Heinz Dieringer sitzt in seinem Wohnzimmer in Liggeringen. „Hier vor der Haustür ist die Luftmine runter“, sagt er. Die Rede ist vom 21. Juni 1943, als das Dorf von einem Bombenangriff getroffen wurde. Fast alle Häuser im Ort wurden beschädigt, einige vollends zerstört. Dieringer weiß das, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nie auch nur einen Fuß in nach Liggeringen gesetzt hatte.
Erst zwei Jahre später, 1945, nach der Entlassung aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft, verschlägt es den damals 18-Jährigen aus der Lausitz an den Bodensee. Was er damals von der Gegend wusste war lediglich, dass sie nahe der Schweiz liegt und landschaftlich attraktiv ist. Doch er fand Anschluss, lernte seine Frau kennen. Durch sie ist auch er indirekt mit dem schicksalhaften Tag im Jahr 1943 verbunden. Denn sie verlor Vater, Mutter und zwei Schwestern bei dem Angriff. Und sie hat ihm erzählt, wie diese Nacht ablief.
Angriff, als die Bewohner schliefen
Eine klare Nacht, erleuchtet vom Mond, sei es gewesen. Ein Geschwader von 60 Bombern aus England starteten in Richtung Friedrichshafen. Durch ein Unwetter über Nordfrankreich wurde eines der Flugzeuge vom Rest getrennt. Dessen Pilot habe sich dann wohl entschieden, seine Ladung über dem Dorf abzuwerfen – mit den Bomben hätte er nicht sicher landen können. Die Bewohner von Liggeringen traf das unerwartet, sie schliefen: „Es war ein Ernte-Tag, die haben alle geschafft“, erzählt Dieringer.
Von dem zerstörten Haus, in dem Dieringers Frau wohnte, waren auch noch Jahre nach dem Angriff nur Trümmer übrig. Die Häuser, die noch repariert werden konnten, wurden von Bautrupps aus Radolfzell wieder hergerichtet, erzählt Dieringer. Die völlig zerstörten seien dagegen noch lange in diesem Zustand dagestanden.
Schwere Zeiten für Fremde
Für viele Bewohner von Liggeringen, die vor den Ruinen ihrer Häuser standen, war die Zeit nach dem Luftangriff schwierig. Aber auch als Fremder sei es damals nicht einfach gewesen. Als ehemaliger deutscher Soldat unter der französischen Besatzung noch weniger. „Da waren Sie der letzte Dreck“, sagt Dieringer. Oft seien Papiere zerrissen worden, sein Entlassungsschein sei einfach weggeworfen worden. „Es war kein guter Anfang, hier als Fremder anzukommen.“
Das Haus, das der Familie seiner Frau gehörte, hat Heinz Dieringer selbst wieder aufgebaut. Dabei gab es neben der finanziellen Hürde auch einige praktische Schwierigkeiten. Es habe etwa nur einen Traktor im Dorf gegeben, mit dem die vielen Trümmer weggeräumt werden konnten.
Gleich nach der Währungsreform von der Reichsmark zur D-Mark im Jahr 1948 sei mit dem Abriss der Ruine begonnen worden. 1950 konnte Dieringer mit seiner Frau einziehen, noch heute wohnt er in dem Haus. „Wie ich das geschafft habe, weiß ich nicht“, sagt er in Gedanken an diese Zeit und die Schwierigkeiten beim Wiederaufbau. Nur mit viel Zusammenhalt sei das möglich gewesen.