Einen solchen Einsatz wollen eigentlich weder Radolfzeller, noch Einsatzkräfte erleben: Auf dem Messeplatz waren am Samstagnachmittag nicht nur die Freiwillige Feuerwehr, sondern auch das Deutsche Rote Kreuz zu einem Unfall ausgerückt, an dem ein Auto und ein Lastkraftwagen mit Gefahrengut beteiligt waren. Der Autofahrer und sein Beifahrer saßen bewusstlos im eigenen Fahrzeug und aus dem Lastkraftwagen trat eine gefährliche Flüssigkeit aus. Der Fahrer war dadurch möglicherweise mit dem Gefahrenstoff kontaminiert.

Glücklicherweise handelte es sich bei dem Verkehrsunfall mit der Bergung der Autoinsassen und dem Schutz der Radolfzeller Bevölkerung vor einer Umweltkatastrophe lediglich um eine Schauübung der Hilfsorganisationen. Traditionell beweisen die Rettungskräfte beim Hausherrenfest ihr Können und ihre Einsatzbereitschaft für viele Formen von Notlagen samt Soforthilfe. Die Übung verzögerte sich in diesem Jahr allerdings um wenige Minuten. Die Rettungskräfte bargen kurz zuvor einen Windsurfer aus dem Bodensee. Aus eigenen Kräften hätte es der abgetriebene Windsurfer nicht an das sichere Ufer geschafft.

Überblick über die Notlage

„Die meisten Einsätze der Feuerwehr sind mittlerweile keine Brandeinsätze, sondern die Leistung von technischen Hilfen“, sagte der Gesamtkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Radolfzell, Tobias Oechsle, bei seiner Moderation der Schauübung.

Die freiwillige Feuerwehr Radolfzell und das DRK boten eine spannende Schauübung auf dem Messeplatz. OB Simon Gröger (vorne von rechts) ...
Die freiwillige Feuerwehr Radolfzell und das DRK boten eine spannende Schauübung auf dem Messeplatz. OB Simon Gröger (vorne von rechts) und die Dezernentin für den Bevölkerungsschutz, Bürgermeisterin Monika Laule, zeigten sich fasziniert. Gesamtkommandant Tobias Oechsle (weiter von rechts) moderierte die Übung. | Bild: Georg Lange

Der Einsatzleiter der Schauübung, Stefan Moser, war auf dem Messeplatz mit seiner gelben Weste immer gut erkennbar. Zuerst verschaffte er sich einen Überblick über den Unfall. Er ging um das Auto, prüfte die Türen, schaute nach dem Befinden der Insassen und besprach mit dem Fahrzeugführer des zweiten Einsatzwagens das Vorgehen der Rettung. Als erstes Fahrzeug der Feuerwehr rückte ein sogenannter Vorausrüstwagen aus, der mit Scheren, einem Spreizer und weiteren Geräten für die Bergung von Menschen bei einem Verkehrsunfall ausgerüstet ist.

Die Feuerwehr bricht das Dach des Autos auf. Nun kann auch der bewusstlose Beifahrer geborgen werden.
Die Feuerwehr bricht das Dach des Autos auf. Nun kann auch der bewusstlose Beifahrer geborgen werden. | Bild: Georg Lange

Menschenleben haben Vorrang

„Vorrang hat immer die Menschenrettung“, erklärte Tobias Oechsle. Der Einsatzleiter habe erkannt, dass sich im Fahrzeug noch bewusstlose und verletzte Personen befinden und als Erstes die Menschenrettung angeordnet, so der Gesamtkommandant.

Dann kamen die Rettungskräfte des DRK mit ihren eigenen Fahrzeugen und sechs weitere Einsatzkräfte der Feuerwehr in einem Hilfsleistungslöschfahrzeug an den Einsatzort. Damit die Rettung der Personen im Auto so schonend und erschütterungsarm wie möglich abläuft, schob die Feuerwehr Holzklötze unter das Fahrzeug. Denn bei dem Einsatz von Scheren und Spreizer wirken immens starke Kräfte im Tonnenbereich auf das Auto, erklärte Oechsle.

Code verrät die Art der Gefahr

Inzwischen strömte aus dem Lastwagen eine unbekannte Flüssigkeit. Ein weiteres Löschfahrzeug mit Atemschutzgeräte und Schutzanzüge kam zur Übung auf dem Messeplatz. Der Lastwagen hatte ein Gefahrengutkennzeichen, bei dem der Einsatzleiter der Feuerwehr mittels eines Zahlencodes erkennen kann, um welches Gefahrengut es sich handelt, erklärte Tobias Oechsle.

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Zwei weitere Wechsellader am Unfallort hatten für die Art des Einsatzes mit Gefahrengut die dafür vorbereiteten Abrollbehälter aufgesattelt. In den Rüstwagen waren keine Feuerwehrschläuche, sondern die Geräte für die technische Hilfsleistung, für den Atemschutz sowie Messgeräte und Schutzanzüge für einen Chemie-Unfall vorbereitet. Ein dritter Abroll-Wagen der Ölwehr Bodensee unterstützt jeden Gefahrenguteinsatz der Feuerwehr.

Die Feuerwehrangehörigen erhalten vom Fahrzeugführer ihre Instruktionen zum Vorgehen am Unfallort.
Die Feuerwehrangehörigen erhalten vom Fahrzeugführer ihre Instruktionen zum Vorgehen am Unfallort. | Bild: Georg Lange

Weitreichende Absperrung im Ernstfall

Während die Feuerwehr die Personen im Auto befreiten, versorgte in dem Inneren des Fahrzeugs eine Sanitäterin des DRK die Verletzten. Nachdem die Feuerwehr das Fahrzeug aufgebrochen hatte, konnten die Patienten schonend auf Tragen vom Unfallort gebracht werden. Inzwischen zogen zwei Feuerwehrmänner alleine ihre Atemschutzgeräte an, ehe sie mit der Hilfe von Feuerwehrkameraden in ihre schweren und luft- wie spritzdichten Chemikalien-Schutzanzüge stiegen.

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An der Einsatzstelle wurde auch ein Zelt zur Dekontamination für den Lastwagenfahrer und für die Retter aufgebaut. „Hätten wir die Gefahrenzone realistisch abgesperrt, so müsste die Absperrung bis zur Polizei reichen“, erklärte Tobias Oechsle. Jeder, der sich dann in dem abgesperrten Bereich befinden würde, gelte als kontaminiert und müsse geduscht werden. Bei der Schauübung war dieser Aufwand aber glücklicherweise nicht nötig.