Zeit ist relativ. Das wusste nicht nur Albert Einstein, das weiß auch jeder, der in der Stadtverwaltung tätig ist. Radolfzeller Eltern ging es gar nicht schnell genug, dass eine Lösung für die verkürzten Kita-Zeiten gefunden wurde. Die Stadtverwaltung sieht ihre Vereinbarung mit den Maltesern, die in zwei Pilot-Kitas mit einer Spielezeitbetreuung ab dem kommenden Kita-Jahr starten werden, jedoch als eigentlich ziemlich schnelles Arrangement.
Vertrag ist nun unterschrieben
Ab Dezember 2022 wurde das Modell geprüft. Jetzt wurde offiziell der Vertrag für die Spielezeit zwischen der Radolfzeller Stadtverwaltung und dem Malteser Hilfsdienst unterschrieben. Die zwei ersten Einrichtungen, die mit Hilfe der Malteser zwei Extra-Stunden Betreuungszeit anbieten können, sind das Kinderhaus Büllerbü in Möggingen und das Familienzentrum Werner Messmer in der Kernstadt. Die Malteser-Zeit schließt sich an die pädagogische Betreuung durch Fachpersonal an und ist eine reine Spielzeit, ohne pädagogischen Anspruch. Der Vertrag mit den Maltesern läuft laut Bürgermeisterin Monika Laule erst einmal befristet für zwei Jahre.
Jürgen Raupp ist Bezirksgeschäftsführer der Malteser am Bodensee und sieht die Spielzeit-Betreuung als gute Ergänzung zum bestehenden Angebot des Hilfsdienstes. „Wir haben schon viele Erfahrungen in diesem Bereich und es passt gut in unser Portfolio“, so Raupp. Die Malteser bieten heute schon Schulbegleitung oder einen betreuten Fahrdienst für Kinder mit Behinderungen neben anderen sozialen Diensten wie Krankentransporte und Notfallversorgung an.
Mitarbeiter bekommen Ausbildung
Für die Spielezeit in den beiden Einrichtungen, die montags bis donnerstags von 14.30 bis 17 Uhr stattfinden wird, werde es für die Mitarbeiter eine Grundqualifikation geben. Außerdem leite eine Fachkraft die Gruppe. „Uns ist auch wichtig, dass immer die selben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gruppen sind, sodass es für Kinder möglichst wenig Wechsel bei ihren Betreuungspersonen gibt“, so Raupp. Außerdem sei den Maltesern eine qualifizierte Übergabe von der pädagogischen Zeit in die Spielgruppe wichtig. „Bei uns steht die Freude am Spielen im Vordergrund“, fasst der Bezirksgeschäftsführer zusammen.

Noch suche man für die Betreuung der Gruppen Personal. „Die Bewerbungsgespräche laufen bisher sehr gut“, sagt Bernhard Alder, Leiter des Fachdienstes Inklusion bei den Maltesern. Wer in der Spielgruppe arbeiten wolle, müsse 35 Unterrichtseinheiten an der Mettnau-Schule als Qualifikation absolvieren und Kurse für Erste Hilfe für Kinder oder auch zur Kindeswohlgefährdung belegen. „Auch in der Spielgruppe gibt es Standards für die Mitarbeiter“, betont Monika Laule. Auch Raupp ist das wichtig: „Wir wollen ein verlässlicher Partner für die Eltern sein“.
Spielezeit wird in den Kita-Räumen sein
Die Spielzeit-Betreuung wird auch, anders als die von Eltern selbst organisierte Betreuung in Möggingen, in Räumen der Einrichtungen stattfinden. Die Kita-Leiterinnen und Erzieherinnen hatten sich dagegen ausgesprochen, dass Eltern in die Einrichtung kommen. Das ginge aus Datenschutzgründen nicht und würde für die pädagogische Betreuung der Kinder nachteilig sein, da diese durch die verschiedenen Regeln und Rollen die Routine verlieren würden.
Doch mit einem externen Anbieter haben die Mitarbeiterinnen diese Sorgen nicht mehr. Allerdings gebe es auch hier eine klare Trennung der Räumlichkeiten: Im Kinderhaus Büllerbü würde die Spielzeit nur die unteren Räume nutzen, die Erzieherinnen könnten in den oberen Büros zeitgleich weiterarbeiten. Im Familienzentrum Werner Messmer findet die Spielzeit der Malteser im Gruppen- und Bewegungsraum statt.

„Das ist auch ein schönes Zeichen an die Eltern jetzt zur Sommerpause“, sagt Julia Meißner, Leiterin des Familienzentrums. Der Kontakt zu den Maltesern sei sehr gut und man habe bereits gemeinsam die Räume besichtigt. „Es ist aber auch ein gutes Zeichen ins Team, dass man gehört wird und die Probleme gesehen werden“, ergänzt Sigrid Sturm, Leiterin des Kinderhauses Büllerbü. Denn mit der Spielzeit-Betreuung durch die Malteser könnte ihr Team sich wieder voll und ganz auf die pädagogische Arbeit mit den Kindern konzentrieren und ihre Arbeitsbelastung im vereinbarten Rahmen halten.
Pratyusha Satish, Vertreterin des Gesamtelternbeirates Kita, lobte die gute Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kita und Stadt, um eine gute Lösung für den Betreuungsmangel zu finden.