Im Rahmen ihres Heimattage-Projekts wagen die Güttinger in einer sechsteiligen Gesprächs-Reihe einen Blick zurück in die Geschichte des Dorfes. Die Güttinger „G`mondscheuer“ war Schauplatz der vierten Veranstaltung der Reihe „Gschichte uf em Bänkle – Wie isch es gsi, wer wosst no ebbes“.
Entwickelt wurde das Projekt von einem Team unter der Leitung von Katharina Müller. Es lebt von den Erinnerungen der Bürger und findet in regem Austausch zwischen Moderator Friedhelm Niewöhner und seinen Zeitzeugen auf einem grünen Bänkle statt.
Zeitzeugen erinnern sich
In der vierten Folge der Reihe ging es um „Katzenmumien und andere Kuriositäten“. Rund siebzig Bürger verfolgten gespannt, wie Moderator Friedhelm Niewöhner gemeinsam mit verschiedenen Zeitzeugen ebenso unterhaltsam wie gekonnt die Kuriositäten vorstellte und das Publikum Teil des Dialogs und der Geschichten werden ließ.
Jahrhunderte alte Bauernhäuser gehören bis heute zum Ortsbild Güttingens. Viele davon wurden und werden renoviert. Bei manchen kam dabei Kurioses zum Vorschein – Katzenmumien.
Umbau mit schauriger Entdeckung
So erging es auch dem Zeitzeugen Wolfgang Fiedler. 2008 wurde er Besitzer des Nägele-Hauses in Güttingen, dessen Spuren bis ins Jahr 1650 zurückführen. „Bei der Renovierung sind uns im Zwischenboden die Katzenmumien regelrecht entgegengefallen“, erzählte Fiedler.
Besonders kurios sei der Fund einer Katzenmumie gewesen, die mit einem Rosenkranz versehen war. Vermutlich handelt es sich bei den Katzenmumien um einen abergläubischen Brauch, der zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert praktiziert wurde, sagte er. Heute sind die Relikte der Güttinger Katzenmumien Teil einer Ausstellung des Radolfzeller Stadtmuseums.
Geheimsprache für die Jugend
Ebenso geheimnisvoll erscheint eine weitere Geschichte über die sogenannte Spitzbubensprache. Hierfür nahmen Gertrud Will-Claas und Gerda Schmidt auf dem grünen Bänkle Platz. „Was wir wissen, ist, dass das Phänomen einer sogenannten Spitzbubensprache vom Schwarzwald kommend zu uns nach Güttingen kam“, berichtete Friedhelm Niewöhner.
Will-Claas und Schmidt haben die Spitzbubensprache, eine Art fiktive Geheimsprache, in ihrer Jugend gelernt und konnten sich damals fließend darin unterhalten. Heute kennt diese Sprache kaum noch jemand. Sie soll trotzdem nicht verloren gehen.
„Da die Sprache seit Jahrzehnten nicht mehr in Gebrauch ist, sollen nun eigens Tonaufnahmen angefertigt werden, um den Erhalt der Geheimsprache zu sichern“, sagte Katharina Müller.
Mit Schnecken das Taschengeld aufbessern
Eine weitere Güttinger Kuriosität ist die Schneckensammelstelle. Zeitzeugin Marlies Fuhrmann berichtete vom Weinbergschneckensammeln. In den 1970er-Jahren besserten sich Jugendliche hiermit das Taschengeld auf. „Für das Kilo gab es 70 Pfennig“, erinnert sich Fuhrmann.
Auch Norbert Ruf und Sigmund Fleiner sind für das Projekt wichtige Zeitzeugen. Sie konnten über das in den 1950er- und 1960er beliebte „Scherrmus“-Sammeln (Maulwurf-Sammeln) berichten, sowie über die beiden Skilifte, die über viele Winter hinweg am Ortsrand Güttingens betrieben wurden.

Ortsvorsteher und Zeitzeuge Martin Aichem berichtete gemeinsam mit Gertrud Will-Claas über den sogenannten Vogelherd, einen zwischen Güttingen und Möggingen gelegenen Hügel. Martin Aichem sei von seinem Vater überliefert worden, dass sich hier vor vielen Jahren die Güttinger Dorfjugend zum Kräftemessen mit den Möggingern traf.
„Dies ist ein Thema, bei dem wir zu spät dran sind, es gibt keine Zeitzeugen mehr“, so Friedhelm Niewöhner. Er zeigt damit, wie wichtig das Zeitzeugen-Projekt ist. Es stellt sicher, dass möglichst viele Erinnerungen aus der Güttinger Geschichte erhalten bleiben.