Natalie Reiser

Seit fünf Jahren nehmen zwölf Kindertageseinrichtungen im Landkreis Konstanz an dem Bundesprogramm Sprach-Kitas teil. Ein Fachtag im Berufsschulzentrum Radolfzell und in St. Meinrad zeigte die Erfolge der Sprach-Kitas auf. Andererseits wurde der Mangel an Kindergartenplätzen im Landkreis thematisiert.

Bei dem Programm unterstützt eine zusätzliche Fachkraft die Erzieherinnen bei der Sprachbildung. Ziel des Programms ist es, eine offene und wertschätzende Haltung gegenüber den Kindern und ihren Familien zu fördern. Allen Kindern sollen die gleichen Bildungschancen eingeräumt werden.

Kinder lernen mithilfe von Sprache Wertschätzung für andere Kulturen

„Wir haben uns sehr gefreut, dass der Fachtag stattfinden konnte“, sagt Barbara Bosch. Sie ist Fachberaterin für die Sprach-Kitas, die das Treffen mit der Unterstützung des Fördervereins St. Sebastian organisiert hatte. Pandemiebedingt musste der Fachtag bereits zweimal verschoben werden.

Eine Ausstellung mit dem Titel „Markt der Möglichkeiten“ vermittelte Besuchern einen Einblick in die vielen Angebote, mit denen in Sprach-Kitas gearbeitet wird. In den Eingangsbereichen hängen etwa Willkommensschilder mit Grüßen in allen Sprachen, die von Kindern der Einrichtung gesprochen werden.

Im Radolfzeller Kindergarten St. Josef werden Kinder und Eltern in vielen Sprachen begrüßt.
Im Radolfzeller Kindergarten St. Josef werden Kinder und Eltern in vielen Sprachen begrüßt. | Bild: Natalie Reiser

Einfache Bilder zeigen Kindern, die wenig Deutsch sprechen, wo gegessen oder gelesen wird oder, wo die Hände gewaschen werden. In Sprach-Kitas gehe es vor allem darum, an einer wertschätzenden Haltung allen Familien gegenüber zu arbeiten, erklärte Ute Kuhn, Leiterin des Ami Melly Kinderhauses in Konstanz.

Was in Sprach-Kitas geboten wird

Eine Fachkraft für Sprachbildung unterstütze die Erzieherinnen darin, diese Einstellung zu entwickeln und sprachlich zum Ausdruck zu bringen. Außerdem bringe sie immer wieder neue Ideen für die Arbeit mit den Kindern ein: Zum Beispiel das Vorlesen von Büchern, die die Vielfalt aller Menschen unterstreichen, oder mehrsprachige Vorlesetage, an denen Eltern, die nicht in Deutschland geboren sind, den Kindern in ihrer Muttersprache vorlesen.

Erzieher und Leiterinnen von Kindertageseinrichtungen verfolgen die Diskussion in der St. Meinradskirche. Bild: Natalie Reise
Erzieher und Leiterinnen von Kindertageseinrichtungen verfolgen die Diskussion in der St. Meinradskirche. Bild: Natalie Reise | Bild: Natalie Reiser

Um eine Gemeinschaft der Familien herzustellen, bot das Familienzentrum St. Marien in Stockach einen Papa-Kind-Tag, eine Familiendisco, Zumba und Yoga an. „Das sind so tolle Angebote“, sagte Ivanka Vogt vom Radolfzeller Gesamtelternbeirat Kita in der anschließenden Podiumsdiskussion, die vom Texter Lars Ruppel unterhaltsam moderiert wurde.

Doch leider sei sie regelmäßig in Kontakt mit Eltern, deren Kinder keinen Platz in einer Einrichtung bekommen hätten. „Ich habe keine Antwort auf die Frage dieser Eltern, warum ihr Kind keinen Zugang zur Bildung hat“, sagte sie sehr emotional.

Ein Problem: Nicht alle Kinder finden einen Kita-Platz

Oberbürgermeister Simon Gröger beteuerte, sich für Familien und Kinder in Radolfzell einsetzen zu wollen. Man müsse unabhängig von Analysen, die die demografische Entwicklung der nächsten Jahre berechnen, „auch einfach mal aus dem Fenster schauen“ und sich selbst ein Bild von der aktuellen Situation machen.

Dies habe er bei Besuchen in den Radolfzeller Kindergärten getan. „Wir stehen in der Verantwortung, gute Rahmenbedingungen zu schaffen“, so der OB. Hilfreiche Bundesprogramme müssten auch auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Johann Gleich, Vorsitzender des Fördervereins St. Sebastian, befürwortete den Bau von Familienzentren.

Fachkräftemangel als weitere Herausforderung

Ein weiteres Problem sei der Fachkräftemängel, hob Ute Kuhn hervor. Für ihre Worte: „Wir wollen das, was wir können, auch einbringen und nicht nur Feuer löschen!“ erntete sie Applaus. Einerseits müssten neue Kräfte mobilisiert, andererseits Fachkräfte, die in den Einrichtungen arbeiten, geschätzt werden, betonte die Grünen-Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger.

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Pratyusha Potturi, Vorsitzende des Radolfzeller Gesamtelternbeirats Kita, schlug vor, die Attraktivität des Berufs von Erziehern zu verbessern, indem mit steigender Berufserfahrung neue Anreize gesetzt werden.

Trotz der bestehenden Schwierigkeiten habe sich die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen, die Unterstützung durch das Bundesprogramm erhalten, gesteigert, so Barbara Bosch. Gäbe es das Programm nicht, fehle die Reflexion der sprachlichen Fachkraft, fügte Regina Brütsch von der Arbeiterwohlfahrt hinzu.