War das Absicht, ein Schildbürgerstreich oder waren die Argumente von Oberbürgermeister Bernd Häusler einfach so überzeugend? Ein AfD-Antrag hat in der jüngsten Sitzung des Singener Gemeinderats für jede Menge Fragezeichen gesorgt. Dabei ging es weniger um den Inhalt, sondern um das Abstimmungsverhalten der AfD-Stadträte. Diskutiert wurde darüber, für wen es eine Schweigeminute geben soll und für wen nicht.

Der erste Antrag der AfD ist schnell zusammengefasst: Nach den schlimmen Vorkommnissen in Magdeburg sollte eine Schweigeminute für die dortigen Opfer abgehalten werden. Zur Erinnerung: Bei dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt steuerte ein Mann am Abend des 20. Dezember 2024 ein Fahrzeug durch eine Rettungsgasse und fuhr mit hoher Geschwindigkeit durch die Besuchermenge. Dadurch wurden sechs Menschen getötet und mindestens 299 weitere verletzt. Der Täter wurde von der Polizei unmittelbar nach der Amokfahrt festgenommen.

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Für OB Bernd Häusler und die restlichen Gemeinderäte stand dabei eines außer Frage. „Der Singener Gemeinderat verurteilt aufs Schärfste die in den vergangenen Monaten erfolgten terroristischen Attentate in verschiedenen deutschen Städten“, betonte der Singener Rathauschef stellvertretend. Natürlich verbinde die Stadt die Trauer um die Opfer mit dem Willen, sich gegen jede Art von menschenverachtendem Gedankengut zu engagieren und das Sicherheitsgefühl der Singener Bevölkerung zu stärken.

Gemeinderat und Stadtverwaltung legen Veto ein

Allerdings erachteten sowohl der Gemeinderat als auch die Stadtverwaltung eine Schweigeminute für die nicht unmittelbar die Stadt Singen betreffenden Verbrechen in den vergangenen Monaten als nicht angemessen. „Traditionell gedenkt die Stadt Singen verstorbenen Personen, die einen Bezug zur Stadt und Stadtgesellschaft aufweisen sowie einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwesen leisteten“, so Häusler weiter. Zwei Beispiele dafür gab es kurz vorher im Gremium: In einer Schweigeminute gedachten die Stadtverwaltung und der Gemeinderat dem kürzlich verstorbenen Alt-Landrat Robert Maus und dem Singener Alt-Stadtrat Harry Falk.

Auch für weltpolitische Ereignisse habe es im Gemeinderat schon Schweigeminuten gegeben. Laut Häusler etwa beim Überfall der Hamas-Terroristen auf die Menschen in Israel im Oktober 2023. „In der Vergangenheit wurde nur in außerordentlich seltenen Fällen Ereignissen gedacht, die aufgrund ihrer weltweiten Bedeutung einen tiefen Eindruck bei vielen Menschen hinterlassen haben – der Hamas-Angriff war einer davon.“ Man müsse aber auch aufpassen, dass die Schweigeminuten nicht inflationär würden.

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Kurios wurde es nach dieser Einordnung des Oberbürgermeisters beim Abstimmungsverfahren. Es würde naheliegen, dass die Antrags-Fraktion ihren Vorschlag nochmals im Gremium befürwortet. Doch die anwesenden AfD-Stadträte Georg Borchert und Waldemar Koschel – Fraktionssprecher Thomas Frischmuth fehlte – machten davon nicht nur keinen Gebrauch, sondern stimmten am Ende ohne Redebeitrag gegen den Vorschlag aus der eigenen Gruppierung.