Radolfzell – Es wollte in die Welt der „Märchen, Mythen, Legenden“ entführen, wie der Titel des Herbstkonzerts des Verbandsjugendblasorchester (VJBO) verriet. Und so ging es unter der versierten Leitung von Kuno Rauch in die Länder Gullivers und in die Karibik, ließ ein Magnetberg mit magischen Kräften Schiffe zerschellen, entführten eine Hexe und eine Heilige ins Mittelalter. So spannungsreich wie die Geschichten, in die die beiden Moderatoren aus Orchesterreihen, Luisa Becker und Mario Honsel, einführten, war auch die Musik. Zackig und präzise war schon das Entree mit vier Sätzen aus „A Little Concert Suite“ von Alfred Reed, und mit tragfähiger Akustik überzeugte die gut besuchte, neue Markolfhalle in Markelfingen auch als Konzertsaal. In „Imagasy“ von Thiemo Kraas – ein Wortspiel aus Imagination und Fantasy – überzeugte das VJBO mit klangvollem Spiel und vielen Solo-Rollen über grundierenden Basslagen. Vollmundig, aber auch fein ziseliert kam die Musik daher, zu der sich der Komponist von einem versunken malenden Kind anregen ließ.

Das VJBO hat das Programm als Projekt in Probenphasen seit September erarbeitet. Der Blasmusikverband Hegau-Bodensee, dem mehr als 80 Mitgliedsvereine angehören, bietet jungen Musikern, die ihr Instrument auf mindestens Silberniveau beherrschen und nicht älter als 27 Jahre sind, die Möglichkeit, zum gemeinsamen Musizieren zusammenzukommen.

Aus den Erzählungen von „1001 Nacht“ stammt die Geschichte vom Magnetberg von Mario Bürki. Machtvolles und scheinbar Chaotisches trifft auf drohendes Unheil voller Steigerungen, schleifenden Glissandi und suggestiven Rhythmen. Grummelnde Ruhephasen und zuletzt sanftes Wellenrauschen beschreiben die Geschichte mit Mitteln der Musik. Auch „Gullivers Reisen“ von Bert Appermont wohnt ein musikalisches Programm inne: Das verspielt-tändelnde Volk in Lilliput, das pompös stampfende „Brobdingnag“ der Giganten, die sanft wiegende, schwebende Insel Laputa und die flott galoppierenden Pferde in „The Houyhnhnms“. „Die Hexe und die Heilige“ von Steven Reineke schließlich erzählt die mittelalterliche Geschichte von Zwillingsschwestern mit unterschiedlichen Schicksalen. Glockenschläge über tiefem Blech-Grund, der stete Wechsel von ruhigen Parts und wirbelnd-gewaltigen Fortissimo-Passagen fordern genaues Musizieren, präzise Einsätze und gekonnt abgebildete dynamische Kontraste. Kein Problem für die engagierten Jugendlichen, die dem Dirigat von Kuno Rauch aufmerksam folgten. Im Stück „Pirates of the Caribbean“ von Klaus Badelt und Hans Zimmer hat Jay Bocook den jazzigen Touch der Filmmusik perfekt arrangiert, und mit Piratenkapitän Kuno Rauch lieferte die Crew – alias das VJBO – die perfekte musikalische Umsetzung. Sanfter Rausschmeißer war „Music“ – und dass Musik ihre erste Liebe war (“Music Was My First Love“), nahm man den musikalisch bestens ausgebildeten Jugendlichen uneingeschränkt ab.