„Die Filialen haben Zukunft“, verspricht Alexander Endlich, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hegau-Bodensee. Nur nicht auf dem Land. Hier wird die Sparkasse weitflächig kleinere Filialen schließen, die noch Kundenberatung vor Ort angeboten haben. Gleichzeitig sollen mehr als 30 Millionen Euro in die größeren Standorte investiert werden. Vor allem in Radolfzell: Hier plant die Sparkasse einen Neubau in der Höristraße.
Verwaltungsrat hat einstimmig den Weg beschlossen
Über dieses Projekt informierte der Sparkassen-Verwaltungsrat am Dienstag, vertreten durch Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler als Vorsitzender, Radolfzells Oberbürgermeister Simon Gröger als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates sowie Öhningens Bürgermeister Andreas Schmid als Verwaltungsratsmitglied. Und Schmid war es auch, der als Höri-Bürgermeister die bitterste Pille schlucken musste. In Öhningen, Gaienhofen und Moos werden die Filialen schließen, Kunden müssen dann zur Beratung nach Radolfzell.
Viele kleine Filialen schließen
Auch der Standort in Steißlingen wird zur Selbstbedienungszentrale, Steißlinger Kunden können sich dann nach Radolfzell oder Singen orientieren. Betroffen ist auch die Sparkasse in Eigeltingen und Bodman-Ludwigshafen, dort ziehen die Berater nach Stockach in die Schillerstraße um. Und im Hegau wird der Standort in Volkertshausen durch ein Selbstbedieungs-Terminal (SB-Terminal) ersetzt, dafür wird die Filiale in der Singener Nordstadt modernisiert.
Um die vielen Kunden von der Höri und aus Steißlingen in Radolfzell auch angemessen empfangen zu können, möchte die Sparkasse raus aus der Innenstadt und an einen verkehrstechnisch geschickteren Standort umziehen. Insgesamt plane man eine Investition von 32 Millionen Euro für diesen Wandel, sagt Alexander Endlich. Rund die Hälfte davon werde für den Neubau in Radolfzell gebraucht. Die andere Hälfte sei für die Modernisierung anderer Standorte und die Anschaffung von sogenannten SB-Cubes für alle geschlossenen Filialen geplant.
Potenzielles Grundstück ins Auge gefasst
Für den Neubau ins Auge gefasst habe man die Höristraße im Bereich zwischen dem Kreisverkehr Böhringer Straße und Herrenlandstraße. „Wir haben ein Grundstück bereits im Blick, es befindet sich noch in Privatbesitz“, erklärt Singens OB Bernd Häusler. Vor allem die fehlenden Parkplätze seien ein Problem bei der Filiale an der Marktplatz. Das sei nicht nur für Kunden, sondern auch für Mitarbeiter unattraktiv, so Sparkassenchef Alexander Endlich.

Und vor allem auch für die Mitarbeiter wolle man diesen großen Umbruch realisieren. Der Fachkräftemangel sei in allen Bereichen der Wirtschaft spürbar, auch bei Finanzinstituten, sagt Endlich. Die Sparkasse müsse sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, dazu gehörten auch attraktive Arbeitsplätze. „Eine wenig frequentierte Filiale ist auch für unsere Mitarbeiter kein guter Arbeitsplatz, das bekommen wir immer wieder gespiegelt“, sagt Hartmut Hoch, Vorsitzender des Personalrates bei der Sparkasse Hegau-Bodensee.
Gerade auf der Höri sei der Personalmangel so groß, dass die einzelnen Standorte nur verkürzte Öffnungszeiten anbieten konnten, teilweise nur an einem Tag in der Woche. Auch mussten die Mitarbeiter während der Woche die Filiale wechseln.
Großer Umbau in der Stockacher Schillerstraße
Doch nicht nur in Radolfzell soll groß investiert werden. Die Sparkassen-Filiale in der Stockacher Schillerstraße weist laut Endlich einen großen Modernisierungsbedarf auf. So werde es im Sommer in den Büros beispielsweise sehr heiß. Gleichzeitig möchte man durch den Umbau auch Fläche zum Vermieten schaffen. Die Sparkasse soll nur noch im Erdgeschoss vertreten sein.
Für Sparkassen-Kunden soll sich nicht nur der Ort ändern, an dem persönliche Beratung zu finden ist. Auch im Kundenservice plant das Finanzinstitut einen Wandel. Aus dem klassischen Sparkassen-Berater vor Ort soll ein Omnikanal-Berater werden. Der Kunde soll nun auch per Video-Anruf, Chat oder Telefon den Kontakt zum zuständigen Mitarbeiter aufnehmen können.
Alle Kommunikationswege, sei es die Filiale, die App, der SB-Terminal, die Internetseite oder das Kundencenter, sollen künftig gleichberechtigt sein, kündigt Alexander Endlich an. „Damit machen wir einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung und kommen auch dem Kundenverhalten entgegen“, sagt er. Denn eine interne Analyse habe ergeben, dass von den monatlichen 1,5 Millionen Geschäftsvorfällen – also Anlässen, warum ein Kunde Kontakt zur Sparkasse sucht – bereits 95 Prozent digital abgewickelt werden.
Radolfzell will Neubau tatkräftig vorantreiben
In Radolfzell werden die Pläne der Sparkasse wohlwollend aufgenommen. OB Simon Gröger kündigt an, im Rathaus eine Projektgruppe zu gründen, die sich mit dem Neubau befassen soll, damit dieser schnell realisiert werden könne. Für das Gebäude am Marktplatz hat der OB auch schon Pläne. In den oberen Stockwerken sind schon jetzt Teile der Stadtverwaltung untergebracht, unter anderem das Bauamt. Wenn Räume frei werden sollten, möchte die Stadt noch mehr anmieten oder sogar das ganze Gebäude kaufen. Für Sparkassenkunden soll ein SB-Terminal erhalten bleiben.
Singen Oberbürgermeister Bernd Häusler hofft, dass die Kunden den Verlust ihrer bekannten Sparkasse verschmerzen werden. „Wichtig ist doch, dass man zu jeder Zeit Bargeld bekommen kann. Und das ist gesichert“, so Häusler. Öhningens Bürgermeister Andreas Schmid betont, dass in seinem Ort beispielsweise auch ein Wechselautomat für Schweizer Franken sinnvoll wäre oder die Möglichkeit, Geld auch einzuzahlen.