Rekordverdächtige 2000 aktive Musiker kommen in Radolfzell laut Stadtverwaltung auf rund 32.000 Einwohner. Zum Vergleich: Bezogen auf die Einwohnerzahl müsste die Stadt Berlin rund 214.500 aktive Musiker aufweisen. Im Stadtentwicklungsplan kommt der Stolz auf diese musikalische Regsamkeit in Radolfzell deutlich zum Ausdruck: Die Stadt möchte die Identifikation ihrer Bürger mit der Musik festigen und ihre Bedeutung als Musikstadt zur Geltung bringen. Und dazu kann der neue Verein KlangKultur Radolfzell „in einem erheblichen Maße beitragen“, wie der Vorsitzende Anton Steck jüngst auf der Gründungsveranstaltung sagte.

Im Saal des ehemaligen Probelokals der Stadtkapelle in der Hinteren Burg trafen sich 23 Bürger aus Radolfzell und dem Umland zur Gründung des Vereins. Die Initiatoren des neuen Kulturvereins sind Christina Kobb und Anton Steck. Das Musiker-Paar möchte in Radolfzell ein neuartiges Museums- und Konzertkonzept umsetzen. Die Adresse Hinter der Burg 3 eigne sich dafür besonders gut, sagte Kobb: Dort soll künftig eine Ausstellung von Instrumenten und ihrer Geschichte mit klingender Musik verbunden werden.

Museumsbetrieb mit Führung

Laut Anton Steck möchte der Verein gleich mehrere Interessen abdecken: Es werde ein Konzert- und Präsentationsbereich mit Gesprächen und eine Vermittlung der Hintergründe zur Geschichte der Instrumente geben. Dabei schwebt dem neuen Verein in der Hinteren Burg ein Museumsbetrieb mit Führung vor. Für die Ausstellung im Museum hätten Instrumentenbauer bereits ihre Bereitschaft signalisiert, Instrumente als Leihgaben zur Verfügung zu stellen, kündigte Anton Steck an.

Für den Gründungsakt und die neuen Mitglieder gab das Musiker-Paar und Initiatoren des Vereins „Klangkultur Radolfzell“, Christina Kobb ...
Für den Gründungsakt und die neuen Mitglieder gab das Musiker-Paar und Initiatoren des Vereins „Klangkultur Radolfzell“, Christina Kobb und Anton Steck, ein Hauskonzert. | Bild: Georg Lange

In dem Ein-Raum-Museum könnten zum Beispiel auch Aufnahmen der beeindruckenden Klaviersammlung aus dem Hamburger Haus der Kunst und des Gewerbes gezeigt werden. Der Verein möchte eine Kooperation mit dem Tourismus- und Stadtmarketing Radolfzell eingehen um Gruppen in das neue Museum zu leiten.

„Damit wären wir deutschlandweit einmalig“

Der Verein KlangKultur ist künftig auch Träger der Treuhand-Stiftung Assist. Der Name hat mehrere Bedeutungen. Der englischsprachige Begriff „assist“ steht für helfen, assistieren, behilflich sein, fördern und beistehen. Hierfür möchte der Verein Streichinstrumente sammeln.

Die Instrumente der Stiftung sollen an junge Musiker als Leihgabe ausgegeben werden, die für den Start ihrer Karriere einen Kick brauchen und sich die Instrumente wegen der astronomisch hohen Preise nicht kaufen könnten, sagte Anton Steck: „Es gibt in Deutschland keine Stiftung für alte Instrumente. Damit wären wir deutschlandweit einmalig.“ Der Name Assist steht ebenso als Abkürzung für „Anton Steck Streich-Instrumenten Stiftung“. Denn Steck stellt eine Violine aus dem 18. Jahrhundert als Grundstock für die Stiftung zur Verfügung.

Beitrag zu Wissenschaft und Forschung

Der Verein verfolgt zwei Zwecke. Er will einen Beitrag zur Wissenschaft und Forschung leisten, indem er ein Forum für die Erforschung und Vermittlung von Musik- und Kulturgeschichte sowie für Musikinstrumentenkunde sein möchte; aber auch die Interpretationspraxis soll verdeutlicht werden. Hierfür möchte der Verein auch Tagungen organisieren, die in Publikationen münden könnten. Anton Steck schwebt dabei auch ein Online-Magazin vor, das die Arbeit, die Tagungen und die Ausstellung des Vereins dokumentiert.

Zu den Initiatoren

Der zweite Zweck ist der Beitrag des Vereins für die Kunst und Kultur. Dazu gehört der Aufbau einer Sammlung alter Musikinstrumente mit hohem Anteil an Originalsubstanz, aber auch der Erhalt, die Restauration und Ausstellung der Instrumente, die Musikvermittlung durch die Veröffentlichungen sowie die Organisation und Durchführung von Konzerten, von Kursen und Wettbewerben sowie die Förderung von begabten, herausragenden Musikern – insbesondere durch eine Leihgabe von Instrumenten. Des Weiteren möchte sich der Verein für die klassische Musik, für den Austausch ihrer Kulturgeschichte sowie für das Musik-Coaching und Mentoring engagieren. Dazu gehört auch eine Beratung beim Instrumentenkauf.

Nach der Gründung des Vereins könnte dieser Mitte März ins Vereinsregister eingetragen sein, informierte Steck über den zeitlichen Ablauf und über den Start der Vereinsaktivitäten. Zur Verbesserung der Optik werden die Wände im Vereinssaal in der Hinteren Burg noch mit Trompe-l‘oeil-Motiven bemalt, die die Zeit der ausgestellten Instrumente widerspiegeln sollen, kündigte Anton Steck an.