Singen wächst. In den vergangenen zehn Jahren ist die Einwohnerzahl um rund zehn Prozent angestiegen. Nahezu 50 000 Menschen leben in der Stadt und die Suche nach Mietwohnungen zu erschwinglichen Preisen gestaltet sich schwierig. Das weiß auch Axel Nieburg, Geschäftsführer der Baugenossenschaft Hegau. Das Unternehmen hat die Jahresbilanz vorgelegt. Die zeigt deutlich auf, wie sich das Unternehmen auf die Zukunft vorbereitet.

Mietwohnungen zu bezahlbaren Preisen in der Region zur Verfügung stellen zu können, ist das historische Ziel der 1952 gegründeten Genossenschaft. Dies will Nieburg auch heute erreichen. „Unsere Mieten liegen aktuell zwischen 3,85 und 8,96 Euro pro Quadratmeter monatlich“, erklärt er. Im Durchschnitt bei rund 6 Euro, was im Vergleich mit dem Markt erstaunlich sei: Der Blick auf das Onlineportal Immowelt zeige, das Mietpreise unter zehn Euro pro Quadratmeter in der Region unüblich seien.

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Dass die Hegau nicht nur billig könne, sei Programm. „Angebote in verschiedenen Preissegmenten sind Grundlage einer gemischten Mitgliedersozialstruktur“, erklärt Nieburg und blickt zufrieden auf die Bilanz. Zwar fiel der Ertrag im Vergleich zum Vorjahr von 3,3 Millionen Euro auf 1,8 Millionen Euro, aber das Geld sei gut investiert. Einerseits würden über 300 neue Mietwohnungen gebaut oder projektiert, andererseits der Gebäudebestand konsequent energetisch saniert. Über zwei Millionen Euro wurden für Sanierungsmaßnahmen ausgegeben. Dies schone das Klima, spare langfristig Energiekosten und sichere die Attraktivität der Genossenschaftswohnungen. Klimaschutz kann sich also lohnen – nicht nur für nachfolgende Generationen, sondern auch für die Wirtschaftsunternehmen von heute. „Die zuletzt gewachsene Bedeutung des Klimaschutzes bestätigt unsere auf Nachhaltigkeit bedachte, langfristige Geschäftspolitik der letzten zwei Jahrzehnte“, so Nieburg. Für das kommende Geschäftsjahr seien für die Modernisierung, Instandsetzung und Instandhaltung insgesamt 1,97 Millionen Euro vorgesehen. „Der hohe Modernisierungsgrad unseres Wohnungsbestandes lässt in Zukunft reine Modernisierungen mit hohem Instandsetzungs- und Instandhaltungsaufwand zur Ausnahme werden“, kündigt Nieburg an, dass konsequent kombinierte Projekte kommen sollen. Neben der Modernisierung gehe es auch um Aufstockung oder Anbau, um im Sinne der Innenentwicklung Wohnraum zu schaffen, ohne zusätzliche Flächen in Anspruch nehmen zu müssen.

Andererseits sei die Anpassung des Wohnungsbestandes an die demografische Entwicklung ein Zeichen der Zukunftsorientierung des Unternehmens. „Flächenopt

Modernes Bauen mit Fertigbetonteilen ist das Ziel des Projektes Praxedisgärten, das an der Romeiastraße in Singen entstehen soll.
Modernes Bauen mit Fertigbetonteilen ist das Ziel des Projektes Praxedisgärten, das an der Romeiastraße in Singen entstehen soll. | Bild: BGH

imiertes Bauen sichert die Bezahlbarkeit des Wohnens“, sagt Nieburg. Denn auch günstig geschnittene Kleinstwohnungen können den Geldbeutel der Mieter schonen und der Trend zu einer wachsenden Zahl an Single-Haushalten sei absehbar.

Mehr Platz für kleine Wohnungen

In Singen boomt die Bautätigkeit unübersehbar. Die Stadt Singen genehmigte in den letzten fünf Jahren 1000 neue Wohneinheiten. Mit dem Bau des Einkaufszentrums Cano in der Singener Innenstadt geht die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes in einen modernen Knotenpunkt des öffentlichen Personennahverkehrs einher. „Große Wohnungsbauprojekte wie am Herz-Jesu-Platz, an der ehemaligen Friedenslinde, die Wiederbebauung auf dem Grundstück des ehemaligen Michael-Herler-Heimes, des Kunsthallenareals sowie des sich in Vorbereitung befindenden Scheffel-Areals kennzeichnen den Markt“, beobachtet Nieburg. Dabei ließen steigende Verkaufspreise bei Bauträgern auch Grundstücke mit Lagenachteilen als attraktiv erscheinen. Doch die Rahmenbedingen, günstigen Wohnraum für Mietinteressierte zu schaffen, werden immer schwieriger. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann Mietwohnungsbau aus Kostengründen unmöglich wird“, sagt Axel Nieburg als Geschäftsführer der Baugenossenschaft Hegau. Dieses Zeitfenster nutzt die Genossenschaft und schafft Wohnraum für Mieter- auch mit kleinen Geldbeuteln – um die Wohnungsnot in den Griff zu bekommen.

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Das Zahlenwerk der Baugenossenschaft

  • Der Jahresabschluss in Kurzform: Die Baugenossenschaft steigerte die Bilanzsumme 2018 um 2,2 Millionen Euro auf beinahe 94 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss sinkt um rund 1,5 Millionen Euro auf 1,8 Millionen Euro. 213 000 Euro werden in Form einer 4-prozentigen Dividende an die über 4500 Mitglieder ausgeschüttet. Außerdem werden die Rücklagen aufgefüllt. Die Eigenkapitalquote kann so von 33,8 auf 34,8 Prozent gesteigert werden.
  • Das Unternehmen im Überblick: Die Region ist das Arbeitsfeld der Baugenossenschaft. Insgesamt 188 Häuser sind im Bestand – in Singen, Konstanz, Radolfzell, Meßkirch, Ludwigshafen, Gottmadingen und Rielasingen. Bewirtschaftet werden aktuell 1856 Wohnenheiten. Im Durchschnitt bekommt die Baugenossenschaft 416 Euro Monatsmiete pro Wohnung, wie es im Geschäftsbericht heißt.
  • Die Durchschnittsmieten im Vergleich: Mit 6,86 Euro Durchschnittsmiete ist Konstanz – wenig verwunderlich – teuerster Standort, gefolgt von Rielasingen mit 6,78 und Ludwigshafen mit 6,75 Euro. Dies liege daran, dass dort überwiegend neue oder frisch sanierte Gebäude zu finden seien. Die günstigsten Standorte sind Meßkirch mit 4,87 Euro Durchschnittsmiete pro Quadratmeter im Monat, gefolgt von Singen und Radolfzell mit rund 5,90 Euro. Letzteres sei vor allem dem größeren Altbestand in den beiden Städten geschuldet. Stockach liegt bei 6,07 Euro und Gottmadingen bei 6,20 Euro Durchschnittsmiete. (bie)