Wie sicher ist die Versorgung mit Trinkwasser? Diese Frage geht alle an, denn niemand kommt ohne Wasser aus. Und Ende 2022 gab es durchaus besorgniserregende Töne zum Thema zu hören. In der Trockenperiode von 2018 bis 2020 sei im Singener Becken ein niedrigerer Grundwasserstand beobachtet worden, sagte Werner Michel damals im Singener Gemeinderat. Michel ist Geophysiker und beobachtete die Grundwasserströme für ein Strömungsmodell. Und in der geologischen Formation Singener Becken liegt das Trinkwasser für die Stadt praktisch direkt unter ihr.

Im konkreten Fall kann Michel heute Entwarnung geben. Der Niedrigwasserstand habe bis Anfang 2021 angehalten. Mitte 2021 habe es einen hohen Wasserstand beim Grundwasser gegeben, in den Jahren 2022 und 2023 mittleren Wasserstand. Und ab Anfang 2024 gebe es wieder einen hohen Grundwasserpegel.

Der Grundwasserspiegel steht wieder höher

Das ist zunächst eine gute Nachricht, Michel berichtet, dass die Bedingungen für die Neubildung von Grundwasser 2023 und 2024 gut gewesen seien und derzeit „keine Auswirkung des Klimawandels auf das Grundwasser festzustellen“ sei. Doch reicht das auch für die Zukunft aus? Schon damals machte Werner Michel darauf aufmerksam, dass man bis 2050 davon ausgehe, dass sich 20 Prozent weniger Grundwasser neu bilden. Auch heute schreibt er auf Anfrage: „Man geht bei den Fachbehörden davon aus, dass durch den Klimawandel mit reduzierter Neubildung des Grundwassers durch Niederschlag gerechnet werden muss.“ Die Fachbehörden, das seien zum Beispiel die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) und das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB).

Rohrleitungen der Stadtwerke Singen zur Trinkwasserversorgung – ebenfalls am Hochbehälter Buchberg.
Rohrleitungen der Stadtwerke Singen zur Trinkwasserversorgung – ebenfalls am Hochbehälter Buchberg. | Bild: Stadtwerke Singen

Diese Prognose hat die Grünen-Fraktion im Gemeinderat auch dazu veranlasst, eine Strategie zum Grundwasserschutz bei der Stadtverwaltung zu beantragen. Ziel müsse es sein, sparsam mit Wasser umzugehen und die Neubildung von Grundwasser zu fördern. Die Grünen regten dafür an, Landkarten zu erstellen, auf denen verzeichnet sein soll, wo Wasser bis in die tieferen Grundwasserschichten versickern kann – sogenannte Versickerungseffizienzkarten. Außerdem solle die Stadt Versickerungsflächen anlegen, für Wasserversickerung bei Neubauten sorgen und eine Informationskampagne zum Wassersparen starten.

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Das Echo bei der Stadtverwaltung auf den Antrag war eher verhalten. Oberbürgermeister Bernd Häusler sagte: „Die Stadt Singen unternimmt schon einiges.“ Röhm legte in der Sitzung jedoch nach und warf die Frage auf, ob man aufgrund von Starkregengefahrenkarten Versickerungsstellen planen könne. Zur Erinnerung: Im Juni 2024 ist die Stadt in extremem Regen versunken, mitunter erwies es sich als langwierig, die Schäden zu beseitigen. Röhm präzisiert auf Anfrage das Anliegen der Grünen-Fraktion. Im bebauten Bereich der Stadt würden die Chancen zur Versickerung von Regenwasser genutzt, sagt er auf Anfrage. In Gebieten außerhalb der Stadt könne man hingegen mehr tun, lautet seine Einschätzung: „Es ging uns darum, dass man es auch im Außenbereich auf dem Schirm hat.“ Dann könnte man gleichzeitig Regenwasser versickern lassen und hätte einen gewissen Schutz vor Hochwasser.

Starkregen könnte den Ausschlag geben

Nach Starkregenereignissen der vergangenen Jahre werde man wohl nachsteuern müssen, sagt Häusler dazu in der Sitzung, bei großen Bauwerken würde aber ohnehin schon mit Versickerungsmulden geplant. Eine flächendeckende Kartierung sei allerdings sehr aufwendig, Kosten und Nutzen stünden in keinem sinnvollen Verhältnis, sagte Stadtwerke-Chef Axel Blüthgen in der Sitzung. Laut einer Zusammenstellung der Stadtwerke von Sickerflächen versickert bereits das Regenwasser von etwa 44 Prozent der befestigten Flächen in der Stadt. Bei Neubauten müsse Regenwasser ohnehin schon an Ort und Stelle versickern, so Blüthgen nun auf Anfrage, und das Baurechtsamt achte auch darauf, dass diese Vorschriften eingehalten werden. Das Thema der Stadtwerke in Zusammenhang mit Grundwasser sei aber hauptsächlich die Überwachung, dass keine Schadstoffe eingetragen werden.

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In den Stellungnahmen der Stadtverwaltung und dem städtischen Eigenbetrieb Stadtwerke wird dargelegt, was bereits zum Schutz des Grundwassers geplant ist. So führen die Stadtwerke aus, dass sie neun zentrale Versickerungsanlagen betreiben. Einen groben Überblick über Versickerungsmöglichkeiten in der Stadt gebe es durch Bodenuntersuchungen für Erschließungen.

Die Stadtverwaltung verweist ihrerseits darauf, dass in der Masurenstraße bereits konkret die Öffnung von derzeit versiegelten Flächen geplant sei. Regenwasser soll durch die neu entstehenden Grünflächen abfließen. Auch für das geplant neue Gewerbe- und Wohngebiet Tiefenreute/Bühl werde ein Regenwassermanagement-Konzept erarbeitet. Auch im geplanten Neubaugebiet Bettenäcker im Ortsteil Schlatt unter Krähen soll Regenwasser direkt in den Untergrund geleitet werden.

Entwicklung beim Grundwasser muss man ständig überwachen

Und die Stabsstelle Klimaschutz und Klimaanpassung verweist auf das Klimaanpassungskonzept. Die Entsiegelung von städtischen Flächen und ein Regenwassermanagement gehören zu den Maßnahmen, die darin festgeschrieben sind.

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Trotz all dieser Bemühungen muss man wachsam bleiben, ob unter der Stadt genügend Trinkwasser fließt. Das geht aus den Ausführungen von Geophysiker Werner Michel hervor. Die Menge an Grundwasser, die sich neu bildet, wechsele und bleibe nicht konstant. Daher „muss die Entwicklung des Grundwasserstandes beobachtet werden“, um festzustellen, ob die Vorausberechnungen auch so eintreffen. Michel bekräftigt daher, dass die fachgerechte Versickerung von Regenwasser notwendig sei. In den vergangenen Jahren habe sich im Singener Becken allerdings mehr Grundwasser neu gebildet, als entnommen wurde – und entnommen wurde laut Michels Angaben von 2022 immerhin die riesige Menge von drei bis vier Milliarden Liter Wasser. Für die Trinkwasserversorgung bestehe aktuell keine Beeinträchtigung, so Michels Fazit heute.