Normalerweise wäre alles anders: Da wären die Singener Narren mit großem Aufgebot in den Ratssaal im Rathaus eingezogen und hätten mit einigem Brimborium Rathausspitze und Gemeinderat für die närrischen Tage abgesetzt. Oberbürgermeister Bernd Häusler und Bürgermeisterin Ute Seifried hätten sich zwar nach Kräften gewehrt, wären aber am Ende chancenlos geblieben. Jetzt, in der Corona-Fasnacht war von Feierstimmung wenig zu spüren. Kein Umzug mit dem Narrenbaum, kein närrisches Treiben und natürlich auch keine Entmachtung von Rathausspitze und Gemeinderat im großen Stil. Alles schon vor Wochen abgesagt, zum Schutz vor der Corona-Pandemie.
Beinahe heimlich lief die Schlüsselübergabe ab. Bürgermeisterin Seifried hat diese, da der OB aus gesundheitlichen Gründen ausfällt, alleine übernommen – und das ohne Öffentlichkeit oder Presse, um keinen Vorwand für nicht Corona-taugliche Feiern zu liefern, wie Seifried erklärte. Sie habe den symbolischen übergroßen Schlüssel vom Rathaus-Balkon herabgelassen, erzählte Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk danach.

Er und Poppele Timo Heckel jubeln trotzdem kurz darüber, dass die weltliche Macht über die Stadt nun vorübergehend in Narrenhänden liegt – auch wenn in der Stadt tagsüber kaum Menschen in Fasnachtsverkleidung zu sehen sind. „Traurig ist eigentlich das richtige Wort dafür, wenn man sich überlegt, was sonst hier los wäre“, kommentierte Glunk die Lage in der Stadt. Normalerweise habe er während der Fasnacht einen Terminkalender, „so voll wie beim OB„. In diesem Jahr verlieren sich darin hingegen nur wenige Termine bis zum Aschermittwoch. Und zum Mangel an kostümierten Narren sagte er, auch mit Blick auf die anderen organisierten Fasnachts-Gruppierungen in der Stadt: „Ich glaube, die Leute halten sich daran, möglichst wenig Risiko einzugehen.“ Viele hätten wahrscheinlich keine Lust, im Häs spazieren zu gehen. Dafür gebe es einiges für die Zünftler im virtuellen Raum.
Tagsüber blieb es am Schmotzigen Dunschtig sehr ruhig
Den Eindruck, dass es ein sehr ruhiger Schmotziger Dunschtig war, bestätigten das Singener Ordnungsamt und die Polizei. Tagsüber seien keine Beschwerden eingelaufen, sagte Marcus Berger, Leiter des Ordnungsamtes. Auch die Mitarbeiter des neuen Kommunalen Ordnungsdienstes, der gerade im Entstehen ist, seien in Zivilkleidung in der Stadt unterwegs gewesen, hätten aber ebenfalls nicht von Problemen berichtet. Ähnlich sah es Dieter Popp, Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz. Polizeistreifen waren tagsüber in der Singener Innenstadt präsent. Es habe nirgends großes närrisches Geschehen gegeben, das gegen die Corona-Verordnung verstoßen hätte, sagte Popp dazu. Allerdings werde die Polizei auch nachts weiter unterwegs sein, sagt Ordnungsamtsleiter Berger.
Großartige Sorgen darüber, dass es in der Nacht zum Freitag zu ausladenden Partys kommt, machen sich beide nicht – trotz des Wegfalls der landesweiten Ausgangssperre zum Schutz vor Corona-Infektionen. Da der Landkreis Konstanz bei der Sieben-Tage-Inzidenz inzwischen unter dem Schwellenwert von 50 liegt, gebe es derzeit keine Allgemeinverfügung des Landkreises für Ausgangsbeschränkungen, erklärte Polizeisprecher Popp. Die Corona-bedingten Einschränkungen der sozialen Kontakte gebe es aber weiter, erklärte Berger. Partys bleiben weiterhin untersagt, auch wenn man nun ohne triftigen Grund aus dem Haus gehen könne.
Närrische Termine und Fasnacht auf SÜDKURIER Online
- Termine: Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk berichtet von zwei närrischen Terminen, die es am heutigen Freitag, 12. Februar, gibt – im Internet, versteht sich. Um 14.30 Uhr steigt der Online-Kindernachmittag für den närrischen Nachwuchs. Und am selben Abend um 17 Uhr beginnt die fünfte Singener Schnurrernacht, die ebenfalls nur im Internet stattfindet. Mehr als 20 Beiträge seien dafür eingegangen, so Glunk. Der Zugang zu beiden Veranstaltungen findet sich unter www.poppele-zunft.de
- Närrischer Wettbewerb: Ein besonders attraktives Angebot auf SÜDKURIER Online sind die Videos, mit denen sich über 100 Gruppen und Vereine um die Stimmen der Leserinnen und Leser bewerben. Sie konnten einen närrischen Kurzfilm von höchstens drei Minuten drehen und hochladen. Noch bis 12. Februar können registrierte Nutzer von SÜDKURIER Online (zur Wahrung der Chancengleichheit, es ist kein Abonnement nötig) für ihr Lieblings-Video abstimmen. Der Sieger erhält 1000 Euro, die beiden Nächstplatzierten bekommen je 500 Euro für die Nachwuchs-Arbeit.
- Bunter Abend auf SÜDKURIER on Air: Der SÜDKURIER hat mit närrischen Akteuren aus der ganzen Region einen exklusiven Bunten Abend mit Beiträgen von Fanfarenzug bis Büttenrede aufwendig produziert. Chefredakteur Stefan Lutz führt durch das Programm. Die Sendung ist auf SÜDKURIER On Air zu sehen, der Video-Streamingplattform des Medienhauses. Neben den Bunten Abend gibt es dort auch noch jede Menge weiterer Beiträge rund um die Fasnacht. (sk/eph)
Wenn die Menschen nicht zur Fasnacht gehen können, bringt der SÜDKURIER die Fasnacht zu den Menschen – und zwar hier: http://www.suedkurier.de/fasnacht