Wer ein Tier besitzt, der muss seit Mitte November tiefer in die Tasche greifen: Es gibt eine neue Gebührenordnung bei Tierärzten, Behandlungen für Katze, Hund und Co. kostet seither mehr. Das ist schwierig für alle, die für die Versorgung ihres eigenen Tieres aufkommen müssen – aber auch für Tierheime, die zahlreiche Schützlinge in ihrer Obhut haben.
„Für Fundtiere und Abgabetiere zahlen wir die Tierarztkosten“, erklärt die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Julia Bierbach, was das Tierheim Radolfzell übernimmt. Und die Liste an Behandlungen ist lang: So werden neu hinzukommende Tiere zunächst untersucht „und in der Regel dann gechipt, kastriert, geimpft, entwurmt und entfloht“, listet Bierbach auf.
Je nach Zustand des Tieres könnten danach weitere Behandlungen anfallen. Und dann müssen auch Medikamente bezahlt werden. Außerdem ist der Verein unterwegs, um wildlebende Hauskatzen ohne Besitzer einzufangen und kastrieren zu lassen.
Viele Kosten nehmen zu
„Das ist etwas, wo wir uns mit dem Tierarzt zusammensetzen und gucken müssen, wie viel das kostet“, sagt Julia Bierbach. Denn der Tierarzt komme dem Tierheim zwar schon entgegen, doch der finanzielle Druck wächst nun trotzdem. Denn auch an anderen Stellen haben Kosten zugenommen.
Schon vor Monaten berichtete die Vorsitzende des Tierschutzvereins, dass auch die steigenden Heizkosten und die Anhebung des Mindestlohns finanziell belasten. „Das ist, als ob man noch eine weitere Person angestellt hätte“, vergleicht Julia Bierbach den Anstieg der Personalkosten.
Bezüglich der Heizkosten habe es vom Deutschen Tierschutzbund zwar eine finanzielle Hilfe gegeben, eine „Einmalzahlung bis Dezember“, so Bierbach. „Aber was nächstes Jahr kommt, wenn es eigentlich ans Heizen geht, wissen wir noch nicht.“
Spendenbereitschaft hat abgenommen
Es wird also an mehreren Stellen teurer. „Und das Einkommen ist deshalb ja nicht höher“, erzählt Julia Bierbach. Im Gegenteil: Die Spendenbereitschaft habe abgenommen, das berichtete Bierbach schon vor Monaten. „Wir bekommen schon immer noch etwas“, so die Vorsitzende des Tierschutzvereins. „Aber es geht deutlich zurück, gerade, was Geldspenden angeht.“ Aber auch Futterspenden fehlen. Das Tierheim müsse daher selbst Futter ankaufen, das auch teurer geworden sei.
Und auch an anderer Stelle gibt es weniger Einnahmen: Bei den Vermittlungen. Für diese erhebt das Tierheim Gebühren. Doch die Tiere, die das Tierheim aufnimmt, bleiben zum Teil viel länger als früher.
Tiere bleiben nicht Wochen, sondern Monate
Vor allem bei den Hunden falle das auf. Früher seien diese in der Regel drei bis vier Monate im Tierheim Radolfzell geblieben. „Jetzt haben wir Tiere, bei denen eineinhalb Jahre keine Seltenheit sind“, so Bierbach. Denn viele Tiere, die gefunden oder beschlagnahmt und beim Tierheim abgegeben werden, haben spezielle Bedürfnisse, brauchen etwa viel Arbeit mit einer Tiertrainerin. So lange belegen sie Plätze im Tierheim.
Woran das liegt, können Julia Bierbach und Tabitha Schmidt vom Tierheim nicht sagen. Fest steht aber: Die Versorgung der Tiere kostet Geld und weil sie so lange nicht vermittelt werden, fehlen Einnahmen. Und die Vermittlungsgebühren würden ohnehin nur die Ausgaben decken, die das Tierheim zuvor für die Tiere gemacht hat – zumindest bisher.
Gebühren einfach anheben? Schwierig
„Eigentlich müssten wir die Vermittlungsgebühren drastisch anheben, aber wer zahlt die dann noch?“, sagt Julia Bierbach. Denn seien sie zu hoch, bestehe die Gefahr, dass lieber Tiere im Internet gekauft werden – unter Umständen bei nicht seriösen Händlern.
Der finanzielle Druck bleibt also – auch wenn Julia Bierbach betont, das Tierheim Radolfzell sei im Gegensatz zu vielen anderen Einrichtungen nicht existenzbedroht. „Wir haben gut gewirtschaftet“, sagt sie. „Aber es wird kommen, dass es auch für uns schwierig wird.“ Um zu sparen, werden etwa Handwerkerarbeiten am Tierheim von Mitgliedern übernommen, außerdem putze man selbst und kümmere sich um Büroarbeiten wie Rechnungen. „Dankbar sind wir für die vielen, vielen Helfer“, betont Julia Bierbach.
Petition richtet sich an Politik
Zudem gibt es Hoffnung, dass vielleicht auch die Regierung unter die Arme greift: Im Internet läuft derzeit eine Petition, die sich an Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, richtet. Darin wird ein Rettungsschirm für Tierheime und Tierschutz-Organisationen gefordert. Unterschrieben haben bislang mehr als 28.400 Personen und Gruppen, auch das Tierheim Radolfzell. „Wir hoffen natürlich, dass da vielleicht etwas auf politischer Ebene getan werden kann“, sagt Julia Bierbach.