Am Ende wurde es grundsätzlich. Etliche Stadträte befanden sich nach einer ebenso ausführlichen wie kontroversen Diskussion über den Antrag des Singener Kegelvereins „SKG 77“ auf einen Zuschuss von knapp 154.000 Euro noch immer im Zwiespalt, weshalb Oberbürgermeister Bernd Häusler eine Vertagung der Entscheidung anregte. Zu diesem Zeitpunkt saß man bereits gut fünf Stunden beisammen und da auch vorausgegangene Tagesordnungspunkte vertagt worden waren, platzte Sabine Danassis der Kragen. Die Grünen-Stadträtin sah keinen Sinn darin, bis zu spätnächtlicher Stunde zu verhandeln, nur um dann ohne ein Ergebnis nach Hause zu gehen.

Schlagabtausch zwischen Stadträtin und OB

Derart in Fahrt geraten, machte Sabine Danassis den Vorschlag, bei den noch ausstehenden Themen die Diskussionsdauer auf zehn Minuten zu begrenzen – Demokratie im Schnellverfahren also. Das wiederum brachte OB Häusler auf Touren. Wegen Corona habe der Rat während acht Wochen nicht tagen können, die Situation der Stadt habe sich durch die Pandemie-Auswirkungen fundamental verändert und in dieser Lage werde er Redebeiträge nicht mit Verweis auf ein Zeitbudget verbieten. „Wir leben in einer Demokratie und das find‘ ich gut“, entgegnete er der Stadträtin. Der Rest der Räte schloss sich seiner Auffassung an und lehnte die Anträge von Sabine Danassis auf einen Verzicht der Vertagung sowie die Diskussionsverkürzung ab.

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Damit steht auch dem Kegelverein eine Geduldsprobe bevor. Nach Einschätzung von Bernd Walz, der im Rathaus für den Bereich der Vereinsbetreuung zuständig ist, geht es bei dem Zuschuss um nicht weniger als die Existenz. Dem Club ist seine Spielstätte in Hilzingen/Twielfeld durch eine Nutzungsänderung abhanden gekommen, eine Alternative bietet sich in der Vereinsgaststätte des ESV Südstern Singen in der Steißlinger Straße. Dort gibt es eine Kegelanlage, die sich allerdings in einem maroden Zustand befindet.

Verein stellt Sportler für Jugendnationalmannschaft

Die Kosten der Sanierung würde sich in einem ersten Schritt auf 347.000 Euro belaufen, von denen die Stadt besagte 154.000 Euro übernehmen soll. Weitere 92.000 Euro würde der Badische Sportbund tragen, den Rest von immerhin noch 100.000 Euro will der 79 Mitglieder zählende Vereins selbst aufbringen. Als Argument für die Unterstützung der Kegler führte Bernd Walz die Professionalität des Vereins unter anderem mit einem Titel als Deutscher Meister und der guten Jugendarbeit ins Feld – so gehören beispielsweise zwei Kegler aus Singen zur Jugendnationalmannschaft.

Für den Plan spricht außerdem, dass der ESV mit Auslaufen des Erbpachtvertrags im Jahr 2023 umziehen und das Gebäude in der Steißlinger Straße dann der Stadt überlassen möchte. Der Zuschuss würde also quasi in den eigenen Bestand investiert, mit dem Kegelverein hätte man einen Mieter und außerdem wäre Platz für die Unterbringung weiterer Vereine. Überdies sieht sich OB Häusler in einer politischen Pflicht: Zur Gerechtigkeit im Umgang mit Vereinen zählt für ihn die Berücksichtigung von Randsportgruppen, die anders als etwa Fußballvereine nur über eine überschaubare Anzahl von Mitgliedern verfügten.

„Wir tragen Verantwortung für alle. Und ich ahne jetzt schon, dass viele Vereine wegen Verlusten auf uns zukommen.“Christine ...
„Wir tragen Verantwortung für alle. Und ich ahne jetzt schon, dass viele Vereine wegen Verlusten auf uns zukommen.“Christine Waibel, FDP | Bild: Thomas Wöhrstein

Diese Sichtweise würden vermutlich alle Stadträte folgen – wäre da nicht Covid 19 und seine finanziellen Folgen. Christine Waibel (FDP) befürchtet für den Herbst eine Antragsflut von Vereinen, die wegen der Pandemie in eine finanzielle Bredouille geraten, und Isabelle Büren-Bauch mag die Vereinsgröße nicht ganz vernachlässigen. Für die Grünen-Stadträtin macht es durchaus einen Unterschied, ob mit dem Zuschuss 79 oder etwa 5000 Mitglieder gefördert werden. Eine klare Ablehnung schließlich kam von FDP-Fraktionssprecherin Kirsten Brößke. Sie befürchtet einen Präzedenzfall, den sich die Stadt nicht leisten könne.

„Kooperationen mit Nachbargemeinden könnten eine Alternative sein, wenn sich dadurch der Pro-Kopf-Invest senkt.“Hubertus ...
„Kooperationen mit Nachbargemeinden könnten eine Alternative sein, wenn sich dadurch der Pro-Kopf-Invest senkt.“Hubertus Both, Freie Wähler | Bild: SK

Hubertus Both dagegen hält eine zusätzliche Diskussionsrunde für sinnvoll. Der Sprecher der Freien Wähler sieht zwar vor dem Hintergrund der Corona-bedingten Finanzlöcher die Gefahr, dass „wir hier ein Fass aufmachen, bei dem irgendwann das Regierungspräsidium über uns bestimmt“, allerdings seien noch längst nicht alle Alternativen bedacht. Er kann sich beispielsweise Kooperationen mit Nachbargemeinden vorstellen, die sich bei der Vereinsunterstützung vor ähnliche Probleme gestellt sehen.

Die Tragweite der Entscheidung nicht nur für den Kegelverein verdeutlichte Walafried Schrott (SPD). „Zu einer Sportstadt gehört Vielfalt“, sagte er, „und diese Sportart kommt zwar selten ins Fernsehen, aber sie hat Tradition.“ Die Unterstützung sei damit auch „ein Stück Kultur“, die ohne den Zuschuss verloren gehe.