Die ganze Kritik entlud sich in einem Wort: Schildbürgerstreich. Geprägt hat es im Zusammenhang mit der neuen Bundesstraße 33 zwischen Allensbach und Konstanz Roland Ballier, Ortschaftsrat aus dem Bodanrück-Vorort Litzelstetten.
Weil man seit Eröffnung des Tunnels Waldsiedlung nicht mehr von Hegne her kommend direkt an den Ortsrand von Wollmatingen fahren kann, müssen bis zu 10.000 Autofahrer täglich lange Umwege in Kauf nehmen, verbunden mit Umweltschäden und Kosten. Vor allem die Sperrung der Landesstraße 220 erregte die Gemüter. Nach fünf Wochen ist eine erste, vorläufige Bilanz möglich.

1. Wenn es nicht gerade ein Problem mit dem Tunnel gibt, fließt der Verkehr auf der B33 besser als zuvor.
Der Wegfall der Ampel bei der Waldsiedlung wirkt sich positiv aus, berichten so gut alle regelmäßigen Nutzer der Straße. Von gelegentlichen Tunnel-Sperrungen abgesehen, macht es sich bemerkbar, dass der Verkehrsfluss nicht mehr blockiert ist. Dies betrifft vor allem die Fahrtrichtung Konstanz, wo sich die Straße zusätzlich von einer auf zwei Spuren aufweitet.
Aus Richtung Konstanz kommend, stockt es oft an der Stelle, wo es einspurig wird, also vor dem Tunnel. Aus regelmäßigem Stillstand ist aber, wie Betroffene berichten, ein zwar zähflüssiger, aber aber doch fließender Verkehr geworden. In einer ersten Bilanz bestätigt dies auch das zuständige Regierungspräsidium Freiburg. Sprecher Matthias Henrich: „Aus Sicht des RP Freiburgs hat sich die Verkehrslage auf der B33 im Bereich der Waldsiedlung seit der Verkehrsfreigabe des Tunnel Waldsiedlung entspannt.“
2. Auf der Westtangente und an der Abbiegung dorthin von der Bundesstraße 33 sind Staus bisher ausgeblieben.
Eine Befürchtung des Litzelstetter Ortschaftsrats Roland Ballier war, dass der Stau einfach von der Ampel bei der Waldsiedlung an die Ampel bei der Einmündung der Westtangente (auch als Landesstraße 221 bekannt) in die Bundesstraße verlagert wird. Das ist nicht eingetreten, stellt Ballier heute fest: „Erstaunlich und damit positiv ist die Tatsache, dass die Einmündung der Westtangente in die B33 am Flugplatz den anfallenden Verkehr offenbar ganz gut verkraftet. Im Vergleich zu den bisherigen Staus an der Ampel Waldsiedlung läuft der Verkehr hier wirklich weitgehend staufrei.“
Dennoch gibt er auch zu bedenken: „Der Vorteil wird allerdings – wie bekannt – durch eine deutlich längere Strecke verbunden mit höherem Spritverbrauch und Abgasbelastung erkauft.“ Berechnungen des SÜDKURIER hatten ergeben, dass der Umweg bei jeder einzelnen Fahrt rund 2,6 Kilometer beträgt.
3. Die Sperrung der Landesstraße 220 betrifft vor allem die Waldsiedlung – und wird nicht immer respektiert.
Die Bewohner der Reichenauer Waldsiedlung haben früh Kritik daran geübt, dass sie nun nicht mehr auf direktem Wege, also beim Umspannwerk vorbei, bis zum Wollmatinger Ortsrand und damit auch zur Kreuzung in Richtung Bodanrück-Orte oder Fähre fahren können.
Dieser Missstand besteht weiterhin, denn mit der Tunnel-Freigabe wurde die L220 gesperrt. Befahrbar ist die Straße im Moment aber durchaus, und immer wieder ignorieren Autofahrer die Absperrung, wie Beobachtungen vor Ort zeigen.

Während die Durchfahrt zur B33 wegen der Stoppstelle beim Wiederauffahren auf die Bundesstraße nicht attraktiv ist, ist der Weg in die und aus der Waldsiedlung auf dem verbotenen Schleichweg kürzer. Die Online-Petition, die Yvonne Flour aus der Waldsiedlung gestartet hat, haben für die Wiederherstellung der Verbindung über 700 Menschen unterschrieben.
4. In den Bodanrück-Orten gibt es die Wahrnehmung, der Durchgangsverkehr habe zugenommen.
Wenn die Westtangente nicht unter dem zusätzlichen Verkehr kollabiert, so die Vermutung nicht nur von Roland Ballier aus Litzelstetten, dann belegt das, dass sich die Autofahrer längst alternative Routen gesucht haben. Alses im Juli zu einer kurzfristigen Sperrung kam, war auch genau das eingetreten.

Roland Ballier geht davon aus, dass es an der Westtangente „eine vermutlich deutlich geringere Verkehrsbelastung an dieser Stelle generell“ gibt. Und er folgert: „Es scheint so, dass ein Teil des Verkehrs aus Richtung Stockach/Radolfzell nach Konstanz – unter anderem durch Navi-Führung bedingt – nunmehr über den Bodanrück und die entsprechenden Gemeinden verläuft.“
Anders allerdings die Wahrnehmung des Dettinger Ortsvorstehers Roger Tscheulin. Er erklärt auf Anfrage, der Verkehr durch Dettingen habe nach seinem bisherigen Eindruck eher nicht zugenommen. Das Regierungspräsidium will erst mal weitere Daten erheben und dann eine Einschätzung abgeben.
5. Im Gebiet Eichbühl wächst die Kritik an Schleichverkehr über die Kindlebildstraße.
Mit einer ähnlichen Logik argumentieren Anwohner im Wohngebiet Eichbühl. Sie berichten, dass der Verkehr über die Kindlebildstraße, die vom Bahnhof Reichenau in die Ortsmitte von Wollmatingen führt, zugenommen habe. Dies führen sie darauf zurück, dass für diese Strecke bisher gut geeignete Landesstraße 220, nördlich an der Waldsiedlung vorbei, nicht mehr zur Verfügung steht.
Nach Informationen des SÜDKURIER hat sich die im Jahr 2009 formierte Initiative der Anwohner auch ans zuständige Regierungspräsidium Freiburg gewandt. Aktuell teilt die Behörde dazu mit: „Erkenntnisse über einen möglichen Schleichverkehr werden derzeit gesammelt. Eine Auswertung erfolgt im Herbst 2022.“