Immer wieder ist am Donnerstagmittag Blaulicht zu sehen und das Martinshorn zu hören, Polizei und Feuerwehr sind in Singen im Großeinsatz: Gasalarm! Der Verkehr ist in der Innenstadt über Stunden eingeschränkt. Erst am Abend gab es Entwarnung, am Tag danach gibt es Details zu den außerordentlichen Geschehnissen des 16. Mai.
- Um 10.40 Uhr am Donnerstag gab es einen ersten Einsatz in der Hegaustraße/Alpenstraße in einer Anwaltskanzlei. Zwei Männer waren dort eingedrungen und haben einen unbekannten Stoff versprüht.
- Gegen 13 Uhr wurde in einer Tiefgarage an der Ekkehardstraße Gasgeruch gemeldet. Die Feuerwehr stellte den Austritt eines bislang unbekannten Gefahrstoffes fest, daher wurde daraufhin die Innenstadt geräumt sowie abgesperrt.
- Laut Polizei erlitten sechs Menschen leichte Beeinträchtigungen durch das Reizgas. Der Verkehr in der Singener Innenstadt war bis 19.30 Uhr stark eingeschränkt. Am Abend gaben Spezialisten Entwarnung.
- Am Freitagmittag steht fest, um welchen Stoff es sich gehandelt habe: Laut Polizei ist es einer, den man auch in handelsüblichem Pfefferspray findet. Zwei Tatverdächtige wurden am Donnerstag festgenommen, inzwischen allerdings wieder auf freien Fuß gesetzt.
In der Kanzlei von Florian Zimmermann und Thomas Zwibel nahm der Großeinsatz am Donnerstag seinen Anfang. Dass dort so etwas passieren könnte, hätte er sich nie träumen lassen, sagt Zimmermann am Tag danach per Telefon. Was das Motiv für den Überfall sein könnte, dazu habe er überhaupt keine Idee, so Zimmermann. „Keiner von uns wurde bedroht“, sagt er.
Beide Anwälte in der Bürogemeinschaft arbeiten nicht im Bereich Strafrecht. Zwibel gibt in der Anwaltssuche unter anderem Arbeits- und Ehe- und Familienrecht als seine Rechtsgebiete an, Zimmermann ist Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht – und nebenher Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus und Grund.

Er werde nun die Konsequenz ziehen und eine Kameraanlage installieren lassen, sagt Zimmermann, damit man sehen kann, wer vor der Tür steht. Ein Punkt ist dem Anwalt allerdings wichtig zu betonen. Nach den Informationen, die ihm derzeit vorliegen, hätten die Tatverdächtigen keinen Migrationshintergrund. Das betone er angesichts kursierender Gerüchte, damit der Verdacht nicht in die falsche Richtung falle.
16.50 Uhr: Wie die Feuerwehr den Stoff identifizierteEs war Alarmstufe 3 von 3, mit der die Giftexperten der Mannheimer Feuerwehr nach Singen gerufen worden sind. Sie waren es, die letztendlich Entwarnung geben könnten. Kreisbrandmeister Andreas Egger und die Polizei erklären in diesem Artikel, was bis dahin passiert ist – und welche Rolle der Regen spielte.
16.20 Uhr: So haben Betroffene das Geschehen erlebtKarl-Heinz Geigges aus Engen saß zum Zeitpunkt des Einsatzes in einem Singener Cafe. „Ich bin total erschrocken, keiner wusste, um was es geht“, schildert er seine Eindrücke.
Er habe vom Nachbartisch etwas über Evakuierungen von Anwohner gehört und dass Reizgas ausgetreten sein solle. „Ich habe dann Angst bekommen und langsam die Flucht ergriffen“, sagt er. Sein Auto habe in der Heinrich-Weber-Tiefgarage gestanden. „Ich habe ewig aus Singen raus gebraucht“, so Geigges.
Jan Kirchmann ist Augenoptiker-Meister im Cano und habe den Großeinsatz erst wahrgenommen, als Feuerwehr und Polizei eintrafen. „Der Einsatz ist augenscheinlich sehr professionell abgelaufen“, sagt er weiter. Allerdings bemängelt Kirchmann die Kommunikation des Center-Managements.
Wenige Meter weiter ist das ähnlich: Sarah Bischoff von „eyes + more“ wusste nicht so recht, ob sie das Geschäft schließen sollte, wie sie berichtet. Kunden hätten angerufen, weil sie nicht in die Stadt kamen, und alle Termine mussten abgesagt werden. Vereinzelt hätten Store Manager eigenständig entschieden zu schließen – so auch sie gegen 16.30 Uhr. Da hätten vor dem Cano-Eingang viele Menschen gestanden: „Die Leute wollten sogar noch weiter einkaufen“, sagt Bischoff.

Center-Managerin Kitty Molnar erklärt, sie habe „beim besten Willen“ nicht anders informieren können und sei ständig in Kontakt mit der Polizei gewesen. Es sei für alle Beteiligten eine neue und belastende Situation gewesen, aus der sie das Beste gemacht hätten.
15.30 Uhr: Tatverdächtige sind wieder freiDie beiden am Donnerstagmittag und -abend vorläufig festgenommenen Männer im Alter von 21 und 36 Jahren sind nach Abschluss der erforderlichen Maßnahmen auf freien Fuß gesetzt worden. Das teilt das Polizeipräsidium mit. Die Ermittlungen dauern an.
Bei dem versprühten Stoff gibt es nun nähere Angaben: Es handle sich um eine chemische Verbindung, die unter anderem auch in Kühlmittel, Pflanzenschutzmitteln und auch in Pfeffer- oder Tierabwehrspays enthalten ist. Wie es zu der Verbreitung des Reizstoffes in der Tiefgarage kam, und ob es einen Tatzusammenhang zu dem Vorfall in der Kanzlei am Vormittag gibt, sei derzeit Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen.
14 Uhr: Polizei gibt weitere Details bekanntFür Außenstehende wirkt die Sache klar: Der Reizstoff-Vorfall vom Donnerstagvormittag in der Alpenstraße und der Gasgeruch, der am Donnerstagnachmittag in der Ekkehardstraße gemeldet wurde, hängen zusammen. Die Ermittler der Polizei prüfen das aber erst noch, sagt Marcel Ferraro, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, auf Anfrage.
Mittlerweile ist bekannt, dass es sich bei der in der Tiefgarage getesteten Substanz um einen relativ harmlosen Stoff handelte, der auch in Pfeffersprays enthalten ist. Ob es sich vormittags in der Anwaltskanzlei um den gleichen Stoff handelte, werde noch überprüft.
Dennoch sei die Größenordnung des Einsatzes richtig gewesen, so der Polizeisprecher. Denn bei einer unklaren Lage mit Gasgeruch in der Innenstadt hätte es sich auch um ein Gasleck handeln können – oder tatsächlich um einen Kampfstoff, der beispielsweise aus einer alten Fliegerbombe austreten könne.
In beiden Fällen sei einer Evakuierung sofort angezeigt, denn es könnten schwere Schäden entstehen. Und auch bei der dritten Möglichkeit – jemand versprüht diesen Stoff – sei nicht von vornherein klar, dass es eine harmlose Substanz ist.
Viele Substanzen getestet, auch NervengifteDass es sich um einen Nervenkampfstoff handeln könnte, bezeichnet Ferraro klar als Fehlinformation. Wie es dazu kam, könne man sich bei der Polizei nicht erklären, die Ermittler hätten nie davon gesprochen. Allerdings werde in solchen Fällen routinemäßig auf viele verschiedene Substanzen getestet, auch auf Nervengifte. Erst das aus Mannheim eingeflogene Spezialteam der Feuerwehr habe die chemische Verbindung dann aber zuverlässig und sicher identifizieren können.
Zwei Festnahmen, wenige DetailsZugeknöpft zeigt sich der Polizeisprecher, wenn es um die beiden Tatverdächtigen geht, die am Donnerstag vorläufig festgenommen wurden. Ferraro macht keine Angaben darüber, welche Staatsbürgerschaft sie haben oder welche Motive dahinter stecken könnten. Auch die Videos von Festnahmen, die in sozialen Medien kursieren, kommentiert er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht.
Erste Befragungen der Verdächtigen hätten schon stattgefunden, für diese gilt bis zu einer möglichen Veurteilung jedoch die Unschuldsvermutung.
Warum auf einem Video von einer Festnahme ein gepanzertes Fahrzeug zu sehen ist, erklärt Ferraro damit, dass zu diesem Zeitpunkt die Substanz, um die es ging, noch unklar war. Ein Verdächtiger hätte damit kontaminiert sein können, weshalb Spezialisten für Giftstoffe des SEK zum Einsatz gekommen seien. Sollte sich der Verdacht erhärten, könnten Ermittlungen auf ein Delikt der Körperverletzung hinauslaufen, so der Polizeisprecher.
Ferraro tritt auch mehreren Gerüchten entgegen. So seien ihm definitiv nur zwei Festnahmen bekannt. Gerüchteweise war von drei Festnahmen die Rede. Und auch Nervengift-Sprengsätze seien definitiv nicht in der Innenstadt verteilt gewesen.
13 Uhr: So belastend war die Situation für BetroffeneWolfgang Heintschel ist Geschäftsführer der Caritas. Er hat den Großeinsatz am Donnerstag direkt erlebt. „Hier wurde nicht über Maß agiert. Es wusste ja am Anfang niemand, um was für einen Stoff es sich gehandelt hat.“ Allerdings habe der Großeinsatz auch ein hohes Maß an Organisation bedurft. Etwa beim Hospiz, für das er unter anderem verantwortlich ist.
Heintschel spricht davon, dass Pflegekräfte aufgrund der Gefahrenlage nicht mehr zum Hospiz durchgelassen worden seien. Ähnliches sei beim Pflegeheim St. Anna der Fall gewesen. Aber man habe schnell eine Lösung gefunden, wie die Pflegekräfte beide Einrichtungen haben erreichen können.
Zudem betreue die Caritas in dem Einsatzbereich mehrere stationäre Wohnungen für Menschen mit Behinderung. „Alle konnten über Stunden nicht in ihre Wohnungen, wurden zum Teil anderweitig untergebracht. Für diese Menschen war die unklare Lage natürlich noch einmal eine Schippe mehr belastend“, so Heintschel weiter.
12.20 Uhr: Das Cano wurde tatsächlich evakuiertWurde das Cano nun evakuiert oder nicht? Mehrere Medien hatten darüber spekuliert, die Polizei machte widersprüchliche Angaben. Nun steht fest: Gegen 17 Uhr wurde das Einkaufszentrum in Singen geräumt. Das bestätigt Center-Managerin Kitty Molnar auf SÜDKURIER-Nachfrage. „Die Lage war den ganzen Tag über sehr dynamisch, die Einsatzkräfte haben die Absperrungen und Evakuierungen in der Nähe vom Cano immer mehr erweitert, so dass uns kurz vor 17 Uhr die Nachricht erreicht hat, dass auch das Cano evakuiert werden muss“, sagt sie.

Stefan Schüttler, bei der Stadt Singen für den Bevölkerungsschutz und das Krisenmanagement zuständig, erklärt, dass die Rettungsweg-Situation für die Evakuierung mitverantwortlich gewesen sei. Da das Cano zum Zeitpunkt des Großeinsatzes stark frequentiert gewesen sei, aber aufgrund der Absperrbereiche nicht alle Fluchtwege hätten genutzt werden können, habe man sich in Absprache mit dem Center-Management für diesen Schritt entschieden. Laut Kitty Molnar habe das Cano am Freitag wieder ganz normal geöffnet.
12 Uhr: So viele Einsatzkräfte wie noch nieDass es sich beim Großeinsatz in Singen um keinen alltäglichen gehandelt hat, wird auch anhand der enorm großen Anzahl an Einsatzkräften deutlich. Der Singener Feuerwehrkommandant Mario Dutzi spricht davon, dass rund 550 Kräfte im Einsatz gewesen seien. Neben Einsatzkräften der Feuerwehr seien zahlreiche Hilfsorganisationen wie das DRK, die Malteser oder die Johanniter sowie die Polizei im Einsatz gewesen.

„Wir hatten Kräfte der Feuerwehr Tuttlingen vor Ort“, sagt Dutzi. Außerdem waren alle Abteilungen der Singener Wehr im Einsatz sowie umliegende Feuerwehren aus dem Hegau. Auch die Rettungskräfte seien aus nahezu allen umliegenden Landkreises nachgefordert worden.
Martin Schoch war am Donnerstag als Funker beim DRK Engen im Einsatzwagen. „Ich war hoch erfreut, dass wir so eine stattliche Zahl an ehrenamtlichen Rettungskräften auf die Straße gebracht haben. Das war klasse“, sagt er. In dieser Dimension habe das DRK im Landkreis das noch nie gehabt.
11.43 Uhr: Chemischer Stoff steht festEin chemischer Stoff, den man auch in handelsüblichem Pfefferspray findet, ist für die Absperrung der Singener Innenstadt in Baden-Württemberg am Donnerstag verantwortlich gewesen. Woher das Reizgas gekommen sei, werde noch ermittelt, sagte ein Polizeisprecher am Freitag der dpa. Nun ist wieder von sechs Leichtverletzten die Rede.
Sprecher Marcel Ferraro ergänzt im Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass es sich bei dieser Substanz ausdrücklich nicht um einen Kampfstoff handle.
11.40 Uhr: Der Katastrophenfall blieb ausImmer mehr Detail zum Großeinsatz in Singen werden am Tag danach bekannt. Dazu zählt auch: Wurde der Katastrophenfall ausgelöst? Dazu gibt es von Stefan Schüttler, bei der Stadt Singen für den Bevölkerungsschutz und das Krisenmanagement zuständig, ein klares Nein. Dies hänge damit zusammen, dass die außergewöhnliche Lage sich auf die Stadt Singen begrenzt habe.

Stefan Schüttler lobt das Zusammenarbeiten verschiedenster Organisationen. „Da haben viele Rädchen ineinander gegriffen“, sagt er. Ein Beispiel: Um 13.48 Uhr sei die Anfrage eingetroffen, die Stadthalle in ein Notlager umzurüsten. Um 14.08 Uhr sei die Stadthalle bereitgestanden. Schüttler spricht davon, dass etwa 120 Menschen dort während des Einsatzes untergebracht worden seien.
Stadthalle war für die Nacht vorbereitet„Zuerst wurden die Menschen aus dem Bereich des Einsatzes in die Herz-Jesu-Kirche evakuiert. Dort wurden sie in Anwohner und Berufstätigen unterteilt, die Anwohner wurden dann mit Bussen in die Stadthalle gebracht“, schildert Schüttler. Dort sei die Betreuung und die Unterkunft der Menschen organisiert worden, samt medizinischem Personal. Auch eine frisch-operierte Person und mehrere geheingeschränkte Menschen seien in der Stadthalle versorgt worden.
Wie viele Gebäude beim Großeinsatz in Singen geräumt werden mussten, lasse sich nicht benennen. Auch die exakte Anzahl an evakuierten Personen sei nicht darstellbar. „Einige wurden evakuiert, sind aber nicht in der Stadthalle angekommen, weil sie sich eigenständig abgesetzt haben“, sagt Schüttler.
Laut Stefan Schüttler habe man sich im Laufe des Einsatzes auch darauf vorbereitet, die Stadthalle mit Betten auszurüsten. Dies sei allerdings nicht mehr nötig gewesen, da sich die Lage gegen Abend entspannt habe. Gegen 18.45 Uhr habe der Großteil die Stadthalle wieder verlassen können, um 21.30 Uhr kehrten die restlichen Anwohner wieder in ihre Wohnungen zurück.
9 Uhr: Erste Details zu TatverdächtigenDie Polizei nimmt an, dass die beiden tatverdächtigen Männer für beide Vorfälle mit Reizgas verantwortlich sind, ein Zusammenhang sei aber bisher nicht bestätigt. Die Verdächtigen haben laut Polizeisprecher bisher keine Aussagen gemacht, wie die dpa am Freitagmorgen berichtet. Die beiden Männer seien 21 und 36 Jahre alt und vorläufig festgenommen.
Am Freitag spricht die Polizei außerdem von drei Leichtverletzten, darunter ein Polizeibeamter. Sie erlitten laut Polizeisprecher Haut- oder auch Atemwegsreizungen. Weitere rund 20 Menschen erlitten zwar leichte Atemwegsreizungen, seien aber nach derzeitigem Stand nicht verletzt worden, sagte er weiter der dpa. Demnach zeigte keiner der Betroffenen Vergiftungserscheinungen.
Die Ermittlungen dauern an. Unklar sei weiterhin, um welchen Stoff es sich handelt und woher dieser stammt. Der am Donnerstagmittag in einer Tiefgarage ausgetretene Stoff stelle aber keine besondere Gefahr dar und sei unter anderem nicht nervenschädigend. Die Feuerwehr habe bei ihren Messungen auch festgestellt, dass es sich nicht um einen sogenannten Kampfstoff handelt, wie sie etwa in militärischen Auseinandersetzungen als Waffen eingesetzt werden.
7 Uhr: Am Tag danach herrscht noch viel UngewissheitAm Morgen nach dem viele Stunden andauernden Einsatz mit Experten und Spezialkräften aus dem ganzen Bundesland sind in Singen noch viele Fragen offen. Wer sind die Tatverdächtigen, was war das Motiv, wer sollte wieso geschädigt werden? Wie groß war die Gefahr für die Bevölkerung? Zu all diesen Fragen werden die Ermittlungen heute weitergehen. Der SÜDKURIER berichtet weiterhin aktuell von allen Entwicklungen.
Das waren die Entwicklungen am 16. Mai:23 Uhr: Videos kursieren in sozialen NetzwerkenIn sozialen Netzwerken kursieren mehrere Videos, die Teile des Einsatzes oder sogar Verhaftungen von Tatverdächtigen zeigen sollen. Details sind bislang jedoch unklar.
21 Uhr: Sperrung ist aufgehobenLaut Polizei gaben gegen 20.30 Uhr Spezialisten Entwarnung. Weder in der Tiefgarage noch in der Anwaltskanzlei konnte bei Messungen ein Kampfstoff festgestellt werden.
Sämtliche Absperrungen wurden laut Polizei aufgelöst und die zuvor geräumten Bereiche wieder freigegeben wurden. Die Polizei konkretisierte zudem die Zahl der Betroffenen, sechs Menschen hätten „leichte Beeinträchtigungen“ erlitten. Der Stoff selbst sei weiter unbekannt.
Die Ermittlungen dauern an. Auch der Einsatz in der Innenstadt läuft noch, weiterhin sind verschiedene Kräfte im Einsatz.
19.55 Uhr: Zweite Festnahme in SingenZwischenzeitlich ist ein zweiter Tatverdächtiger festgenommen worden, wie die Polizei bestätigte. Zu keinem der Festgenommenen nannte die Polizei bislang weitere Details.
Derweil kursiert auch ein am Friedrich-Ebert-Platz aufgenommenes Video, das eine der Festnahmen zeigen soll. Offensichtlich musste sich der Festgenommene entkleiden – wohl eine Vorsichtsmaßnahme wegen einer möglichen Kontamination mit dem eingesetzten Giftstoff.
Das Landratsamt hat eine außergewöhnliche Einsatzlage festgestellt und daher die Koordinierung übernommen. Am Abend erklärt Sprecherin Marlene Pellhammer in einer Presseerklärung neue Details: Die analytische Taskforce der Berufsfeuerwehren Deutschland, Bereich Gefahrgut, unterstütze bei der Analyse des Reizstoffes. „Der Verdacht auf Kontamination der Tiefgarage kann mittlerweile ausgeschlossen werden. Um welchen Stoff es sich handelt, ist derzeit noch nicht geklärt“, betont sie.
Die Anzahl an verletzten Personen mit Reizungen von Augen und Atemwegen, liege nach jetzigem Kenntnisstand im niedrigen einstelligen Bereich. Circa 20 Personen seien möglicherweise kontaminiert, nach derzeitigem Stand nicht verletzt. Vor Ort wurden laut Pellhammer Dekontaminationseinheiten und Behandlungsplätze eingerichtet, um die Betroffenen gegebenenfalls zu versorgen.
19 Uhr: Einsatz dauert an, Hubschrauber mit SpezialistenGegen 19 Uhr ist laut Polizeipräsidium noch nicht absehbar, wie lange der Einsatz noch dauern wird. Vor wenigen Minuten landete ein Polizeihubschrauber nahe der Münchriedhalle, der Spezialisten aus Mannheim an Bord hatte. Dies sollen laut Polizeisprecherin helfen, den Stoff zu bestimmen.

Dass weiterhin immer wieder Fahrzeuge mit Blaulicht die Singener Innenstadt ansteuern, erklärt die Sprecherin damit, dass beispielsweise Einsatzkräfte abgelöst werden müssen. Vorerst müssten die Menschen in dem betroffenen Bereich in ihren Häusern bleiben.
17.45 Uhr: Auch sieben Stunden nach Beginn des Einsatzes sind Martinshörner zu hörenAuch am frühen Abend werden weiterhin Rettungskräfte hinzugezogen. Feuerwehrfahrzeuge und Krankenwagen aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus sind in der Stadt unterwegs, offenbar auch Kräfte aus der Schweiz. Das deutet darauf hin, dass einige Menschen verletzt wurden, doch verlässliche Informationen sind nach wie vor schwer zu bekommen.
17.15 Uhr: Angeblich Nervenkampfstoff – Behörden bestätigen das nichtNach unbestätigten Informationen soll es sich bei dem eingesetzten Reizstoff angeblich um den Nervenkampfstoff Tabun handeln. Dieser wurde im Zweiten Weltkrieg entwickelt, aber auch danach noch weiter produziert. Dass es sich um diesen Stoff handelt, bestätigen aber weder Polizeisprecherin Katrin Rosenthal noch Landratsamt-Pressesprecherin Marlene Pellhammer, die für den Einsatzstab die Pressearbeit übernimmt.
Pellhammer sagt sogar klar: „Der Stoff, um den es geht, ist noch nicht identifiziert.“ Auch Medienberichte über zahlreiche Verletzte könne sie nicht bestätigen, so Pellhammer.
Der abgesperrte BereichPolizeisprecherin Katrin Rosenthal beziffert weder die Zahl der Verletzten noch der Einsatzkräfte. Sie stellt allerdings klar, welche Straßen gesperrt sind. Es handle sich um den Bereich zwischen Ekkehardstraße, Alpenstraße, August-Ruf-Straße und Hegaustraße. In diesem Bereich solle sich weiterhin niemand draußen aufhalten.
16.30 Uhr: OB Bernd Häusler: „Das habe ich auch noch nie erlebt“Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler hat sich tagsüber ein Bild von der Lage gemacht und war vor Ort. Zu dem Großaufgebot an Blaulichtorganisationen in der Innenstadt sagt er: „Das habe ich auch noch nie erlebt.“ Es sei ein Riesenaufgebot von Feuerwehr, Rettungsdiensten und Polizei. Alle Einsatzkräfte würden bereit stehen, um zu sehen, um welchen Stoff es konkret gehe.
Die Anwohner könnten eventuell auch in die Münchriedhalle gebracht werden, so Häusler. Doch den Einsatz und die Evakuierungen plane der Einsatzstab.
15.47 Uhr: Tatverdächtiger festgenommenDie Polizei meldet in einer ersten Pressemitteilung die Festnahme eines Tatverdächtigen im Zusammenhang mit dem Reizstoff an der Hegaustraße/Alpenstraße. Gegen 10.40 Uhr betraten demnach zwei vermummte Täter eine Kanzlei und versprühten dort ebenfalls einen noch nicht identifizierten Reizstoff. Anschließend flüchteten die beiden Männer. Damit bestätigt die Polizei die Angaben, die Zeugen zuvor gegenüber dem SÜDKURIER gemacht haben.

Aktuell sei unklar, ob ein Zusammenhang dieses Geschehens mit dem Gasgeruch an der Ekkehardstraße besteht. Dort habe die Feuerwehr nach der Alarmierung gegen 13 Uhr den Austritt eines bislang unbekannten Gefahrstoffes festgestellt und daraufhin die Innenstadt geräumt sowie abgesperrt.
Die weiteren Ermittlungen zu beiden Einsätzen würden auf Hochtouren laufen.
15.30 Uhr: Bitte in den Innenräumen bleibenEine Absperrung ist direkt zwischen dem Eingang des Einkaufszentrums Cano und dem Café Rüds. Allerdings bedeutet eine Absperrung nicht automatisch, dass ein Geschäft geschlossen ist, wie das Café beispielhaft zeigt: Es wurde nicht evakuiert. Wie eine Mitarbeiterin schildert, habe die Polizei nur darum gebeten, dass Kunden im Ernstfall im Innenraum bleiben. Dieser ist offenbar aber noch nicht eingetreten.

Wer sich im Cano aufhält, kann dort problemlos weiter essen und einkaufen oder das Einkaufszentrum verlassen. Ein Zutritt von außen ist ebenfalls möglich. Eine Polizistin hatte das erst anders geschildert, doch ein Zutritt ist möglich. Allerdings ist der nördliche Eingang des Einkaufszentrums, der auf die Thurgauer Straße führt, geschlossen.
Auch das Finanzamt in der Alpenstraße ist evakuiert worden. Die Leiterin des Singener Finanzamts, Solveig Elze, sagte: „Der Einsatz ist sehr professionell abgelaufen.“ Seit 2018 sei sie schon in Singen, nun sei zum ersten Mal der Ernstfall eingetreten. Den Mitarbeitern gehe es gut, sie hoffe aber, dass auch sonst niemand zu Schaden komme.
15.15 Uhr: Notlager in der StadthalleNun ist auch klar, wohin die Busse Anwohner bringen: In der Stadthalle Singen ist für 150 Leute gestuhlt, der erste Bus mit Menschen ist schon angekommen. In der Stadthalle gibt es auch etwas Verpflegung für die rund 50 Menschen, die inzwischen eingetroffen sind.
Der Bereich in der östlichen Singener Innenstadt wird inzwischen großräumig abgesperrt, an vielen Stellen läuft Flatterband über die Singener Straßen. Und die Einsatzkräfte schicken Menschen, die trotzdem versuchen durchzulaufen, auch rigoros weg.
14.50 Uhr: Viele Einsatzkräfte auch für GefahrgutWeiterhin sind zahlreiche Einsatzkräfte auch von Rettungsdiensten in der Innenstadt. Auf dem Herz-Jesu-Platz werden beispielsweise Menschen aus ihren Wohnungen geläutet und an der Kirche gesammelt, bevor sie nun von Bussen abgeholt werden.
Auch einige Spezialteams für Gefahrgut sind zu sehen, etwa an der Schwarzwaldstraße. Videoaufnahmen zeigen Spezialkräfte in der Innenstadt, sie waren wohl schon zur Mittagszeit nahe der Anwaltskanzlei gefordert.
14.40 Uhr: Warn-App Nina warnt vor BeeinträchtigungenInzwischen hat auch die Warn-App Nina eine Warnung versendet und spricht darin von möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Singener Innenstadt soll gemieden werden. Fenster und Türen sollen geschlossen werden, Lüftungs- und Klimaanlagen abgeschaltet. Außerdem sollen Nachbarn informiert werden, damit sie das gleiche tun können.
14.20 Uhr: Viele ratlose Gesichter, aber auch HilfeViele Menschen stehen in der Innenstadt vor Absperrbändern, die meisten mit ratlosen Gesichtern. Einige zücken das Handy und gaffen, andere helfen den Einsatzkräften, indem sie beispielsweise die Durchfahrt ermöglichen.
Autos werden in die Nordstadt und Richtung Rathaus zur Südstadt von der Polizei gelotst. Dabei entstehen teils Diskussionen mit den Beamten.

Auch die Lutherkirche liegt in dem Bereich der Innenstadt, der derzeit abgesperrt wird. Dort hätte um 14 Uhr eigentlich eine Theaterprobe stattfinden sollen. Doch einige Schauspieler stecken ohnehin im Verkehr fest, die anderen müssen die Kirche nun verlassen.
Die Polizei spricht inzwischen von einer unklaren Gefahrenlage, der Innenstadtbereich sei abgesperrt.
13.45 Uhr: Informationslage ist vageDie Informationslage ist laut Polizei derzeit sehr vage, was die beiden Einsätze angeht. Neben zahlreichen Einsatzkräften der Feuerwehr samt Kommandant Mario Dutzi ist auch Kreisbrandmeister Andreas Egger vor Ort, ebenso Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler.
13.15 Uhr: Gebäude soll evakuiert werdenWie das Polizeipräsidium Konstanz auf Nachfrage erklärt, wurde um 12.42 Uhr ein Gasgeruch in einer Tiefgarage in der Ekkehardstraße gemeldet. Es handle sich um einen unklaren Stoff, daher wurde 13.16 Uhr die Evakuierung des Gebäudes gemeldet.
Gegen 11 Uhr: Reizgas-Attacke in Anwaltskanzlei?Wenige Meter weiter in der Alpenstraße sorgte gegen 11 Uhr offenbar auch Gas für einen Einsatz. Wie Augenzeugen berichten, kamen zwei maskierte Männer in eine Anwaltskanzlei und versprühten dort vermutlich Reizgas. Wie Florian Zimmermann schildert, war sein Kollege Thomas Zwibel gerade im Gespräch mit einem Mandanten, als die Unbekannten in die Räume eindrangen. Zwibel habe sich samt Mandanten eingeschlossen, Mitarbeiterinnen flüchteten aus dem Fenster.
Die Polizei bestätigt auf Nachfrage, dass ein Stoff versprüht wurde. Es sei jedoch noch unklar, um welchen es sich handelte. Ein Gefahrgut-Team ist augenscheinlich im Einsatz. Auch hier wird evakuiert, unter anderem das Finanzamt.
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