Anfang der Achtzigerjahre schwappte eine erste große Fitnesswelle aus den USA nach Deutschland. Wer kann sich nicht an die US-amerikanische Schauspielerin Jane Fonda erinnern?

Sie brachte mit ihren Fitness-Videos Aerobic auf die Fernsehbildschirme daheim. Das typische Aerobic-Outfit bestand aus engen Gymnastikhosen in grellen Farben mit einer Art Badeanzug darüber. Niemals durften dabei bunte Stirnbänder, Stulpen und Schweißbänder fehlen.

„Die Hallen waren voll“

Die im Jahr 1979 vom Turnverein Rielasingen (TVR) zur Oberturnwartin gewählte Barbara Schoch nahm sich damals schnell des neuen Trends an. 1983 gründete sie mit Unterstützung von Evi Schöller eine Aerobic-Gruppe. „Die Hallen waren voll“, erinnert sich Barbara Schoch an diese Zeit zurück.

Die Gruppe habe großen Erfolg gehabt und bis zu 150 Teilnehmer seien zu den Kursen gekommen, man habe sich förmlich auf dieses neue Angebot gestürzt, erzählt sie. Dabei habe das Aerobic damals eine starke tänzerische Note gehabt und sei noch nicht nach festen Regeln verlaufen.

Musik kam von Kassetten

Es war ein neues Erlebnis, sich nach flotter und rhythmischer Musik aus den USA zu bewegen. Doch diese Musik gab es – im Gegensatz zu heute – noch nicht fertig zu kaufen. Barbara Schoch musste sie auf Musikkassetten selbst zusammenschneiden. Und weil nicht jedes Mal das gleiche Band laufen sollte, wurde immer wieder eine neue Kassette aufgenommen. Nur die Eingangs- und die Ausgangsmusik sei immer gleich geblieben, so Schoch.

2021: Fast vier Jahrzehnte sind vergangen, aber sie wissen noch wie es geht: Marianne Heimberg (v.l.), Conrad Caserotto, Barbara Schoch ...
2021: Fast vier Jahrzehnte sind vergangen, aber sie wissen noch wie es geht: Marianne Heimberg (v.l.), Conrad Caserotto, Barbara Schoch und Siegfried Wössner. | Bild: Sandra Bossenmaier

Die große Nachfrage nach den Aerobic-Kursen des TVR flachte dann nach etwa drei Jahren ab. Heute sind die Weiterentwicklungen des Workouts sportlicher und werden im Turnverein Rielasingen in zahlreichen Kursen – wie beispielsweise Zumba – angeboten. Es entwickelten sich etliche neue Fitnessprogramme, bei denen auch Zusatzgeräte wie Hanteln oder Stepper gezielt eingesetzt werden.

„Übungsleiter hatten freie Hand“

Für Siegfried Wössner, den damaligen Vorsitzenden des TVR, war es selbstverständlich, dem neuen Fitnesstrend zu folgen. „Die Übungsleiter hatten freie Hand, und Neues ist immer gut für den TVR“, erinnert er sich gerne an diese Zeit zurück.

Das Sportangebot damals sei schon sehr vielschichtig gewesen, besonders viele Kinder seien im Verein aktiv gewesen und gerne habe man an Wettkämpfen und Gau-Kinderturnfesten teilgenommen. „Wir gewannen viele Medaillen und fast immer standen auch die Rielasinger auf dem Siegertreppchen“, so Conrad Caserotto, der auch damals schon als Übungsleiter aktiv war.

Ab 1987 dann Leichtathletik

Und noch eine neue große Veränderung gab es im Jahr 1987: Eine Leichtathletik-Gruppe wurde gegründet. Der damalige Sportlehrer Wolfgang Mayer hatte die Idee dazu und bereits kurze Zeit später wurde das Training begonnen.

„Wir trainierten auf dem Fußballplatz Oberwiesen in Worblingen“, blickt Conrad Caserotto auf diese spannende Zeit zurück. Dort sei es ideal für die Leichtathleten gewesen. „In Worblingen gab es unter anderem eine 100-Meter-Bahn und eine Anlage zum Kugelstoßen“, so Caserotto. Das Übungsgelände auf der Talwiese gab es nämlich noch nicht.

160 Leichtathleten ab fünf Jahre

Heute hat die Abteilung Leichtathletik des Turnvereins Rielasingen etwa 160 Mitglieder ab dem Alter von fünf Jahren. Kinder trainieren überwiegend die Disziplinen Weitsprung, Wurf, Sprint und Staffel, wie Abteilungsleiter Matthias Jäschke berichtet. Dabei achten die Trainer auf Koordination, Beweglichkeit, Stabilisierung, Kraftentwicklung, Ausdauer und Rhythmus. Bei den Jugendlichen werde das Training leistungsorientierter durchgeführt, und der Schwerpunkt liege bei Koordination, Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer.

Das könnte Sie auch interessieren

Für alle sei es das primäre Ziel, gemischt breitensportlich und leistungsorientiert Leichtathletik zu trainieren. „In der Gruppe für Erwachsene betreiben wir mehr als nur Fitnesstraining“, so Jäschke. Dabei sei auch immer das Training im Außenbereich mit Spaß und Motivation ein Schwerpunkt.

Vereinsleben verändert sich

Die Mitgliederzahl des TVR verdoppelte sich in den vergangenen vier Jahrzehnten fast, auch das Angebot wurde umfangreicher. Gleichzeitig veränderte sich das soziale Miteinander im Turnverein Rielasingen. „Wer damals Sport machen wollte, ging in den Turnverein“, erinnert sich die heutige Vorsitzende Marianne Heimberg zurück. Dabei habe es selbstverständlich dazu gehört, Verpflichtungen im Verein zu übernehmen. Heute sei das Sportangebot außerhalb eines Vereines sehr groß und es sei schwieriger geworden, mit Ehrenamtlichen etwas zu organisieren.

Das könnte Sie auch interessieren

„Den günstigen Beitrag im Turnverein nimmt man gerne an, aber verpflichten möchten sich immer weniger Mitglieder“, fasst sie das soziale Miteinander im Verein zusammen. „Früher waren viele im Turnen, es war gesellig und oft ging man nach dem Sport noch etwas trinken“, so Conrad Caserotto. Damals sei der Verein vergleichbar mit einer großen Familie gewesen. Das habe sich in den letzten vier Jahrzehnten verändert.