zuvor. Wie ist die Lage in Radolfzell?
Noch im Januar konnte die Radolfzeller Stadtverwaltung nicht abschätzen, wie sich die Gesetzesänderung vor Ort auswirken würde. Anfang März antwortet Pressesprecherin Nicole Rabanser auf erneute SÜDKURIER-Anfrage: „In 2023 wurden bisher 227 Anträge gestellt, davon 72 Neuanträge.“ Das seien deutlich mehr als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. So seien zwischen 1. Januar und 28. Februar 2022 lediglich 72 Anträge gestellt worden, nur 19 davon seien Erstanträge gewesen. Das ist eine Steigerung der Erstanträge um 279 Prozent.
14 Tage Bearbeitungszeit bei Anträgen
Die Folge: Aktuell gebe es laut Rabanser noch unbearbeitete Anträge, die Bearbeitungszeit dauere bis zu 14 Tage. Denn „über einen Antrag kann erst entschieden werden, wenn alle notwendigen Unterlagen vorliegen“, wie sie erklärt. Ansonsten könnte bei einer späteren Überprüfung eine Rückzahlung auf die Empfänger zukommen.
Mieter und Eigentümer können profitieren
Das Wohngeld wird entweder als Mietzuschuss oder als Lastenzuschuss gezahlt. Den Mietzuschuss bekommen auf Antrag Mieter einer Wohnung, Untermieter oder auch Heimbewohner. Vom Lastenzuschuss können hingegen Eigentümer profitieren, wenn sie ihren Wohnraum selbst nutzen, um dafür die Kosten – also Lasten – tragen zu können. Berücksichtigt werden dafür unter anderem Ausgaben für Zins und Tilgung bei Krediten, Instandhaltungskosten, Grundsteuer, Versicherungsbeiträge und Verwaltungskosten.
Zudem sind im neuen Wohngeld eine dauerhafte Heizkostenkomponente und eine Klimakomponente enthalten.
Wer ist berechtigt, Wohngeld zu bekommen?
Abhängig ist die Berechtigung vom Einkommen, das unter einer Bemessungsgrenze liegen muss. Unter welchen Voraussetzungen Antragsteller profitieren können, sei laut Nicole Rabanser sehr komplex – und müsse daher ausgiebig geprüft werden. Der Grund: Das Wohngeld geht an ganze Haushalte, nicht an Einzelpersonen. „Und Haushalte sind sehr individuell“, so Rabanser.
Weiter erklärt sie: „Die Höhe des Wohngeldes ist dabei abhängig vom Vermögen, den Einkünften aller im Haushalt lebenden Personen und den entsprechenden Abzügen, wie zum Beispiel Schwerbehinderung, Bewerbungskosten, ob jemand alleinerziehend ist, und der Steuerpflicht.“ Bei der Beratung und Bearbeitung von Anträgen sei daher Fachwissen nötig.
Grundsätzlich gelte aber: Die Bemessungsgrenzen sind durch die Reform gestiegen, und je mehr Personen im Haushalt leben, desto mehr steigen die Einkommensobergrenzen prozentual an. Zudem gelte grob, dass Personen, die den Mindestlohn oder eine Rente in dieser Höhe erhalten, das Wohngeld wahrscheinlich in Anspruch nehmen können. Im Einzelfall sei jedoch eine individuelle Beratung und Prüfung notwendig.