In die langersehnte Böhringer Ortskernentwicklung kommt Bewegung. Wie Stadtplaner Thomas Nöken jüngst dem Ortschaftsrat berichtete, ist es OB Simon Gröger an der Klausursitzung des Gemeinderates im September gelungen, das Gremium für das Sanierungsvorhaben „Ortsmitte Böhringen“ an Bord zu holen.

Ein Millionenprojekt

Bei der Neupriorisierung des Invesititionsprogramms für die kommenden Jahre war nach dem Wechsel an der Verwaltungsspitze die Ortsentwicklung Böhringen als eines von neun Schlüsselprojekten definiert worden. Im Entwurf des Investitionsprogramms 2023 bis 2027 und die folgenden Jahre sollen dafür nun 14,4 Millionen Euro bereitgestellt werden, wofür der Gemeinderat seine Zustimmung signalisiert hat. 60 Prozent der förderfähigen Kosten sollen aus dem Programm für städtebauliche Erneuerung und Entwicklung bezuschusst werden.

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„Das Gesamtvolumen für die Sanierungsmaßnahmen wird sicher mehr werden, aber in den Folgejahren können auch Aufstockungsanträge gestellt werden“, erklärte Thomas Nöken. Neben Ausgaben entstünden zudem auch Einnahmen durch Areale, die an Investoren und verschiedene Bauherren verkauft würden. Am 6. Oktober fand eine Begehung mit dem Gemeinderat statt. Der Antrag für die Aufnahme ins Landessanierungsprogramm (LSP) soll nach der anstehenden Entscheidung des Gemeinderates, in den folgenden Tagen gestellt werden.

Anträge zuletzt gescheitert

In den vergangenen Jahren, zuletzt 2017, hatte die Verwaltung mehrfach Anträge auf Aufnahme des Projekts ins LSP gestellt. Sie scheiterten aber daran, dass die notwendigen Komplementärmittel nicht in die Haushaltsplanung eingestellt wurden. Entsprechend groß ist nach den vielen Bürgerbeteiligungen und intensiven Diskussionen im Ortschaftsrat seit 2012 der Unmut und die Ungeduld in der Bevölkerung.

„Wir sind sehr optimistisch, dass die Zusage im Frühjahr kommt“, so Thomas Nöken. Denn zum einen sei es bedingt durch die gescheiterte Seetorquerung schon zehn Jahre her, dass die Stadt ein Sanierungsgebiet auf den Weg und zum Abschluss gebracht habe. Zum anderen hätten sowohl das Regierungspräsidium Freiburg, wie auch die Vertreter des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg bei einer Begehung mit OB Simon Gröger im August die Förderwürdigkeit der geplanten Maßnahmen betont, nachdem ihnen einerseits die vielen leer stehenden Gebäude und der Modernisierungsrückstau in Böhringen, andererseits aber auch die Chancen einer Dorfsanierung aufgezeigt worden seien.

Auch, dass Böhringen sich im vergangenen Jahr am Modellprojekt „Ortsmitte Böhringen – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestalten“ beteiligte und dabei die Eckpunkte des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK) abermals bekräftigte, habe den Ministerien gezeigt, dass alle hochmotiviert sind.

Was geplant ist

Das Kernprojekt der Planung ist ein Dorfgemeinschaftshaus mit Mehrzwecksaal in der Fritz-Kleiner-Straße. Es soll die Ortsverwaltung und die Bücherei beherbergen, einen Ersatz für den Musikpavillon bieten, Vereinsnutzungen ermöglichen und die im ganzen Ort verteilten verschiedenen Akteure und Funktionen zusammenführen, um Synergien zu erzeugen.

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Das bereits vor vier Jahren abgefragte Raumprogramm soll auf den Prüfstand gestellt und noch bis Jahresende ein Testentwurf erstellt werden. Angedacht war für den Bau des Gemeinschaftshauses das landwirtschaftliche Anwesen Fritz-Kleiner Straße 3 abzureißen. Aus Denkmalschutzgründen müsse aber Ziel sein, das Gebäude mit einer Bauhistorie bis ins 17. Jahrhundert zu erhalten, so Thomas Nöken. Es gelte nun zu prüfen, ob weite Teile des Gemeinschaftshauses dort unterzubringen sind.

Das Areal südlich dieses Anwesens, der versteckte und bisher hauptsächlich als Parkplatz genutzte Dorfplatz, soll eine attraktive Gestaltung mit hoher Aufenthaltsqualität erhalten. Die Planung sieht dafür den Abriss des ehemaligen Schlachthauses vor. Für das Dorfgemeinschaftshaus und den Dorfplatz wolle man einen beschränkt offenen Planungswettbewerb ausschreiben, in dem auch die Stellplatzanforderungen formuliert werden.

Nachdem das Feuerwehrhaus aufgegeben und ein Neubau an anderer Stelle realisiert werden soll, müsse überlegt werden wie dieses Kulturdenkmal künftig genutzt werden könne. Das Rathaus als identitätsstiftendes Gebäude in Böhringen soll erhalten bleiben. Es biete sich die Chance, nach dem Auszug der Ortsverwaltung das Areal samt Musikpavillon zu einem Nahversorgungsbereich zu entwickeln.

Altwerden im Dorf steht im Vordergrund

Auch der Mühlbach soll renaturiert und stärker erlebbar gemacht werden. Nördlich der Fritz-Kleiner-Straße ist die Schaffung von Wohnraum primäres Ziel. Das Thema „Altwerden auf dem Dorf“ soll hier im Vordergrund stehen. Für Böhringer Senioren, die beispielsweise ihre zu groß gewordenen Einfamilienhäuser aufgeben und in ihrem Heimatdorf bleiben wollen, soll im Zentrum des Ortes eine attraktive Wohnstätte, eventuell mit einem Stützpunkt für ambulante Pflege, geschaffen werden. Man werde auch noch Gespräche mit der Kirche darüber führen, was mit dem Pfarrsaal geschehen soll, kündigte Nöken an, der sich ein städtebauliches Konzept für den ganzen Bereich vorstellen könnte.

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„Im Idealfall, wenn alles gut läuft, könnte mit dem Bau des Gemeinschaftshauses 2025 begonnen werden“, so der Stadtplaner auf Nachfrage aus dem Rat. Auch Ortsvorsteher Bernhard Diehl zeigte sich zuversichtlich. Er dankte der Verwaltung, dass sie nochmal richtig Gas gegeben habe, damit ein mit dem Fördergeber abgestimmter Antrag auf Programmaufnahme 2023 gestellt werden kann. Der Ortschaftsrat billigte das Entwicklungskonzept (ISEK) und den Antrag einstimmig.