Für das Tierheim Radolfzell ist die aktuelle Zeit keine leichte. Es brennt gleich an mehreren Ecken. Wie sich im Gespräch mit der Vorsitzenden des Tierschutzvereins, Julia Bierbach, der stellvertretenden Tierheimleiterin Tabitha Schmid und der Angestellten Natascha Kramer zeigt, haben die Mitarbeiter mit vielen Schützlingen, einer angespannten Personalsituation und gestiegenen Kosten alle Hände voll zu tun.

„Wir sind eigentlich immer randvoll“

Laut Julia Bierbach landen derzeit zahlreiche Tiere im Radolfzeller Tierheim. „Wir werden regelrecht überrannt“, schildert sie. „Wir sind eigentlich immer randvoll.“ Im April und Mai wurden zum Beispiel auf einen Schlag 38 Hunde aus beschlagnahmten Transportern im Tierheim abgegeben. Dabei fehlt es dort schon seit längerer Zeit an Platz, schon länger ist man auf der Suche nach einem neuen Standort.

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Die drei Frauen vermuten, dass der unüberlegte Kauf von Tieren zugenommen hat – also dass die Besitzer sich vorab nicht genügend Gedanken machen, ob sie wirklich für die Tiere sorgen können und wollen. Hinzu komme, dass es durch das Fehlen einer Kastrationspflicht immer mehr Katzenbabys gebe. „Von Jahr zu Jahr steigert sich das“, schildert Natascha Kramer. Und seit dem vergangenen Jahr ist der Tierschutzverein Radolfzell auch für den Raum Stockach zuständig. „Das merkt man auch noch“, so Tabitha Schmid.

Die Notfälle nehmen zu

Doch nicht nur die bloße Menge an Tieren ist eine Herausforderung. „Es sind auch viele Notfälle“, sagt Julia Bierbach. Zum Beispiel Hunde, die schwerer zu handhaben sind. Laut Tabitha Schmid bedeuten sie für die Tierheim-Mitarbeiter einen größeren Aufwand. Zum einen können sich die ehrenamtlichen Helfer nicht um die Tiere kümmern, weil sie von erfahrenen Pflegern versorgt werden müssen. Zum anderen müsse mehr Zeit in Training investiert werden.

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Dabei fehlt es zur Zeit an Arbeitskraft – zum Glück jedoch nur vorübergehend. Wie Julia Bierbach berichtet, bekommt das Tierheim Radolfzell künftig eine 70-Prozent-Kraft sowie zwei Minijobber und ab dem kommenden Frühjahr eine ausgelernte Tierpflegerin. „Da besetzen wir bestehende Stellen neu“, so die Vorsitzende des Tierschutzvereins.

Für Mira wird eine Operation bezahlt

Nicht nur schwerer zu handhabende Tiere sorgen für Herausforderungen. Hündin Mira hat ein ganz anderes Problem: Sie kommt aus Rumänien und durch die Beschlagnahmung eines Transporters nach Radolfzell. Die Hündin hat viel erlebt, obwohl sie noch keine zwei Jahre alt ist. „Sie hat ein zerschmettertes Knie, das ihr wirklich Schmerzen bereitet“, schildert Tabitha Schmid. „Das wird operiert werden müssen.“ Unklar sei noch, ob ihr Fuß gerettet werden kann.

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Die Kosten für die Operation übernimmt das Tierheim Radolfzell. Wie hoch sie ausfallen werden, kann Schmid noch nicht sagen, sie würden sich aber definitiv im vierstelligen Bereich bewegen. Zudem müsse die Hündin geröntgt werden, um mögliche Fehlbelastungen feststellen zu können. Im Anschluss wird für Mira ein Haushalt gesucht, in dem sie bleiben kann, um sich dort zu erholen – idealerweise dauerhaft, auf jeden Fall aber als Pflegestelle.

Doch hier beginnt das nächste Problem des Tierheims: Denn wie Julia Bierbach erzählt, sei die Vermittlung derzeit sehr zäh. „Adäquate Interessenten fehlen.“ Und Mira braucht aufgrund ihrer gesundheitlichen Umstände auch noch einen Haushalt, in dem sie sich ebenerdig bewegen kann.

Spenden gehen auch zurück

Neben Miras Operation kostet das Tierheim aber auch die Versorgung der anderen Schützlinge „immenses Geld“, so Julia Bierbach. Die Tiere müssen unter anderem geimpft und kastriert werden, außerdem muss Futter bezahlt werden. Früher habe das Tierheim kaum selbst Futter beschaffen müssen, dieses sei zum Großteil gespendet worden. „Aber die Spenden gehen auch zurück“, erzählt Bierbach. Hinzu kommen gestiegene Lohnkosten „und auch die Energiepreise spüren wir deutlich“, so die Vorsitzende des Tierschutzvereins.

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Helfen würden die Spenden, die weiterhin eingehen. Und das Tierheim habe vorgesorgt: „Wir haben so gut gewirtschaftet in den letzten Jahren, dass wir Geld sparen konnten“, sagt Bierbach.