Während eine Corona-Erkrankung bei vielen Menschen inzwischen meist nach wenigen Tagen überstanden ist, hat sie für Ute Seifried drastische Folgen: Es könnte sein, dass Singens Bürgermeisterin nicht in ihr Amt zurückkehren kann. „Trotz Reha und der intensiven Bemühungen meiner Ärzte ist bisher keine Verbesserung meines Gesundheitszustandes eingetreten, die es mir aktuell erlauben, in das Rathaus zurückzukehren“, erklärt Seifried.

Wie Seifried den Gemeinderäten in einem Schreiben, das sie auch dem SÜDKURIER zur Verfügung gestellt hat, erklärte, hätten sich die massiven gesundheitlichen Probleme, unter denen sie nach einer Corona-Infektion seit Anfang des Jahres leide, nicht verbessert. Sie habe Oberbürgermeister Bernd Häusler daher nun beauftragt, das Verfahren zur Feststellung einer Dienstunfähigkeit einzuleiten. „Ich bin Bernd Häusler sehr dankbar für sein Verständnis in den vergangenen Monaten und für seine Bereitschaft, auch jetzt noch länger zu waren, ob sich mein Gesundheitszustand nicht doch noch verbessert“, betont Seifried.

Herzrasen, Schwindelanfälle, Erschöpfung

Das Corona-Virus hatte Bürgermeisterin Ute Seifried bereits im März 2022 das erste Mal erwischt. „Da habe ich ziemlich dagegen gewütet, bin dagegen angerannt“, schildert sie in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER im Juni. Sie habe ihre Symptome so einfach nicht akzeptieren wollen und ihren Körper gezwungen, weiterzumachen. Aber die Folgen seien verheerend gewesen: Herzrasen, Schwindelanfälle, heftige Muskelschmerzen und Erschöpfung.

„Auch da hat alles sehr lange gedauert. Erst im Frühjahr 2023 wurde es besser und ich war sicher, dass es wieder ganz gut wird“, so Seifried damals. Es wurde sehr langsam besser – bis zum 2. Januar 2024, als sie erneut an Corona erkrankte. „Da ging alles wieder von vorne los, nur heftiger“, so Seifried. Ihr letzter öffentlicher Auftritt war im März.

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Die Diagnose lautet: Long Covid. Laut dem Robert Koch Institut (RKI) handelt es sich dabei nicht um ein einheitliches Krankheitsbild, sondern um verschiedene mögliche gesundheitliche Langzeitfolgen nach einer vorangegangenen Corona-Infektion. Diese können unterschiedliche Organsysteme betreffen, unterschiedliche Beschwerden verursachen und auch unterschiedliche Ursachen haben.

Seifried muss die Reißleine ziehen

Nach einigen Monaten in Behandlung sei sie jetzt an einem Punkt angelangt, an dem sie aus Verantwortung gegenüber der Stadt und gegenüber der eigenen Gesundheit die Reißleine ziehen müsse. „Die Stadt Singen braucht jemanden, der sich mit voller Kraft für ihre Belange und die ihrer Bürger einsetzen kann und es sieht nicht so aus, als könnte ich das in absehbarer Zeit wieder sein“, so Seifried weiter.

Der Schritt dazu sei für sie kein einfacher gewesen: „Mich jeden Tag den Herausforderungen in meinem Amt zu stellen, um zusammen mit dem Team im Rathaus und dem Gemeinderat nach Lösungen suchen, war nicht nur ein Job, es war meine große Leidenschaft.“

Bestürzung im Rathaus: „Sehr bedauerlich“

Oberbürgermeister Bernd Häusler und Bürgermeisterin Ute Seifried bilden seit Jahren ein eingespieltes Team an der Singener Rathausspitze. Die nun mögliche Dienstunfähigkeit Seifrieds sorgt auch beim Singener Rathauschef für Bestürzung: „Die lange Krankheitsdauer unserer Bürgermeisterin und ein mögliches frühzeitiges Ende ihrer Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen wäre für die Stadt Singen sehr bedauerlich“, erklärt Häusler auf Anfrage.

Seifried habe sich in ihrem Amt mit hoher Kompetenz und Engagement für die Vision einer sozialen Stadtgesellschaft in ihren Aufgabenbereichen wie Schule, Kinderbetreuung, Bürgerservice eingesetzt.

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„Für die hohen Herausforderungen, die ihr Amt mit sich bringt – umso mehr wir uns gerade in Zeiten der Haushaltskonsolidierung befinden – braucht sie allerdings ihre ganze Kraft. Wenn Frau Seifried der Auffassung ist, dass sie den Aufgaben aufgrund gesundheitlicher Gründe nicht gewachsen ist, zeugt es von Größe zu sagen, es geht nicht weiter“, so Häusler weiter.

Das Fehlen Seifrieds in den vergangenen Monaten sei deutlich zu spüren gewesen. Menschlich tue es OB Häusler äußerst leid, dass eine langjährige Kollegin, mit der er eng zusammengearbeitet habe, derart stark mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen habe, die sie in ihrem Alltag dermaßen einschränke.

So könnte es jetzt weiter gehen

Was bedeutet das nun eingeleitete Verfahren zur Feststellung einer Dienstunfähigkeit von Bürgermeisterin Ute Seifried für die Stadt Singen? Laut der städtischen Pressestelle sei zentraler Bestandteil eines solchen Antrages eine unabhängige Beurteilung der Dienstfähigkeit durch einen Amtsarzt. „Dieser Amtsarzt, der für diesen Fall im Landratsamt Breisgau/Hochschwarzwald ansässig ist, wird beurteilen, ob eine Dienstfähigkeit von Frau Seifried wiederhergestellt werden kann oder nicht“, teilt die Pressestelle mit.

Sollte die Dienstunfähigkeit durch den Amtsarzt festgestellt werden, habe der Beamte – in diesem Fall Ute Seifried – vier Wochen Zeit, um dagegen Widerspruch einzulegen. „Danach könnte eine Ruhestandsetzung durch die Stadt erfolgen“, so die Stadtverwaltung weiter. Wann und wie genau es weitergeht, ist daher derzeit noch unklar.

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Bereits bei Bekanntwerden der Long-Covid-Erkrankung hatte Bürgermeisterin Ute Seifried erklärt, dass die Arbeit in ihrem Fachbereich trotz ihrer Erkrankung erledigt werde. Dafür danke sie den Fachbereichsleitern Bernd Walz und Torsten Kalb sowie OB Bernd Häusler stellvertretend für ein ganzes Team. Sie betonte allerdings: „Aber natürlich ist es eine zusätzliche Belastung für alle, auch für die ehrenamtlichen Stellvertreter aus dem Gemeinderat, die viele Termine zusätzlich übernehmen.“