Hat Literatur noch eine Zukunft? Die Frage wurde dem an der Uni Zürich lehrenden und forschenden Literaturprofessor Philipp Theisohn im Stadttheater Schaffhausen gestellt. Er zeigte sich optimistisch. Wie konnte es auch anders sein, am Freitagabend, an der Eröffnung des Literaturfestivals Erzählzeit ohne Grenzen. Theison sagte: Literatur wird nicht verschwinden. Viele Funktionen, die Literatur über Jahrhunderte hatte, werden nach und nach durch andere Medien übernommen. Literatur wird in anderen Momenten, für andere Zwecke, von anderen Leuten gebraucht werden.

Nach der Eröffnungsfeier der Erzählzeit: Oberbürgermeister Bernd Häusler (2. von rechts) im Gespräch Schaffhauser Politiker.
Nach der Eröffnungsfeier der Erzählzeit: Oberbürgermeister Bernd Häusler (2. von rechts) im Gespräch Schaffhauser Politiker. | Bild: Sergio Schreiber

Es hat schon glanzvolle Eröffnungsveranstaltungen des Literaturfestivals gegeben. Unvergesslich die Eröffnungen in der Stadthalle in Singen oder in der Kammgarn in Schaffhausen. Da konnten sich zahlreiche Literaturfreunde nach dem Eröffnungsakt mit einem Getränk auf die kommenden Lese-Ereignisse einstimmen. Dieses Jahr ist alles anders. Der Pandemie wegen.

Veranstaltung wurde verschoben

Letztes Jahr musste die Erzählzeit ganz ausfallen. Dieses Jahr ist sie auf den Monat Juli verschoben worden. Zur Eröffnung im Stadttheater Schaffhausen haben sich vergleichsweise wenige Besucher eingefunden, zuvor angemeldet und mit Abstand haben sie Platz genommen. Auf der Bühne hat nach Begrüßungs- und Eröffnungsworten des Schaffhauser Regierungsrats Martin Kessler und des Schaffhauser Stadtrats Raphaël Rohner und noch bevor die Schriftstellerin Martina Clavadetscher und Literaturprofessor Philipp Theison von Moderatorin Monika Schärer aufs weiße Sofa gebeten wurden, das Duo Fitzgerald & Rimini das Geschehen übernommen.

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Für das Publikum im Stadttheater, darunter Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler, war das Duo eine Entdeckung. Denn Fitzgerald & Rimini bewegen sich seit Jahren an der Schnittstelle von Musik, Literatur und Performance. Aus der Reihe der Figuren aus ihrem neuen Album trugen sie im Stadttheater die Geschichte der Auguste Wenzel, einer Märzgefallenen in Berlin 1848, Madame Bovari aus Porrentruy und dem Sexroboter Harmony vor, eine sprechende Silikonpuppe mit künstlicher Intelligenz.

Sexroboter als Literatur-Thema

Dem Sexroboter Harmony oder der Herstellung von Sexrobotern in China widmete Martina Clavadetscher ein Kapitel in ihrem neuesten Roman Die Erfindung des Ungehorsams. Kein Zufall, dass sie im Stadttheater diese Kapitel dem Publikum vorlas. Denn Roboter, die menschenähnlich konstruiert und tatsächlich schon hergestellt werden, gehörten auch zum Thema, das Literaturprofessor Theisohn mit Martina Clavadetscher besprachen.

Künstliche Menschen und verfemte Frauen: Darüber wird aktuell viel geschrieben und erzählt. Literaturprofessor Theisohn findet es spannend, wie aktuelle Autorinnen und Autoren diese Themen aufgreifen und behandeln. Er empfiehlt diese Werke und nennt sie lesenswert. Spannend und hörenswert dürfen ganz gewiss auch die Lesungen der Erzählzeit ohne Grenzen erwartet werden. Bis 11. Juli ermöglichen Autorinnen und Autoren perspektivenreiche Einblicke in das aktuelle deutschsprachige Literaturschaffen.