Die Stimmung im Markelfinger Ortschaftrat zur geplanten Ausweitung des Naturschutzgebiets im Markelfinger Winkel war teils konstruktiv, oft aber auch emotional und hitzig. Fest steht nach knapp drei Stunden Diskussion: Der Streit um den See geht weiter. Nachdem die Diskussion zu den Plänen im Markelfinger Winkel bei einer Infoveranstaltung im Milchwerk hochgekocht war, hatte er Ortschaftsrat im Dezember sechs Änderungswünsche für eine Stellungnahme der Stadt zum Plan des Regierungspräsidiums Freiburg (RP) formuliert.

Die wurde im Stadtrat von einigen Mitgliedern im Januar aber deutlich kritisiert. Nun tagte der Ortschaftrat daher erneut, um bis zur Gemeinderatssitzung am 7. Februar einen Kompromiss zu finden – doch das gelang vorerst nicht. Warum?

Auch Gemeinderatsmitglieder und Nabu anwesend

Zu Beginn der Sitzung erläuterte Angelique Augenstein, Leiterin des Dezernats nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität, noch einmal die sechs Änderungswünsche der Ortschafträte zu den Sperrzeiten und der Größe der Schutzzonen. Die Räte konnten sich dazu äußern. Auch Oberbürgermeister Simon Gröger, der Nabu, Wassersportler und anwesende Gemeinderäte hatten Rederecht – in der Hoffnung auf eine Einigung.

Diese Änderungen hatte der Markelfinger Ortschaftsrat vorgeschlagen

Doch schnell war klar: Einfach wird das nicht – obwohl eigentlich alle für ein Naturschutzgebiet sind. Doch das „Wie“ machte Probleme. Die CDU-Räte Andreas Blum und Dirk Graf verwiesen auf die Einschränkungen der Nachwuchssegler durch zu breite Schutzzonen im Markelfinger Winkel. Die Segler hätte so keinen Platz, um Manöver zu üben. Und ein Badeverbot so nah am Campingplatz Markelfingen? „Geht gar nicht“, befand Graf.

„Enteignung“ der Angelfischer?

Die geplante Sperrzone im Winter stieß vor allem den Fischern negativ auf. Franz Holzner, Abteilungsleiter der Fischer im Markelfinger Wassersportclub, kritisierte: „Der westliche Gnadensee muss für die Angelfischer als Passage zum Untersee ganzjährig freibleiben, das ist existenziell.“ Der Plan des RP sei eine „Enteignung“ der Angelfischer.

Bild 1: Streit um Markelfinger Winkel geht weiter: Ortschaftsrat findet keinen Kompromiss bei Stellungnahme
Bild: Schönlein, Ute

Dem Vorschlag von Eberhard Klein, Leiter des Nabu-Bodenseezentrums, dass die Fischer vom Campingplatz Willam aus ins Wasser starten könnten, widersprach Andreas Blum. Das funktioniere nicht. Emotional wurde besonders Peter Blum (Freie Wähler). Angesichts der Forderungen des Nabu gehe ihm „der Hut hoch“. Landwirte, Segler und Fischer könnten selbst vernünftig mit der Natur umgehen, ohne Verbote durch Nabu oder RP.

Auch weitere Räte wie Martina Gleich (CDU) oder Fraktionskollege Michael Jentsch fühlten die Markelfinger zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Wir alle wollen dieses Naturschutzgebiet, nur eben in unterschiedlichem Ausmaß.“

Breite der Schutzzonen sorgt für Streit

Nabu-Leiter Klein argumentierte hingegen: „Die Verkleinerung der Sperrzone im Winter auf ein Drittel, wie vom Ortschafsrat vorgeschlagen, wäre fachlich nicht zu verantworten.“ Und auch die gewählte Breite der Schutzzonen sei wissenschaftlich notwendig. „Wenn Sie ein Haus bauen, können Sie dem Statiker auch nicht sagen, er soll die Wände halbieren. Dann stürzt das Haus ein“, entgegnete Klein auf den Wunsch vieler Ortschaftsräte, die Schutzzonen zugunsten der Segler schmaler zu gestalten.

Das könnte Sie auch interessieren

Zudem merkte er an, der Plan des RP sei bereits ein Kompromiss zwischen den deutlich weitergehenden Forderungen des Gutachtens und den Anliegen von Seglern und anderen Interessengruppen, mit denen das RP in Kontakt stehe. Durch weitere Einschränkungen funktioniere das Naturschutzgebiet gar nicht mehr.

Gemeinderäte und OB drängen auf Einigung

Aber Klein zeigte sich auch kompromissbereit. Die Länge der Schutzzone nordwestlich des Markelfinger Campingplatzes könne man reduzieren, sodass das Badeverbot nicht so nah am Campingplatz beginne. Und anstelle einer kleineren Zone entlang der „Halde“, könnten Bojen zum Ankern installiert werden. Das RP habe dem Wassersportclub laut CDU-Gemeinderat Stefan Neumeir bereits zugesichert, neue Bojen verwalten zu dürfen – über die bislang 25 erlaubten hinaus.

Auf Initiative von Oberbürgermeister Simon Gröger, Nabu-Leiter Eberhard Klein und einigen Gemeinderäten ergab sich nach zwei Stunden Diskussion eine dritte mögliche Änderung. Anstatt die Schutzzone im Markelfinger Winkel zu verkleinern, könne man Ausnahmegenehmigungen für Nachwuchssegler innerhalb der Zone zulassen. Die Größe der Schutzzonen und der Sperrzone im Winter sei laut Klein dagegen „nicht verhandelbar“.

Was passiert am Dienstag im Gemeinderat?

Mehrere anwesende Gemeinderäte, darunter Stefan Neumeir und Norbert Lumbe (SPD), drängten auf die Einigung. „Es wäre schlimm, wenn der Gemeinderat den Ortschaftsrat wieder überstimmen müsste. Wenn beide Seiten auf ihrer Meinung beharren, habe ich Angst vor der Sitzung am 7. Februar“, sagte Neumeir. So dürfte es nun aber vermutlich kommen.

Das könnte Sie auch interessieren

Denn zueinanderfinden konnten die Beteiligten am Donnerstag nicht, keine der drei Formulierungen wurde aufgenommen. Einige Ortschaftsräte, darunter Peter Blum, Andreas Blum und Andreas Danner, hatten Bedenken, dass die Zeit, bis die Frist für eine Stellungnahme der Stadt abläuft, nicht mehr ausreiche, um diese Zusagen der Behörden rechtlich prüfen zu lassen. Außerdem seien die Bojen „totaler Humbug“, empörte sich Andreas Blum, da unklar sei, wer sie überhaupt nutzen dürfte.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie geht es nun also weiter? Die sechs bisherigen Anmerkungen des Ortschaftsrates dürfte das RP wohl kaum annehmen. Wie bei der Sitzung durchklang, wird die Stadt Radolfzell diese daher vermutlich nicht genau so als Stellungnahme nach Freiburg übermitteln, sondern bei der Gemeinderatssitzung am kommenden Dienstag auch die bereits im Ortschaftsrat angeklungenen Kompromisslösungen in Betracht ziehen. Angelique Augenstein werde sie laut Stadtverwaltung in die Präsentation mit aufnehmen – der Ausgang bleibt offen.