Die Sportvereine in Singen und dem Hegau haben sich durch die Corona-Krise geboxt. Doch auch an ihnen ist die Zeit zwischen Lockdown, Hallen-Schließungen und Wettkampf-Absagen nicht spurlos vorbeigezogen. Im Gegenteil: Der Deutsche Olympische Sportbund rechnet damit, dass die Corona-Krise alleine die Sportvereine über eine Millionen Mitglieder gekostet hat. Kein Wunder: Das sportliche Leben lag quasi 15 Monate lang brach.
Durch Streichungen bei den Angeboten der rund 90.000 Sportvereine in Deutschland droht eine Kündigungswelle. Wie sieht die aktuelle Lage bei den Vereinen und Gruppierungen in und um Singen sowie im Hegau aus?
Mit 2750 Mitgliedern ist der Stadtturnverein Singen einer der größten Sportvereine der Region. Dessen Vorsitzender Hans-Peter Storz kann vorsichtig Entwarnung geben. Eine Austrittswelle habe es beim Stadtturnverein nicht gegeben. Ein kleines Aber gibt es nach vielen Monaten Pandemie auch dort: „Uns fehlen seit Monaten die Kleinkinderkurse, die doch recht häufig zu einer Anmeldung geführt haben“, betont Storz. Ansonsten seien die Mitgliederzahlen beim Stadtturnverein relativ stabil.
Stadtturnverein als Lebenselixier
Mehr sogar noch: „Bei den Nachwuchs-Leichtathleten steigt die Nachfrage sogar an“, sagt er. Sorgen mache der Bereich Trainer- und Übungsleiter-Fortbildungen, denn da habe Corona zu einem Stau geführt. „Dort muss sich schnell etwas tun, denn seit über einem halben Jahr steht dieser Bereich komplett still“, betont er.
Und auch das Soziale bereite ihm Sorgen – gerade mit Blick auf die älteren Mitglieder des Stadtturnvereins, die etwa den Reha-Bereich nutzen. „Für viele war dies ein Lebenselixier und eine gute Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten außerhalb der eigenen vier Wände zu treffen“, sagt er. Corona habe dies über viele Monate verhindert und somit ein Stück weit zu einer Vereinsamung geführt.
Um nicht völlig abgehängt vom Verein zu sein, haben viele Trainer ein Online-Training angeboten und tun es noch immer. Auch im Reha-Bereich sei die Zurückhaltung aber noch deutlich zu spüren. „Viele sind dort noch vorsichtig, weil sie ja ohnehin gesundheitlich eingeschränkt sind“, so Storz.
Ähnlich sei es auch den Fußballern des FC Rielasingen-Worblingen ergangen. Der Verein hatte finanziell zu kämpfen, wie der Sportvorsitzende Oliver Hennemann berichtet. „Wir konnten nur durch die Großzügigkeit unserer Sponsoren und finanzieller Hilfen überleben. Dafür sind wir sehr dankbar.“ In dieser Zeit sei die Angst vor einem Mitgliederschwund dementsprechend groß gewesen.
„Allerdings haben alle Verantwortlichen, vor allem in der Jugend, eine sehr gute Arbeit geleistet und wir konnten so sogar Mitglieder gewinnen“, so Hennemann. Auch er sei sich über die Wichtigkeit des Vereinslebens für die Menschen bewusst. „Für viele Mitglieder ist etwas weggebrochen, das vorher das Leben bestimmt hat“, sagt der Sportvorsitzende. Auch aus diesem Grund sei die Freude über den Neustart groß. „Natürlich wollen alle Sportler wieder auf den Platz und ihr Hobby oder sogar ihren Beruf betreiben. Neben dem Spaß, den Kontakten und der Bewegung, kommt auch wieder die Normalität zurück“, weiß er.
Nicht ganz so rosig sah es beim Turn- und Sportverein Gottmadingen aus. Wie der Vorsitzende Andreas Plumari erzählt, kam es aufgrund der nicht möglichen Aktivitäten zu einem Mitgliederschwund. „Die Zahlen halten sich allerdings in Grenzen“, so Plumari. Auch sei es wegen fehlender Einnahmen zu finanziellen Einbußen gekommen. Dennoch stecke der Verein nicht den Kopf in den Sand und freue sich, dass es langsam wieder bergauf gehe.
Psychische und physische Gesundheiten sind gleichermaßen wichtig
„Für mich wie auch für die Mitglieder ist das Vereinsleben sehr wichtig. Neben den sportlichen Aktivitäten geht es hier auch um die sozialen Kontakte“, sagt Andreas Plumari. Es sei ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität, findet er. „Natürlich müssen die Hygienevorschriften noch eingehalten werden. Allerdings ist es auch wichtig, die physische und psychische Gesundheit aufrecht zu erhalten.“ Plumari hoffe, dass dies dauerhaft wieder möglich sein werde und den Sportlern keinen Strich durch die Rechnung gemacht werde.
Doch nicht nur für Sportbegeisterte war die Zwangspause eine Herausforderung. Susanne Post ist Vorsitzende der Stadtmusik Engen. Sie beklagt: Auch Musikvereine können ein Lied davon singen. „Da wir keine Veranstaltungen durchführen konnten, hatten wir auch keine Einnahmen. Dennoch mussten wir Corona-bedingt Geld in die Hand nehmen“, so die Vorsitzende.
Ausgaben für ein Hygienekonzept, Umrüstung der Proberäume, Notenanschaffungen für Konzerte, die nicht stattfinden konnten – das alles habe den Geldbeutel belastet. „Dennoch haben wir Glück, denn unsere Dirigenten werden von der Stadt Engen bezahlt und wir müssen keine Miete zahlen“, sagt Post.
Die Freude der Zuschauer ist der Lohn des Musikers
Wie wichtig soziale Kontakte seien, zeigte sich während des Lockdowns: Spaß beim gemeinsamen Musizieren, die Freude beim Proben aber auch der Beifall der Zuschauer seien der Lohn des Musikers. „Beim Picknickkonzert Anfang Juli haben Jung und Alt zu unserer Musik getanzt. Bei der Lenkpause an der Raststätte Hegau West haben wir für die LKW-Fahrer gespielt. Es war schön zu sehen, welche Freude wir bereiten durften“, zeigt sie sich erfreut.
Einen Musikerschwund habe es bis auf einzelne ausgetretene Mitglieder nicht gegeben. Die Angst, keinen Nachwuchs mehr zu bekommen, war jedoch groß. Allerdings habe die Stadtmusik viel getan, um die Musiker auch im Lockdown zu erreichen: Instrumentenvorstellungen wurden auf Video aufgenommen und es gab Online-Seminare zur Probenzeit, um den Termin präsent zu halten.
„Unsere Musikproben fanden nun Open-Air statt und waren so gut besucht wie schon lange nicht mehr“, sagt Susanne Post. Runter vom Sofa und raus aus der Vereinsamung laute nun die Devise. Die Ungewissheit, wie es nach den Sommerferien weitergehe, trübe etwas die Stimmung. Dennoch bleibe man verhalten optimistisch, so die Vorsitzende der Stadtmusik Engen.