Noch deutet nicht viel im Büro von Ulrike Heller auf einen Abschied hin. Der Schreibtisch der Schulleiterin des Friedrich-Hecker-Gymnasiums (FHG) wird noch genutzt, Hund Gordy, der Ulrike Heller zur Arbeit begleiten darf, liegt noch entspannt daneben. Doch der Abschied steht dennoch an – und zwar schon bald. Nach den Sommerferien wird Ulrike Heller nicht an das Gymnasium zurückkehren, zum 1. September tritt sie eine neue Stelle als Leiterin des Seminars für Ausbildung und Fortbildung der Gymnasiallehrkräfte in Rottweil an.
„Ich liebe meine Schule“
Neun Jahre lang war sie dann Schulleiterin in Radolfzell, das Amt angetreten hatte sie im Jahr 2014. Leicht fällt ihr der Abschied nach all der Zeit nicht. „Ich liebe meine Schule“, sagt Ulrike Heller. Dabei stand in ihrem Leben nicht von Anfang an fest, dass sie einmal eine pädagogische Laufbahn einschlagen würde. Nach dem Abitur habe sie erst eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester gemacht und in Köln in der Kinderklinik gearbeitet – sich dann aber doch umentschieden. „Ich habe als Schülerin schon immer Mitschülern Nachhilfe gegeben“, erinnert sie sich. „Da habe ich gemerkt, dass ich ein gewisses Talent habe, anderen etwas zu erklären.“
Also studierte sie Lehramt und absolvierte das Referendariat – und landete doch erst nach einem Umweg über eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Kassel im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunächst an der Waldeck-Schule in Singen und dann erstmals am Friedrich-Hecker-Gymnasium. Nach einem neunjährigen Aufenthalt in Belgien, wo sie Leiterin der deutschen Sektion an der europäischen Schule in Mol war, kehrte sie dorthin schließlich zurück – diesmal als Schulleiterin.
„Ich wollte unbedingt wieder an den Bodensee“, erklärt sie. Diesen lernte sie bereits während ihres Studiums kennen, das zum Teil in Konstanz stattfand. Nach ihrer Rückkehr aus Mol zog sie daher nach Möggingen – und findet heute nur positive Worte für ihre neue Heimat: „Ich liebe den Ort sehr und schätze ihn auch.“ Kein Wunder also, dass sie trotz ihrer neuen Stelle in dem Radolfzeller Ortsteil wohnen bleibt und nach Rottweil pendelt.
Warum kommt es zum Abschied?
Aber warum verlässt Ulrike Heller das Friedrich-Hecker-Gymnasium überhaupt, wenn es ihr so sehr am Herzen liegt? „Ich sehe, dass ich gebraucht werde in der Lehrer Aus- und Weiterbildung“, erklärt sie. Sie wolle angehende Lehrer unterstützen und sie für den Beruf begeistern. Schließlich gebe es immer weniger Lehramtsstudenten und viele würden noch im Laufe der Ausbildung oder danach abbrechen und doch einen anderen Weg einschlagen.
Am Friedrich-Hecker-Gymnasium dagegen habe sie in ihren neun Jahren als Schulleiterin bereits „das erreicht, was ich erreichen wollte“, so Heller. So gebe es mittlerweile das Sieben-Stunden-Modell, bei dem der Unterricht in der Regel um 13.50 Uhr ende, damit die Schüler mehr Zeit für Vereine oder Freizeit haben. Auch sei das Gymnasium als Präventionsschule ausgezeichnet worden und habe mehrfach die Re-Zertifizierung des Boris-Siegels erhalten, das an Schulen verliehen wird, die bei der Berufs- und Studienorientierung über die geforderten Standards hinausgehen. Und seit vielem Jahren liege das FHG über dem Landesschnitt beim Abitur und schneide bei Vergleichsarbeiten gut ab.
Großer Einsatz für die Schule
Zudem verfüge das FHG über eine intakte Hausaufgabenbetreuung und man pflege Kooperationen mit verschiedenen Organisationen, etwa dem Ruderclub und dem Kletterwerk. „Das Gymnasium ist in der Stadt angekommen“, fasst Ulrike Heller zusammen.
Dafür habe sie sich zu vielen Anlässen in Radolfzell gezeigt und Kontakte geknüpft, Anträge etwa an die Messmer-Stiftung gestellt und dafür auch so manche Stunden am Abend und am Wochenende investiert. Über 250.000 Euro Spenden habe sie für das FHG in all den Jahren gesammelt.
Viel Lob für ihre Schüler
„Ich hinterlasse eine unglaublich gut aufgestellte Schule“, sagt die Schulleiterin – und auch eine starke und engagierte Schülerschaft, die sich unter anderem gegen den Einsatz von Kindersoldaten einsetzen und selbstständig zahlreiche Aktionen wie etwa einen sozialen Flohmarkt und Sponsorenläufe organisiere. „Sie werden ihren Weg auch ohne mich finden“, ist sich Ulrike Heller sicher. „Hätte ich Sorgen gehabt, wäre ich nicht gegangen.“
Auf ihren neuen Job freue sie sich nun. Gleichzeitig gibt sie aber auch zu: „Ich verdränge den Gedanken des Abschieds.“ Und auch Kollegen und Schülern scheint dieser nicht leicht zu fallen. So seien bei der Verkündung ihres Weggangs im Kollegium Tränen geflossen. Und Ulrike Heller erzählt von Schülern, die sich bei ihr verabschieden. Davon zeugt auch ein bemaltes Blatt, das während des Gesprächs auf dem Tisch liegt: Die gemalten Bilder und guten Wünsche zum Abschied sind der „besten Schulleiterin des Universums“ gewidmet.
Wie geht es am FHG weiter?
Die Schulleiter-Stelle werde nun im Juli offiziell ausgeschrieben, nach dem Eingang von Bewerbungen müssten sich Kandidaten nicht nur dem Regierungspräsidium, sondern auch der Schulkonferenz und dem Gemeinderat vorstellen, so Heller. Diese geben jeweils ihre Stimmen für einen Kandidaten ab und gemeinsam mit der Bewertung aus dem Regierungspräsidium werde das an das Kultusministerium weitergeleitet. So werde ein neuer Schulleiter oder eine neue Schulleiterin ernannt. Schnell geht das aber nicht: „Das dauert in der Regel mindestens ein halbes Jahr“, sagt Ulrike Heller.
Um die Zwischenzeit zu überbrücken, sei aber bis dahin alles bereits geregelt. Die stellvertretende Schulleiterin Anne Doll übernehme die Stunden, die Ulrike Heller bislang für Leitungsaufgaben zur Verfügung stehen. Dafür reduziere sich ihr Anteil an Unterrichtsstunden – das war auch bei Ulrike Heller so. Die Leitstunden, die Anne Doll bislang erfüllen musste, werden zu gleichen Teilen auf die Abteilungsleiter der Schule aufgeteilt. „Dafür müssen diese weniger unterrichten“, so Ulrike Heller. Um die fehlenden Unterrichtsstunden aufzufangen, werde eine neue Kraft eingestellt, bis es eine neue Schulleitung gibt.