Singen ist inzwischen schon 126 Jahre alt und hat 2024 sein 125-jähriges Bestehen gefeiert. Der SÜDKURIER wirft daher einen Blick zurück und zeigt, wie sich die Stadt über die Jahre verändert hat. Bilder und Informationen wurden von Britta Panzer und Selina Mitchell vom Stadtarchiv Singen zur Verfügung gestellt. Den ersten Teil mit Vorher-Nachher-Bildern gibt es hier.

Musikinsel Baumwollspinnerei Trötschler/Jugendmusikschule

Im ersten früh-industriellen Gebäude Singens auf der Musikinsel bestanden laut Stadtchronik seit 1783 zunächst eine Tabakfabrik und andere vor-industrielle Nutzungen. Die dort im Jahr 1845 gegründete Spinnerei Trötschler & Wolff wurde später von der Baumwollspinn- und Weberei Arlen übernommen. Die notwendige Energie für den Betrieb wurde zu etwa 400 PS aus der Aach und mit 1000 PS von einer Dampfmaschine gewonnen, so die Stadtchronik. Die Spinnerei wurde 1928 geschlossen. Dabei haben rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits kurz vor der Weltwirtschaftskrise 1929 ihre Arbeit verloren.

Die Baumwollspinnerei Trötschler auf der Musikinsel. Das Foto muss nach Angaben des Stadtarchivs zwischen 1929 und 1933 aufgenommen ...
Die Baumwollspinnerei Trötschler auf der Musikinsel. Das Foto muss nach Angaben des Stadtarchivs zwischen 1929 und 1933 aufgenommen worden sein. | Bild: Stadtarchiv Singen

Heute steht an dieser Stelle in der Schlachthausstraße die Jugendmusikschule. Die Jugendmusikschule wurde 1971 gegründet und ist die älteste Musikschule im Landkreis Konstanz. Seit 1990 ist sie auf der Insel ansässig und bildet mit Musikpavillon mit Proberäumen, Walburgis-Saal und Konzertsegel einen Ort der kulturellen und gesellschaftlichen Begegnung.

Die Jugendmusikschule hat heute den Platz der ehemaligen Baumwollspinnerei eingenommen. Im Bild sind die Außenanlagen mit Walburgis-Saal ...
Die Jugendmusikschule hat heute den Platz der ehemaligen Baumwollspinnerei eingenommen. Im Bild sind die Außenanlagen mit Walburgis-Saal und Konzertsegel zu sehen. | Bild: Graziella Verchio

Theresienkapelle

Im Zweiten Weltkrieg wurde im Industriegebiet ein Kriegsgefangenenlager errichtet. In einer Holzbaracke wurden Gottesdienste beider Konfessionen abgehalten. Der Lagerkommandant Le Pan de Ligny, gläubiger Katholik, regte 1946 den Bau einer Kapelle in Festbauweise an – das war die Geburtsstunde der Theresienkapelle. Damit ist die Theresienkapelle nicht nur eine katholisch geweihte Kirche, sondern auch die einzig erhaltene Lagerkapelle in Deutschland. Sie wurde zudem auf einem ehemaligen Luftschutzbunker errichtet.

Die Theresienkapelle im Industriegebiet. Die Aufnahme ist 1947 entstanden.
Die Theresienkapelle im Industriegebiet. Die Aufnahme ist 1947 entstanden. | Bild: Stadtarchiv Singen

Nach der Schließung des Lagers 1948 verwaiste die Theresienkapelle. Der Eigentümer, die Georg Fischer AG, wollte die Kapelle abreißen, um sich zu erweitern. 1957 verfasste ein junger Wilhelm Waibel einen Aufruf in der Lokalpresse, dass die Kapelle erhalten werden müsse. Er wies in dem Artikel auf die Bedeutung der Kapelle als Symbol für Frieden und Versöhnung hin – mit Erfolg. Noch heute steht die Kapelle und wird genutzt, etwa von der italienischen Kirchengemeinde.

Die Theresienkapelle hat sich über die Jahre nicht verändert. Im vergangenen Jahr fanden Renovierungsarbeiten statt.
Die Theresienkapelle hat sich über die Jahre nicht verändert. Im vergangenen Jahr fanden Renovierungsarbeiten statt. | Bild: Graziella Verchio

Holzerbau/Cano

Von 1893 bis 1963 standen an der Ecke Bahnhofstraße/August-Ruf-Straße den Bahnangestellten Dienstwohnungen zur Verfügung, die 1963 abgerissen wurden. Der Holzerbau wurde schließlich 1968 als Wohn- und Geschäftshaus von Walter Holzer errichtet. Neben dem Holzerbau steht seit 1932 das Café Hanser.

Der Holzerbau im Jahr 1987.
Der Holzerbau im Jahr 1987. | Bild: Stadtarchiv Singen

Auf der linken Seite des Cafés befand sich von 1958 bis 1966 die Eisenhandlung Adolf Fischer, die dann in die Erzbergerstraße umgezogen ist. Das Geschäft wurde 1835 gegründet und war bis 1958 am Hohgarten zu finden, als die Hauptstraße verbreitert wurde und für den Rathausneubau weichen musste. Der Holzerbau wurde 2018 abgerissen und hat damit Platz für das Einkaufszentrum Cano gemacht. Es wurde im Dezember 2020 eröffnet.

Seit 2020 steht anstelle des Holzerbaus das Einkaufszentrum Cano neben und um das Café Hanser.
Seit 2020 steht anstelle des Holzerbaus das Einkaufszentrum Cano neben und um das Café Hanser. | Bild: Graziella Verchio

Dieser Artikel erschien erstmals im September 2024.