Schon seit vielen Monaten wird das Radolfzeller Münster umfangreich saniert. Getan hat sich schon einiges, vieles steht auch noch auf dem Programm. Um Interessierten einen Einblick in die vielen Maßnahmen und den aktuellen Stand der Bauarbeiten zu geben, hat der Münsterbauverein kürzlich zu einem Rundgang durch das Gebäude eingeladen. Zusammen mit den Architekten erlangten die Teilnehmer Einblicke, die viele der Münsterbesucher so noch nicht gesehen hatten.

Helmut Villinger, Vorsitzender des Münsterbauvereins begrüßt die Teilnehmer des Rundgangs im Münster.
Helmut Villinger, Vorsitzender des Münsterbauvereins begrüßt die Teilnehmer des Rundgangs im Münster. | Bild: Jarausch, Gerald

Der erste Blick in das Hauptschiff des Münsters „Unserer lieben Frau“ war für so manchen Besucher verblüffend. In dem hohen Raum verstellt eine aufwändige Gerüstkonstruktion den Blick auf die Decke und den gesamten Kircheninnenraum. Das Gerüst dient zur Abstützung der barocken Kirchendecke, die erst im 18. Jahrhundert so angelegt wurde. Denn Arbeiten an den Balken oberhalb der Decke könnten dafür sorgen, dass die aufwändig konstruierte Decke Schaden nimmt.

Beten im Baustellenambiente: Ein riesiges Gerüst verstellt derzeit den Innenraum des Radolfzeller Münsters.
Beten im Baustellenambiente: Ein riesiges Gerüst verstellt derzeit den Innenraum des Radolfzeller Münsters. | Bild: Jarausch, Gerald
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Völlig neue Innenbeleuchtung geplant

Immerhin hüllte eine interessante Beleuchtung am Besichtigungstermin das Gerüst in ein besonderes Licht. Das war jedoch nur ein schwacher Vorgeschmack auf das, was die Besucher des Münsters ab Ende 2023 erwarten dürfen. Denn die Kirche hat für die Innenbeleuchtung einen echten Fachmann engagiert. Mit Charles Keller wurde ein Lichtdesigner aus St. Gallen beauftragt, der den Besuchern „ein völlig neues Erlebnis“ in der sanierten Münsterkirche in Aussicht stellte.

Zeichnung von Lichtdesigner Charles Keller, die die künftige Beleuchtung im Kirchenschiff deutlich macht.
Zeichnung von Lichtdesigner Charles Keller, die die künftige Beleuchtung im Kirchenschiff deutlich macht. | Bild: Jarausch, Gerald

Seine Pläne sehen ein deutlich helleres Ambiente in dem gotischen Bau vor, als man es bisher gewohnt war. So plant er, das Kirchenschiff im oberen Bereich so zu erhellen, dass das Lesen auf den Bänken möglich ist. In den Seitengängen soll die Beleuchtung die Architektur unterstreichen und sichtbar machen. Generell möchte der Lichtdesigner „nur diskret ausleuchten“, wie er erklärte. So soll die Beleuchtung im Bereich des Chores praktisch unsichtbar sein. Möglich werde das durch den Einsatz moderner LED-Technik.

Helmut Villinger, Vorsitzender des Münsterbauvereins mit dem Lichtdesigner Charles Keller und Architekt Bruno Siegelin (von links) bei ...
Helmut Villinger, Vorsitzender des Münsterbauvereins mit dem Lichtdesigner Charles Keller und Architekt Bruno Siegelin (von links) bei der Einführung zu Baubesichtigung im Münster. | Bild: Jarausch, Gerald

Die Kirche kann damit sogar je nach Anlass unterschiedlich beleuchtet werden. Gleichzeitig wird die Kirche deutlich weniger Energie für die Beleuchtung aufwenden müssen als bisher. Charles Keller nannte die Größenordnung von etwa 40 Prozent.

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Im Dachstuhl steht Alt neben Neu

Das Gewölbe über den Seitengängen des Münsters. Die im 16. Jahrhundert gebauten Konstruktionen benötigten keine nennenswerten ...
Das Gewölbe über den Seitengängen des Münsters. Die im 16. Jahrhundert gebauten Konstruktionen benötigten keine nennenswerten Überarbeitungen. Allerdings mussten die Konstruktionsbalken des Daches teilweise abgestützt werden. Die neuen Balken wurden zusätzlich eingebaut. | Bild: Jarausch, Gerald

Im Dachstuhl wurden die rund 30 Teilnehmer der Veranstaltung Zeuge, mit welchem Aufwand die Handwerker den Bau derzeit sanieren. So wurden bis jetzt Teile der hölzernen Dachkonstruktion durch neue Balken und Träger ersetzt.

Echte Zimmermannskunst: Die Holzbalken wurden in alter Technik mit Holzzapfen ersetzt
Echte Zimmermannskunst: Die Holzbalken wurden in alter Technik mit Holzzapfen ersetzt | Bild: Jarausch, Gerald

Dabei wandten die Zimmermannsleute alte Techniken an. Dort, wo es sinnvoll war, wurden die Elemente wie zu Zeiten der Errichtung des Dachstuhls im Jahr 1520 lediglich mit Holzzapfen miteinander verbunden. Die Technik hat sich lange bewährt und garantiert einen dauerhaften Fortbestand.

Blick in die verbesserte Dachkonstruktion des Münsters auf der Südseite des Gebäudes: Hier erklärt Zimmermann Nikolai Siegelin (links) ...
Blick in die verbesserte Dachkonstruktion des Münsters auf der Südseite des Gebäudes: Hier erklärt Zimmermann Nikolai Siegelin (links) die Arbeiten. | Bild: Jarausch, Gerald
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Im Zeitplan trotz Corona

Beim Rundgang durch den Dachstuhl des Kirchenschiffes wurden die Teilnehmer der Veranstaltung von Architekt Bruno Siegelin und seinem Sohn Nikolai begleitet. Sie erklärten die bisherigen Arbeitsschritte und beantworteten die Fragen der Besucher.

Das hat es offenbar schon immer gegeben: Die Holzreste von Arbeiten im 16. Jahrhundert liegen unter dem geöffneten Bodenplatten des Daches.
Das hat es offenbar schon immer gegeben: Die Holzreste von Arbeiten im 16. Jahrhundert liegen unter dem geöffneten Bodenplatten des Daches. | Bild: Jarausch, Gerald

So erfuhren diese, dass man generell mit den Arbeiten im Zeitplan liegt, obwohl Corona zu teilweise deutlichen Verzögerungen gesorgt hat. Das ist auch der Grund, warum zum Beispiel das Dach über dem Chorschiff immer noch nicht fertig eingedeckt ist. Zumindest technisch stellt dies kein Problem dar, ließ Bruno Siegelin wissen.

Handwerkerbereich im Dach des Chorschiffes. In diesem Bereich finden aktuell die Eindeckarbeiten statt.
Handwerkerbereich im Dach des Chorschiffes. In diesem Bereich finden aktuell die Eindeckarbeiten statt. | Bild: Jarausch, Gerald

Besondere Vorsicht bei Deckenarbeiten

Interessant waren auch die Erläuterungen zu den Arbeiten in der Deckenkonstruktion. Hier müssen die Zimmermannsleute besondere Vorsicht walten lassen, weil die im Barockstil bemalte Stuckdecke, die bereits im Innenraum gereinigt wurde, nicht beschädigt werden darf. Kein leichtes Unterfangen, was aber in jedem Fall besonderer Sorgfalt bedarf. Auch sonst müssen die Zimmermannsleute ihr ganzes Können aufbringen. Vor allem deshalb, weil man die Arbeiten nach Möglichkeit so ausführt, wie das in früheren Zeiten üblich war.

Architekt Bruno Siegelin (links) erklärt den Besuchern die Arbeiten im Dachstuhl des Kirchenschiffs.
Architekt Bruno Siegelin (links) erklärt den Besuchern die Arbeiten im Dachstuhl des Kirchenschiffs. | Bild: Jarausch, Gerald

Erledigt sein sollen die Sanierungsarbeiten am Radolfzeller Münster voraussichtlich Ende 2023. Die Kosten werden auf 4,3 Millionen Euro taxiert. Der Münsterbauverein Radolfzell hat in den vergangenen zwei Jahren rund 300.000 Euro an die Kirchengemeinde gespendet. Das Geld kann bei der Sanierung des Münsters und der neuen Beleuchtung bestens gebraucht werden.

Zechenähnliches Ambiente: Unter den Dächern des Seitenschiffes ist es duster.
Zechenähnliches Ambiente: Unter den Dächern des Seitenschiffes ist es duster. | Bild: Jarausch, Gerald