Er ist nur 1,40 Meter breit. Nur wenige Zentimeter neben ihm rauschen Autos und Lastwagen vorbei. Der Radweg entlang der Romeiastraße ist streckenweise ein Gefahrenpunkt. Auch die Kreuzung an der Güterstraße/Fittingstraße, auf die der Radweg zusteuert, ist ein Nadelöhr. „Diese Unterführung ist uns schon lange ein Dorn im Auge“, betont Oberbürgermeister Bernd Häusler bei einem vor-Ort-Termin. Zusammen mit dem SÜDKURIER hat der Singener Rathauschef den Selbstversuch unternommen. Und das Ergebnis ist eindeutig: „Wir haben an dieser Stelle wirklich Schwierigkeiten, die Radler sicher von der Nord- in die Südstadt zu bekommen“, so Häusler weiter.

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Wie zur Bestätigung dieser Aussage rauscht ein Lastwagen am Radweg vorbei und verdeutlicht: Hier kann es wirklich richtig eng werden und Radfahrer müssen höllisch aufpassen. Denn der Radweg an der Güterstraße in die Südstadt entspricht nicht der Normbreite.

Bild 1: Dieses Nadelöhr soll entzerrt werden: Die Kreuzung Güterstraße/Fittingstraße wird für Autos gesperrt
Bild: Steller, Jessica

„Radler werden an einer stark befahrenen Straße unter anderem durch den Bahntunnel geführt und sind durch abbiegende Kraftfahrzeuge in und aus der Fittingstraße zusätzlich gefährdet“, sagt Häusler. Die Zahlen geben ihm Recht: Laut Singener Stadtverwaltung kam es im Kreuzungsbereich seit 2018 zu 22 Verkehrsunfällen – davon fünf mit Radfahrern.

Marc Schipke und OB Bernd Häusler zeigen die Änderungen auf dem Plan.
Marc Schipke und OB Bernd Häusler zeigen die Änderungen auf dem Plan. | Bild: Tesche, Sabine

Doch dies soll sich nun ändern: Die Stadt Singen startet am Donnerstag, 5. Mai, eine Testphase zur Erhöhung der Verkehrssicherheit an der Kreuzung Güterstraße/Fittingstraße. Was dies für motorisierte Verkehrsteilnehmer bedeutet: Die Kreuzung wird für den Kfz-Verkehr gesperrt. Im Umkehrschluss sollen Radfahrer durch eine neue Verkehrsführung sicherer von der Nord- in die Südstadt gelangen. „Wir wollen die Verkehrssicherheit für unsere Radfahrer in Singen stetig verbessern“, betont OB Häusler, „deshalb wollen wir an Singens größtem Nadelöhr für Fahrradfahrer mittels eines Pop-up Fahrradweges eine deutliche Verbesserung erzielen“, so Häusler weiter.

Neun Monate soll getestet werden

Der Plan der Verwaltung sieht wie folgt aus: Neun Monate lang soll getestet werden. In dieser Zeit wird der nach Süden führende Radweg gesperrt. Stattdessen teilen sich Radfahrer die Tunnel unter den Gleisen künftig im Gegenverkehr mit den Fußgängern. Damit die Radfahrer nach dem Tunnel sicher wieder auf den Radweg in der Güterstraße gelangen können, wird die Abfahrt Güterstraße/Fittingstraße für den Kfz-Verkehr gesperrt. Poller sollen das Abbiegen aus der Güterstraße in die Fittingstraße verhindern, teilt Marc Schipke von der Abteilung Straßenbau der Stadt mit. „Viele Singener haben die Unterführung nicht mehr mit dem Fahrrad genutzt, weil sie einfach zu gefährlich war“, betont Stefan Mohr, persönlicher Referent von OB Häusler. Dieser nickt, wie zur Bestätigung. Er selbst habe die Strecke selbst schon seit Jahren nicht mehr mit dem Fahrrad befahren.

MobilitätsmanagerAxel Huber und OB Bernd Häusler versprechen sich nach der neunmonatigen Testphase belastbarere Zahlen.
MobilitätsmanagerAxel Huber und OB Bernd Häusler versprechen sich nach der neunmonatigen Testphase belastbarere Zahlen. | Bild: Tesche, Sabine

Um Autofahrer schon frühzeitig auf die Änderungen hinzuweisen, weisen Schilder laut Angelika Schuler-Schmidtke von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt bereits am Obi-Kreisel bei der Einfahrt zur Fittingstraße auf die neue Sackgassen-Situation hin. Im Rathaus gehe man davon aus, dass nach einer kurzen Umstellungsphase zu erwarten sei, dass die Kraftfahrzeuge aus der Georg-Fischer-Straße direkt über den Kreisverkehr in die Güterstraße einfahren, um in die Innenstadt zu gelangen. Der Radweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite von der Süd- in die Nordstadt entlang der Güterstraße bleibt von den nun angekündigten Änderungen unberührt.

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Für Singens Radverkehrsbeauftragte Petra Jacobi ist die neue Lösung ein hervorragende, wie sie gegenüber dem SÜDKURIER schildert: „Sie bringt für den Radverkehr an dieser sehr gefährlichen Stelle einfach viel mehr Sicherheit.“ Auch die von den Änderungen betroffenen Betriebe, wie etwa Georg Fischer und Fondium seien laut OB Häusler in den Prozess einbezogen worden und hätten ihre Zustimmung signalisiert. Ohnehin seien die Parkplätze bei der GF auch weiterhin nutzbar. Allerdings werde die dortige Julius-Bührer-Straße noch früher zur Einbahnstraße. Sie sollen aber von der Hauptstraße aus her, erreichbar bleiben.

Keine Machtspielchen zwischen Auto- und Radfahrern

In der auf neun Monate begrenzten Testphase will die Stadt Singen nun eine geänderte Verkehrsführung prüfen. Durch den Testlauf sollen Erkenntnisse über das Verhalten der Verkehrsteilnehmer und Verkehrsabläufe gewonnen werden, die später laut OB Häusler zu einer dauerhaften Lösung führen könnten. „Das ist eine wirklich gute Lösung“, sagt er. Aber Häusler sei es auch wichtig zu betonen, dass die jetzt ergriffene Maßnahme nicht dafür da sei, um den Automobilverkehr schlechter dastehen zu lassen. „Wir wollen bei allen Entscheidungen keine der beiden Gruppen gegeneinander ausspielen. Vielmehr wollen wir sowohl für Radler als auch den motorisierten Verkehr die bestmögliche Lösung“, so Häusler weiter.

Für die Testfahrer der Stadtverwaltung gibt es kein Durchkommen mehr. Für sie heißt es erst einmal absteigen.
Für die Testfahrer der Stadtverwaltung gibt es kein Durchkommen mehr. Für sie heißt es erst einmal absteigen. | Bild: Tesche, Sabine

Bei der Auswertung der Ergebnisse helfen, soll auch eine von drei aus dem Wettbewerb Fahrradfreundliche Kommune gewonnene mobile Messstationen. Eine davon soll laut Mobilitätsmanager Axel Huber den Fahrradverkehrsstrom in der Fittingstraße messen. „Dann haben wir noch belastbarere Zahlen und können mit diesen weiterarbeiten“, sagt er.