Paul ist ganz aufgeregt. „Ich möchte den Brief einwerfen“, sagt der Fünfjährige aus Heudorf. Es ist ein wichtiger Brief – wirklich sehr wichtig. Der Brief ist an das Christkind in Engelskirchen adressiert – ein Wunschzettel. Paul hofft auf eine Playmobil-Polizeistation. Sein Wunsch geht vielleicht in Erfüllung. Immerhin war er dieses Jahr sehr brav.
Abgeschickt wird der Wunschzettel auf dem Weihnachtspostamt in Singen. Auf dem Singener Hüttenzauber, dem Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus, steht zwischen Glühwein- und Kuchenstand eine kleine Hütte mit einem eisernen Briefkasten. „Post zum Christkind“ steht auf einem Schild. Buntbedrucktes Papier und ein Kugelschreiber liegen dort bereit für Briefeschreiber.
Den Glauben an das Christkind erhalten
Seit drei Jahren gibt es das Weihnachtspostamt in Singen. Alle Jahre wieder könnte man sagen. „Und in jedem Jahr erhalten wir mehr Briefe“, sagt Katrin Schellinger. Sie arbeitet bei Event Promotions, den Organisatoren des Singener Hüttenzaubers. Doch in der Adventszeit übernimmt sie einen viel wichtigeren Job. Sie ist die Helferin des Christkindes. „Jeden Tag gehe ich am Briefkasten vorbei und schaue nach, wie viele neue Briefe eingeworfen wurden“, sagt sie.
Dabei müsse sie aber immer gut aufpassen. „Kinder sehen einfach alles. Einmal hat ein Kind beobachtet, wie ich den Briefkasten aufschließen wollte. Da hat es seine Mutter gefragt: ‚Was macht die Frau an dem Briefkasten für das Christkind?‘ Also habe ich schnell einen Zettel genommen, eingeworfen und bin weitergegangen“, erzählt sie. Sie möchte keine Zweifel an der Existenz des Christkindes säen. „Es ist einfach so schön, dass viele Kinder noch an das Christkind glauben“, sagt sie.
Tatsächlich gehen jährlich mehr als eine halbe Million Briefe an Christkind, Weihnachtsmann & Co. bei den sieben Weihnachtspostämtern in Deutschland ein. Und es werden immer mehr. Die offiziellen Postämter sind in den Gemeinden Himmelpfort, Himmelsthür, Engelskirchen, Himmelpforten, Himmelstadt, Nikolausdorf und St. Nikolaus ansässig. Jeder Brief, versichern die Postämter, werde beantwortet – egal, ob der Schreiber im In- oder Ausland wohnt.
Borussia Mönchenglad soll Deutscher Meister werden
Eine halbe Million Briefe kommen im Weihnachtspostamt in Singen nicht an. Beantwortet werden aber auch dort alle der über 270 eingegangenen Briefe. Dafür sorgt Katrin Schellinger. Sie antwortet im Auftrag des Christkindes jedem Schreiber – egal ob Jung oder Alt. Denn nur nicht Kinder richten ihre Wünsche an das Christkind, sondern auch Erwachsene. „Natürlich erlauben sich manche einen Spaß“, sagt Katrin Schellinger. Ein Schreiber habe sich zum Beispiel gewünscht, dass Borussia Mönchengladbach kommende Saison Deutscher Meister werde. Sogar ein Brief aus Barcelona habe es in den Briefkasten in Singen geschafft, „nur leider ohne Adresse“.
„Hier ist ein besonders beeindruckender Brief“, sagt Schellinger. Sie zieht einen Wunschzettel aus dem Stapel hervor. Ein Mädchen hat die vorgedruckte Anrede „Liebes Christkind“ durchgestrichen und „Liebe Mama“ hingeschrieben. „Sie hat es voll geschnallt“, sagt Schellinger und lacht. Ab welchem Alter sie nicht mehr an das Christkind geglaubt hat, weiß sie nicht mehr. Aber manchmal, würde sie gerne noch an das Christkind glauben. „Es ist echt ergreifend, was die Kinder alles schreiben“, sagt Schellinger. Viele Kinder bedanken sich auch bei dem Christkind oder wünschen der verstorbenen Oma ein schönes Weihnachtsfest im Himmel.
Kinder wünschen sich Puppen, Kuscheltiere und weiße Weihnachten
Was wünschen sich die Kinder zu Weihnachten? „Puppen, Lego und Kuscheltiere, aber auch weiße Weihnachten„, sagt Schellinger. Sie seufzt leicht. Manche Wünsche könne eben auch das Christkind nicht erfüllen. Für ein paar strahlende Augen kann Schellinger dennoch sorgen. „Bis Heiligabend hat jedes Kind ein Antwortschreiben vom Christkind und bekommt sogar eine kleine Überraschung“, sagt sie. Was ist die Überraschung? „Das Christkind verrät doch nicht alle seine Geheimnisse“, sagt Schellinger und grinst.