Singen soll am kommenden Samstag, 27. Januar, klare Kante gegen Hass und Hetze zeigen. Bei einer Kundgebung um 10 Uhr vor der Lutherkirche wollen die Organisatoren und zahlreiche Unterstützer gemeinsam für Demokratie und Solidarität auf die Straße gehen. Wie es dazu kam, dass diese Kundgebung relativ kurzfristig organisiert wurde, erläutern die Insi-Vertreter Bernhard Grunewald und Sebastian Röder, Caritas-Geschäftsführer Wolfgang Heintschel und DGB-Kreisvorsitzender Klaus Mühlherr. „Die Predigten zur Eröffnung der Vesperkirche am 14. Januar haben uns auf die Idee gebracht, diese Kundgebung zu organisieren“, sagt Bernhard Grunewald. Dort wurde unter anderem gesagt, dass es um mehr Miteinander gehen müsse, um Spaltungen in der Gesellschaft zu überwinden.
Am Tag nach der Eröffnung der Vesperkirche hatte insbesondere Sebastian Röder den Impuls für die Kundgebung gegeben. „Das Thema beschäftigt mich nicht erst seit der Enthüllungen von Correctiv“, so Sebastian Röder, der im erweiterten Vorstand des Integrationsvereins Insi aktiv ist. Das Recherchezentrum hat über ein Geheimtreffen von AfD-Politikern mit Neonazis und Unternehmern in Potsdam berichtet, bei dem unter anderem über sogenannte Remigration gesprochen worden sein soll – also die Ausweisung von Menschen, die nicht oder nicht nur die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Ihm sei es wichtig, dass es eine Demonstration für mehr Zusammenhalt wird, so Röder.
Wenige Tage vor der Kundgebung haben sich bereits weit über 30 Organisationen und Einzelpersonen dem Aufruf angeschlossen. „Diese große Zustimmung zeigt uns, dass der Zusammenhalt in Singen schon recht groß ist“, so Grunewald.
Zusammenleben soll nicht vergiftet werden
Die Organisatoren sind überzeugt, dass Respekt und Vielfalt das Fundament für das Miteinander sind. „Singen braucht keine rassistischen und ausgrenzenden Parolen, die unser Zusammenleben vergiften sollen“, heißt es im Aufruf zur Kundgebung. Denn Singen kann Demokratie und auch Integration und dulde deshalb keine Angriffe auf Menschen, die politische Verantwortung tragen, als Nachbarn und Freunde mit uns leben oder bei uns Schutz suchen.
Die Organisatoren sind überzeugt, dass mit Angst, Hass und Hetze keine Demokratie bestehen kann. „Wenn Politiker und Geschäftsleute in einem Geheimtreffen mit dem rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner offenkundig Pläne zur Ausschaffung von Ausländern und deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund schmieden“, sei es nun besonders wichtig, gemeinsam Haltung zu zeigen für eine solidarische und vielfältige Gesellschaft.

Unter den Unterstützern steht Heinz Rheinberger auf der Liste an erster Stelle. Rheinberger (inzwischen 94) hatte schon 1983, damals zusammen mit Pfarrer Gebhard Reichert am 50. Jahrestag der Machtergreifung durch Hitler gesprochen, erinnert Grunewald. Denn zufällig fällt der Tag der Kundgebung auf den Tag der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945.
Heinrich-Weber-Platz als Ausweichort
„Die Kundgebung ist mit dem Ordnungsamt und der Polizei abgesprochen“, sagt Bernhard Grunewald. Für den Zeitraum der Veranstaltung wird die Thurgauer Straße zwischen Ekkehardstraße und Freiheitstraße gesperrt sein. Auch für den Fall, dass die Kapazität des Platzes vor der Lutherkirche nicht ausreicht, haben die Organisatoren sich mit der Polizei schon verständigt. „Wir würden dann zu Fuß zum Heinrich-Weber-Platz laufen, wo dann die Kundgebung stattfinden würde“, so Bernhard Grunewald.
Bei der Kundgebung, die eine halbe Stunde dauern soll, werden einige kurze Reden gehalten, unter anderem von Andreas Jung (CDU-Bundestagsabgeordneter), Oberbürgermeister Bernd Häusler, Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und des Forums der Religionen und des DGB-Kreisverbands Konstanz. „Wir hoffen auch auf Stimmen der Jugend“, sagt Insi-Mitarbeiter Martin Zimmermann.
Sebastian Röder denkt jedoch schon weiter, denn die Kundgebung sieht er auch etwas unter dem Aspekt eines Ereignisses. „Die eigentliche Arbeit steht uns noch bevor, denn wir müssen in Konfrontation mit Leuten gehen, die die AfD wählen“, sagte Röder. Im Anschluss an die Kundgebung lädt das Café International am Heinrich-Weber-Platz die Teilnehmenden zum Verweilen und zu Gesprächen ein.